Brasiliens Präsident Michel Temer muss um sein Amt bangen. Das Abgeordnetenhaus kam am Mittwoch zu einer Sitzung zusammen, um über ein Strafverfahren wegen Korruptionsverdacht zu beraten.
Dazu muss auf Antrag des Obersten Gerichtshofs die Immunität des konservativen Staatschefs aufgehoben werden - dann könnte er zunächst für 180 Tage suspendiert und in der Folge wie seine Amtsvorgängerin Dilma Rousseff ganz des Amtes enthoben werden.
Damit es zur Aufhebung der Immunität kommt, müssten zwei Drittel der Abgeordneten (342 von 513 Abgeordneten) dafür stimmen. Die Abstimmung wurde für spätestens Donnerstagmorgen (MESZ) erwartet.
Der Beginn der Sitzung fand in gespannter Atmosphäre statt. Etwa 30 Abgeordnete der Arbeiterpartei (PT) und anderer Oppositionsgruppierungen taten gleich zu Beginn lautstark ihren Unmut kund und hielten Plakate in die Höhe. Darauf forderten sie unter Hinweis auf die Korruptionsvorwürfe und auf Temers Sparpolitik dessen Rücktritt sowie sofortige Neuwahlen.
Drei Abgeordnete der Partei für Sozialismus und Freiheit (PSOL), eine linke Abspaltung der Arbeiterpartei, präsentierten ein Gepäckstück mit dem Konterfei des Staatschefs - eine Anspielung auf Aufnahmen mit einem Vertrauten Temers, der mit einem Koffer voller Geldscheinen gefilmt wurde und im Mai unter Korruptionsverdacht festgenommen wurde.
Über 100 Abgeordnete soll Temer persönlich in Gesprächen um Unterstützung gebeten und vielen Hilfe bei bestimmten Gesetzesinitiativen und Projekten zugesichert haben. Dabei sei es allein zwischen Juni und Juli um Summen von sechs Millionen Dollar gegangen, berichtete die Zeitung «Estado».
Zudem habe er zwölf Minister beauftragt, bei der «Bearbeitung» von Abgeordneten zu helfen. Die PT warf dem 76-Jährigen vor, für den Amtsverbleib Stimmen zu kaufen.
Wie das Portal «O Globo» berichtete, zeigte sich Temer zuversichtlich, dass er genug Stimmen auf seiner Seite wird vereinigen können. Die Zustimmung der Bürger zu ihm liegt nur noch bei fünf Prozent.
Temer soll jahrelang Schmiergelder für seine Partei PMDB von dem Unternehmer Joesley Batista kassiert haben - der mit dem Präsidenten gebrochen hat und nach eigenen Angaben dem Korruptionssystem den Kampf angesagt hat. Der Besitzer des grössten Fleischkonzerns der Welt, JBS, hatte Temer angezeigt und unter anderem einen heimlichen Mitschnitt eines Gesprächs zwischen den beiden der Justiz übergeben.
Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot beschuldigt Temer vor allem, Schmiergeldzahlungen akzeptiert und im Gegenzug zugunsten des JBS-Konzerns bei der Wettbewerbsbehörde interveniert zu haben. (sda/dpa/afp)