Einen Tag nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis ist Brasiliens früherer Präsident Luiz Inácio Lula da Silva von seinen Anhängern als Held gefeiert worden. In einer Rede griff Lula den rechtsradikalen Staatschef Jair Bolsonaro scharf an.
Vor dem Sitz der Metallarbeitergewerkschaft nahe São Paulo wurde der linksgerichtete Ex-Präsident am Samstag von Vertrauten, Unterstützern und sogar Journalisten warmherzig empfangen. Bolsonaro sei gewählt worden, «um für das brasilianische Volk zu regieren und nicht für die Milizen in Rio de Janeiro», sagte Lula. «Ich bin zurück», sagte er und bezeichnete den damaligen Richter in seinem Prozess und heutigen Justizminister Sergio Moro als Schurken.
Über alle Etagen des Gebäudes hing ein riesiges Transparent mit Lulas Konterfei, zudem wurde eine mehrere Meter hohe Lula-Pappfigur aufgestellt. Auf Schildern war «Lula frei» zu lesen.
«Ich bin gekommen, weil ich an seine Unschuld glaube», sagte die 38-jährige Tamara Blanco der Nachrichtenagentur AFP. Lula sei «der beste Präsident, den Brasilien je hatte» gewesen und werde «es immer bleiben».
Lula hatte das Gefängnis am Freitag nach mehr als eineinhalb Jahren Haft unter dem Jubel seiner Anhänger verlassen. Möglich geworden war die Freilassung nach einem Urteil des Obersten Gerichts.
Upon exiting the prison, the ex-president Luiz Inácio Lula Da Silva thanked all the people who fought for their freedom and especially those who remained in vigil for 580 days in front of the Curitiba prison #Lulalivre #Justice #Brazil pic.twitter.com/d2XY6X6yw5
— Dianacuba2019 ❤🇨🇺🌷 (@Dianacuba20191) November 8, 2019
Dieses hatte am Donnerstag eine Regelung aufgehoben, wonach ein Verurteilter schon vor Ausschöpfung aller Rechtsmittel inhaftiert werden kann, wenn seine Verurteilung bei der ersten Berufung bestätigt wurde. Lulas Anwälte hatten nach dem Urteil umgehend seine Freilassung beantragt.
Als Staatspräsident hatte Lula mit Sozialprogrammen Millionen Menschen aus der bittersten Armut geholt. Auch wirtschaftlich boomte Brasilien während seiner Amtszeit (2003-2010). Allerdings blühte unter seiner Präsidentschaft auch die Korruption in der grössten Volkswirtschaft der Region.
Lula kündigte nach seiner Freilassung an, er werde Brasilien bereisen. Dabei wolle er «zeigen, dass dieses Land viel besser sein könnte, wenn es einen Präsidenten hätte, der nicht so viel auf Twitter lügt wie Bolsonaro», sagte er mit Blick auf den amtierenden rechtsradikalen Staatschef Jair Bolsonaro. Er werde weiter kämpfen, «um das Leben des brasilianischen Volkes zu verbessern».
Bolsonaro schrieb am Samstag im Kurzbotschaftendienst Twitter, Lula sei zwar «momentan frei, aber schuldig». Im vergangenen Jahr hatte Bolsonaro während seines Wahlkampfes verkündet, er wolle, dass Lula «im Gefängnis verrottet».
Lula, der von 2003 bis 2010 Präsident Brasiliens war, war 2017 nach einem Aufsehen erregenden Verfahren wegen Korruption zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Seit April 2018 sass er seine Haftstrafe ab, die zwischenzeitlich auf acht Jahre und zehn Monate herabgesetzt wurde.
Lula wird vorgeworfen, eine Luxuswohnung als Gegenleistung für lukrative Aufträge des Staatskonzerns Petrobras an das Bauunternehmen OAS erhalten zu haben. Er weist alle Vorwürfe zurück und sieht diese als politisch motiviert an, um ihn an einer Rückkehr ins Präsidentenamt zu hindern. (sda/afp/dpa)