Bill Gates warnt vor Corona, hat aber bereits einen Plan – Skeptiker sehen rot
Bill Gates ist in der globalen Gesundheitsversorgung eine Supermacht, was ihn während der Corona-Pandemie - zumindest bei Impfskeptikern - zu einer umstrittenen Persönlichkeit verkommen liess. Seine Investitionen in die Forschung – insbesondere für Impfungen –, sowie seine Spenden an die WHO sorgten bei einigen für Stirnrunzeln. Andere wiederum sahen aus denselben Gründen einen Retter in ihm.
Gates gibt Tipps zur Pandemie-Verhinderung
Während die Pandemie mit der normalisierten Lage bei den meisten wieder etwas in den Hintergrund gerückt ist, fährt Bill Gates nun die grossen Geschütze auf. Er warnt, dass man bisher noch gar nicht das Schlimmste von Covid gesehen habe. Er wolle zwar nicht Schwarzmalen, so Gates gegenüber der «Financial Times», aber:
Die gute Neuigkeit: Er hat bereits einen Plan, wie damit umzugehen ist. Unter dem Titel «Wie wir die nächste Pandemie verhindern» ist gestern sein neustes Werk erschienen. Darin legt er in einigen Schritten dar, wie sich die Welt vorbereiten muss, um für einen weiteren Virus-Ausbruch gewappnet zu sein. Das Ziel: Einen Ausbruch innerhalb der ersten 100 Tage zu stoppen, bevor er sich weltweit ausbreitet.
My new book, How to Prevent the Next Pandemic, is available now. Proceeds will be donated to Partners in Health in memory of Dr. Paul Farmer, who inspired the world with his commitment to saving lives: https://t.co/T5Nk5TVRJ2 pic.twitter.com/4lhapJiMbw
— Bill Gates (@BillGates) May 3, 2022
Ein Schlüsselelement in der Bekämpfung des Ausbruchs stellt für ihn eine Gruppe namens «GERM» dar. Germ, auf Deutsch übersetzt «Keim» oder «Krankheitserreger», ist eine Abkürzung von «Global Epidemic Response and Mobilization». Bisher gebe es keine permanent existierende und finanzierte Organisation, welche jederzeit koordiniert und vorbereitet auf gefährliche Ausbrüche reagieren könne, kritisiert Gates. Mit «GERM» soll sich das ändern.
Auf seinem Blog «gatesnotes.com», auf dem er einige Inhalte seines Buches vorstellt, schlägt er konkret drei Dinge vor, die bereits jetzt getan werden können, um eine weitere Pandemie zu verhindern:
- Bessere Instrumente herstellen und liefern: Gemäss Gates ist es wichtig, dass Ideen für neue Instrumente gefördert werden - auch wenn es teilweise Jahrzehnte dauere, bevor diese etwas Nützliches erzielten. In jedem Plan zur Pandemie-Prävention soll deshalb die Investition in Impfungen, Therapien und Diagnostiken an erster Stelle stehen.
- Krankheitsüberwachung verbessern: Im zweiten Punkt spielt das zuvor erwähnte GERM-Team eine zentrale Rolle. Eine ihrer grössten Aufgaben stellt dabei die Überwachung von Krankheiten dar. Damit dies aber überhaupt funktionieren könne, sei es deshalb wichtig, dass in Entwicklungsländern die Aufnahme von vitalen Daten und Erstellung von Statistiken verbessert werde. Nur so könnten unübliche Muster erkannt und untersucht werden.
- Gesundheitssysteme stärken: Eine gute Gesundheitsversorgung kann nur durch ein gutes Gesundheitssystem gewährleistet werden. Dazu werden nicht nur Räumlichkeiten für die Behandlung, sondern auch qualifiziertes Personal benötigt. Vor allem in ärmeren Ländern stelle dies eine Herausforderung dar, so Gates, weshalb reichere Länder mehr in die Hilfe im Ausland investieren sollten.
Bei den Skeptikern schrillen die Alarmglocken
In Skeptiker-Kreisen ist die Empörung über Gates' Vorschläge gross. Sie werten diese als Versuch Gates', noch mehr Macht an sich zu reissen. Ein Dorn im Auge ist ihnen vor allem das «GERM»-Team, welches im Rahmen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) agieren soll. Grund dafür ist die Tatsache, dass seine Stiftung – die «Bill & Melinda Gates Foundation» – für die WHO die zweitgrösste Geldgeberin darstellt. 2020/2021 liess sie der WHO Gelder in Höhe von 772 Millionen Dollar zukommen. Einzig die amerikanische Regierung hat mehr gespendet als seine Stiftung.
Das ist nicht ganz unproblematisch, findet Lawrence Gostin, Fakultätsleiter des O'Neill-Instituts für nationales und globales Gesundheitsrecht an der Georgetown-Universität in den USA. Gostin, der auch als Direktor des WHO-Kollaborationszentrums für nationales und globales Gesundheitsrecht fungiert, schätzt Philanthropen wie die Gates-Stiftung sehr, zeigt sich aber über die grosse Abhängigkeit von privaten Spendern besorgt. Gegenüber swissinfo.ch sagte er vor einem Jahr:
Die Idee, dass die WHO mit GERM eine weltweit agierende und koordinierte Taskforce ins Leben rufen könnte, gefällt den Skeptikern nicht. Sie sehen damit ihre Freiheit bedroht. So schreibt der Twitter-Account «Global Freedom Movement»:
Bill Gates wants a world pandemic task force that will decide our lives and violate our rights and freedoms.
— Global Freedom Movement (@GlobalFreedomM) May 2, 2022
We will be taxed to pay for it.
Isn’t it time we crowdfunded a task force to remove globalist influence from our government?
GERM werde entscheiden können, wann die zivilen Freiheitsrechte aufgehoben, wann Masken getragen und wann Grenzen geschlossen werden müssen, heisst es auf dem konservativen Newsportal «The Counter Signal». Davon schreibt Gates allerdings nichts. Stattdessen werde sich GERM mit den nationalen Behörden austauschen, um festzulegen, wann und wie Grenzschliessungen angeordnet werden oder das Maskentragen empfohlen werden solle.
Doch auch das Wissenschaftsmagazin «New Scientist» äussert sich im Buch-Review kritisch über GERM – dies allerdings eher aus praktischen Beweggründen. Es stelle sich die Frage, wieso eine weitere Ebene der Bürokratie nötig sei und nicht einfach die WHO aufgestockt würde. Ansonsten gebe es an seinen Ideen aber wenig auszusetzen. Denn, so das Magazin: «Wer wünscht sich nicht mehr Investitionen in die öffentlichen Gesundheitssysteme weltweit, eine bessere Überwachung, schnellere Behandlungen und Impfstoffe?» Tatsächlich seien die Ideen so gut und ebenso offensichtlich, dass man sich frage, ob dafür überhaupt ein ganzes Buch nötig sei.
Was inhaltlich fehle, sei das Thema der Übertragung von Viren vom Tier auf den Mensch. Konkret hätten die Risiken durch Wildtiermärkte und durch Rohstoffindustrien in der Wildnis angesprochen werden müssen. Dennoch sei das Buch relevant, so das Magazin, und erinnere daran, dass die Pandemie noch nicht vorbei sei.