Gegnern der staatlichen Regeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Deutschland haben im Berliner Regierungsviertel zu Tausende demonstriert und dabei Ansagen der Polizei ignoriert. Die Polizei setzte, was in Berlin sehr ungewöhnlich ist, Wasserwerfer ein.
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Die Polizei schrieb auf Twitter von «Sprühnebel». Am Rande der Proteste, die kurz vor der Bundestagsdebatte zum Schutz der Bevölkerung in Pandemie-Zeiten begannen, kam es in der deutschen Hauptstadt vereinzelt zu Rangeleien zwischen Einsatzkräften und Demonstranten.
Am Brandenburger Tor erklärte die Polizei eine Kundgebung mit mehreren Tausend Teilnehmern am Mittag für beendet, nachdem die Demonstranten, auf Aufforderungen, die Regeln zu Abstand und Mund-Nase-Schutz einzuhalten, nicht reagiert hatten. Daraufhin versuchte die Polizei- weitgehend vergeblich – die Menge auseinander zu drängen.
Die Polizei teilte auf Twitter mit, Einsatzkräfte «wurden mit Flaschen, Steinen und Böllern beworfen sowie mit Pfefferspray angegriffen. Sie setzten ihrerseits körperlichen Zwang sowie Pfefferspray ein und nahmen einige Angreifende fest.»
Mehrere angemeldete Demonstrationen direkt vor dem Reichstagsgebäude im sogenannten befriedeten Bezirk hatte das Bundesinnenministerium mit Hinweis auf eine mögliche Beeinträchtigung der Parlamentsarbeit verboten. Im Plenum des Bundestages wurde am Mittag über die staatlichen Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung in der Pandemie beraten. Die Polizei sperrte den Bereich daher weiträumig ab.
Unter den Protestierenden zwischen dem Brandenburger Tor und dem Reichstagsgebäude in Berlin herrschte teils aggressive Stimmung, teilweise tanzten die Demonstranten. Viele von ihnen protestierten auch mit Pfiffen. Die Polizei schob die Menschen weg, wie ein dpa-Reporter schilderte. Insgesamt waren 2000 Polizisten im Einsatz, darunter Unterstützung aus neun weiteren Bundesländern und von der Bundespolizei.
Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik hatte angekündigt, die Corona-Regeln bei den Demonstrationen mit allen zulässigen Mitteln durchzusetzen. «Wir werden alles daran setzen, keine Versammlungen ohne Mund-Nasen-Schutz zuzulassen.» Sollte es dennoch dazu kommen, werde die Polizei diese schnellstmöglich auflösen. Situationen wie vor einer Woche in Leipzig oder im August vor dem Reichstag wolle man unbedingt vermeiden. «Wir werden und müssen über andere Massnahmen als üblich nachdenken.» Es gehe darum, die Verbreitung des Virus einzudämmen.
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Karsten Hilse geriet am Rande der Proteste nach eigenen Angaben mit der Polizei aneinander. Hilse sagte in einem Video, das von Mitgliedern seiner Fraktion verbreitet wurde, er sei von den Polizisten angesprochen worden, weil er ohne Maske unterwegs war. Er habe zwar ein ärztliches Attest bei sich getragen, das ihn von der Maskenpflicht entbinde. Die Polizei habe jedoch moniert, dass darin keine konkrete Krankheit aufgeführt sei.
Der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, schrieb auf Twitter: «Die AfD hat Personen ins Reichstagsgebäude eingeschleust, die Abgeordnete bedrängen und ihnen die Handykamera ins Gesicht halten. Ich empfinde diese Versuche der Beeinflussung des Abstimmungsverhaltens als absolut unerhört. Das gehört unterbunden.» (cki/sda/dpa)