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Mega-Tsunami: 200-Meter-Welle sorgt neun Tage für seismische Signale

Landscape with icebergs near Store glacier or Qarassap Sermia and the Nuusuaq Peninsula in the Uummannaq Fjord System in the northwest of Greenland, north of the polar circle. north america, Greenland ...
Im nordwestlichen Grönland ragen die Berge steil empor. (Archivbild)Bild: www.imago-images.de

200-Meter-Welle: Mega-Tsunami wälzt 9 Tage lang durch Arktis – und (fast) niemand merkt es

Geologen empfangen neun Tage lang mysteriöse seismische Signale. Nun fanden Forscher heraus, was dahintersteckte: ein Mega-Tsunami.
13.09.2024, 13:2913.09.2024, 13:35
Christoph Cöln / t-online
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Ein Artikel von
t-online

Den von Menschen gemachten Klimawandel gibt es nicht? Das behaupten einige Skeptiker nach wie vor hartnäckig. Wissenschaftler sehen das seit vielen Jahren ganz anders – und sie sammeln immer mehr Belege, die die Leugner eigentlich umstimmen sollten. Jüngstes Beispiel ist die Untersuchung von Wissenschaftlern, Seismologen, Ozeanografen, Geologen und anderen, zu einem Ereignis in Grönland: Dort war im vergangenen September eine gewaltige Erosion aufgezeichnet worden.

Es handelte sich um die Spitze eines Gletschers, die abgebrochen und ins Meer gestürzt war. Über den Zeitraum von neun Tagen zeichneten Seismografen an verschiedenen Standorten der Welt mysteriöse Signale auf; wie sich herausstellte, waren es Erschütterungen, die der Gletschersturz ausgelöst hatte. Unter anderem produzierte die gewaltige Erosion einen «Mega-Tsunami», der auch Teile einer Forschungsstation auf Ella Island im Nordwesten Grönlands traf. Dabei wurde eine vom dänischen Militär genutzte Forschungsstation zerstört.

Die Wissenschaftler untersuchten ein Jahr lang die Auswirkungen des Naturereignisses – und sie kamen zu erstaunlichen Schlüssen, die sie nun im Wissenschaftsjournal «Science» veröffentlichten. So kam es in der Folge der Gletschererosion zu einer massiven Flutwelle, die in der Spitze bis zu 200 Meter hoch und bis zu zwei Kilometer breit gewesen sein soll.

Erdmassen treffen im 90-Grad-Winkel auf das Wasser

Die Forscher konnten im Zusammenhang mit dem Tsunami eine ganze Kette an Ereignisse rekonstruieren, deren Ursache die gestiegenen Temperaturen in der Arktis sind. Demnach führte die ungewöhnliche Wärme in der Region dazu, dass zunächst die Zunge des Gletschers abbrach. Dadurch wurde der ganze Berg instabil, seine Spitze – so hoch wie ein Wolkenkratzer – brach schliesslich ab und schickte eine Lawine an Geröll und Eis in den Dickson Fjord, was wiederum den Tsunami zur Folge hatte. Insgesamt sollen in kurzer Zeit 33 Millionen Kubikmeter Geröll ins Meer gestürzt sein. Das ist der Inhalt von 13'200 olympischen Schwimmbecken.

Und noch etwas konnten die Wissenschaftler herausfinden: Weil die Geröllmassen das Meer nahezu in einem 90-Grad-Winkel trafen, der Fjord zudem von steilen Wänden umgeben ist, die wie ein Becken wirkten, rollten die Wassermassen anschliessend vor und zurück – und zwar neun Tage lang. So lange war der Tsunami aktiv. «Niemand hat so etwas jemals zuvor beobachtet», sagte der Geologe Kristian Svennevig, der Hauptautor der Studie, laut einem Statement der University of California in San Diego.

Es sei ein Wunder, dass niemand durch den Tsunami zu Schaden gekommen ist, so Svennevig. Erst wenige Tage vor dem Ereignis war ein Kreuzfahrtschiff in der Gegend und hatte unter anderem auf Ella Island Halt gemacht. Die Arktis-Touristen waren sogar an Land gegangen. Als der Tsunami die Insel wenige Tage später traf, müssen die Flutwellen laut Berechnungen der Wissenschaftler immer noch vier Meter hoch gewesen sein. «Es war pures Glück, dass niemand dort war, als es passierte», sagte Svennevig.

Alice Gabriel, Co-Autor der Studie, betonte in dem Statement, dass der Klimawandel für die Erosion und die nachfolgende Kettenreaktion verantwortlich sei.

«Es ist eine erstaunliche Verkettung von Umständen, wie wir sie zuvor noch nie beobachtet haben. Die Erde ist ein sehr sensibles, dynamisches System und im Moment befinden wir uns in einer Phase, in der die Erde durch den Klimawandel massiv aus dem Gleichgewicht gebracht wird.»
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10 Jahre nach dem Tsunami.
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quelle: epa/epa / narong sangnak
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Video: srf
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70 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Chalbsbratwurst
13.09.2024 14:25registriert Juli 2020
"Den von Menschen gemachten Klimawandel gibt es nicht? Das behaupten einige Skeptiker nach wie vor hartnäckig. Wissenschaftler sehen das seit vielen Jahren ganz anders – und sie sammeln immer mehr Belege, die die Leugner eigentlich umstimmen sollten."

Vergesst es!
Diese Leute kann man nicht mit Wissenschaft überzeugen weil das alles "Staats-Propaganda" ist um sie zu unterjochen.
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heidimirweidibeidi
13.09.2024 14:58registriert Juni 2024
Wir sind Teil eines grossen Systems. Nur verhalten wir uns wie Parasiten. Entweder lernen wir, uns ins grosse Ganze zu integrieren oder wir werden untergehen. Die Natur wird uns in die Schranken weisen, wahrer Reichtum ist eine intakte Umwelt und ein Klima, dass sich nicht in Rekordzeit verändert.
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8004 Zürich
13.09.2024 13:54registriert Februar 2015
Einer der wenigen Fälle, in denen ich ein Video zur Veranschaulichung cool fände. Ist schwierig nachvollziehbar.

200m hoch und nur 2km breit? So bewegt sich Wasser doch nicht (ausser in einem 2km breiten Kanal).

Der Dickson Fjord (Spitzbergen) ist an seiner breitesten Stelle weniger als 10km breit und verläuft nicht gerade ins Meer hinaus, sondern in einer S-Kurve. Die Fjordwände rundherum schätze ich kaum höher als die 200m ein.

Grönland(3000km weg)wurde zwar von grossen Wellen erreicht, aber kann es sein, dass dieses 9 Tag hin und her schwappen v.a. innerhalb des Dickson Fjords stattfand?
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