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Klimawandel durch Tourismus: So stark belastet Reisen das Klima wirklich

Menschen warten am Flughafen auf ihren Abflug in die Ferien, aufgenommen am Samstag, 16. Juli 2022 auf dem Flughafen in Zuerich. (KEYSTONE/Ennio Leanza)
Menschenmengen am Flughafen Zürich: Schweizerinnen und Schweizer belasten das Klima mit den vielen Flugreisen überdurchschnittlich stark, wie eine neue Studie zeigt.Bild: KEYSTONE

Die Menschen aus diesen Ländern verursachen mit ihren Reisen die meisten Emissionen

13.12.2024, 19:4913.12.2024, 20:55
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Reisen gehört für viele zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. Dies spiegelt sich auch in den unglaublichen Zahlen rund um den weltweiten Tourismus wider: Vor der Coronapandemie wurden in diesem Sektor umgerechnet jährlich 6 Billionen (6'000'000'000'000) Dollar erwirtschaftet. Im Jahr 2024 wurden weltweit über 20 Milliarden (20'000'000'000) touristische Reisen durchgeführt.

Das hinterlässt Spuren, besonders, was das Klima betrifft. 2019 war die Tourismus-Branche für 8,8 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Die Emissionen haben dabei im Vergleich zu anderen Branchen überdurchschnittlich stark zugenommen, wie eine neue und umfassende Nature-Studie zeigt.

Tourismus vor und nach der Pandemie
Die Corona-Pandemie hat das Wachstum der Tourismus-Branche abrupt und einigermassen nachhaltig gestoppt. Deshalb berücksichtigt die Studie Daten aus dem Zeitraum 2009 bis 2020. Forscherinnen und Forscher sind aber überrascht, wie schnell die Branche nach Ende der einschränkenden Massnahmen gegen die Pandemie zurück zu Wachstum gefunden hat.

20 Länder für Grossteil an Emissionen verantwortlich

Besonders spannend: Drei Viertel der Treibhausgas-Emissionen im Bereich Tourismus werden von nur gerade 20 Ländern verursacht. Die Top-3 (USA, China und Indien) sind gar für 39 Prozent der Emissionen verantwortlich. Weiter sind diese drei Staaten sogar für 60 Prozent des Wachstums der Emissionen in diesem Sektor verantwortlich.

Touristen aus diesen Ländern verursachen insgesamt am meisten Emissionen:

Auf der Gegenseite werden in diesen Ländern am meisten Emissionen durch Touristen aus dem In- und Ausland verursacht:

Die Zahlen zeigen, dass der Unterschied zwischen armen und reichen Ländern in diesem Bereich besonders gross ist. Menschen aus reichen Staaten verursachen pro Kopf hundertmal mehr Emissionen als solche aus ärmeren Regionen. Die Schweiz belegt in der Statistik der durch Reisen im Ausland verursachten Emissionen pro Kopf weltweit den unrühmlichen 7. Platz. Übertroffen werden aber alle von den Menschen aus Hongkong. Der Grund ist auch hier: Sie fliegen besonders häufig.

Die Methodik hinter den Zahlen der Studie
Die Autorinnen und Autoren der Studie haben in der Berechnung der Zahlen sowohl Emissionen berücksichtigt, die im Inland passieren, als auch solche, die im Ausland verursacht werden. Die komplette Methodik findest du hier.

Darum verursacht der Tourismus so viele Emissionen

Der Tourismus hat also ein Klimaproblem. Das zeigt sich auch besonders deutlich darin, dass jeder Dollar, der im Tourismus verdient wird, 30 Prozent mehr Treibhausgas-Emissionen verursacht als der Durchschnitt. Die Gründe dafür sind laut den Studienautoren divers. Einerseits reisen immer mehr Menschen und einzelne Menschen reisen auch immer öfter.

Andererseits ist es eben die Reise selbst, die besonders viel Treibhausgase verursacht. Mehr als die Hälfte der Emissionen (52 Prozent) wird durch das Fliegen verursacht. Dabei spielt besonders der kaum vorhandene technologische Fortschritt in diesem Bereich eine Rolle: «Trotz jahrzehntelanger Versprechungen hat es sich als unmöglich erwiesen, das globale Luftverkehrssystem durch neue Technologien zu dekarbonisieren», so die Studie.

Die Autorinnen resümieren:

«Die langsame Effizienzsteigerung durch die Technologie wurde vom Wachstum in der Nachfrage regelrecht überrollt.»
Drivers of global tourism carbon emissions, Nature

Wie wir die Kehrtwende schaffen

Der Tourismus verursacht also nicht nur einen beträchtlichen Teil aller Treibhausgase, diese nehmen auch immer mehr zu. Das Ziel des Pariser Klimaabkommens rückt damit immer weiter in die Ferne. Das ist auch den Vereinten Nationen aufgefallen. Erstmals wurde an der diesjährigen Klimakonferenz auch der Tourismus-Bereich in die Überlegungen aufgenommen.

Die Studienautoren haben aufgrund ihrer Befunde nun vier Möglichkeiten aufgezeigt, mit welchen dem Klimaproblem der Reisebranche entgegengewirkt werden könnte:

  1. Die Treibhausgas-Emissionen von Reisen müssen konkret gemessen und ausgewiesen werden. Nur so können die «Hotspots» erkannt und behoben werden.
  2. Das wirtschaftliche Wachstum in der Tourismus-Branche darf den Schaden, den der Bereich dem Klima zufügt, nicht länger legitimieren.
  3. Die Branche muss den Tourismus regionalisieren. Nur so kann die Zunahme an besonders schädlichen Langstreckenflügen gestoppt werden.
  4. Die Klimaschäden, welche durch das Reisen verursacht werden, müssen direkt den Reisenden angerechnet werden. Die Industrie muss also den Billigflügen den Kampf ansagen.

(leo)

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159 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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SBRUN
13.12.2024 20:49registriert September 2019
Der Schweizer ist ein Schlaumeier, er argumentiert sich das Ganze schön, indem er ins Feld führt, dass das Reisen weltweit gesehen nur knapp 3% am Gesamtausstoss CO2 beteiligt ist und es kaum Sinn macht, da mit dem Sparen anzufangen. 2.7 Tonnen CO2, pro Kopf im Ausland nur für das Vergnügen, entspricht immerhin 1000 Liter Benzin/Diesel verbrennen, das vergessen wir jetzt ganz schnell wieder und orientieren uns lieber an den knapp 3%.
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Ali mini äntli
13.12.2024 22:52registriert September 2021
Flugreisen sind subventioniert: Die Fluggesellschaften zahlen keine Kerosinabgabe und auf das Ticket gibts keine Mehrwertssteuer.
Die Schweiz alleine kann das wohl nicht ändern, aber wenn z. B. die EU da neue Regeln aufstellen würde, wäre es ein Schritt in die richtige Richtung.
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Triumvir
14.12.2024 05:58registriert Dezember 2014
Mich würde eher interessieren wie hoch der CO2-Ausstoss von Angriffskriegen inklusive der Waffenproduktion ist… Da dürfte der Tourismus nicht mal ansatzweise mithalten können…
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