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Friedrich Merz: Das hat der Union-Kanzlerkandidat wirklich alles gesagt

German opposition leader and Christian Democratic Union party chairman Friedrich Merz is pictured at a joint news conference with Markus Soeder, Christian Social Union party leader and state governor  ...
Seit Dienstag ist es offiziell: Friedrich Merz ist der Kanzlerkandidat der Union.Bild: keystone

«Schwulenwitz», «Pascha»-Aussage: Das hat Kanzlerkandidat Merz wirklich alles gesagt

18.09.2024, 16:3318.09.2024, 16:52
Benny Krüger, Anna Von Stefenelli / watson.de
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Seit Dienstag ist es offiziell: Friedrich Merz ist der Kanzlerkandidat der Union. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz verkündete Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, dass er zugunsten von Merz auf eine Kandidatur verzichten werde: «Die K-Frage ist entschieden. Friedrich Merz macht's. Ich bin damit fein und unterstütze es ausdrücklich.»

Mit Blick auf die Bundestagswahl in einem Jahr schreibt der «Spiegel», dass Merz jetzt viel Zeit habe, in seine Rolle zu finden, und dies «auch bitter nötig hat». Linken-Chefin Janine Wissler sagte deutlich in der «Rheinischen Post»: «Kaum jemand in der CDU verkörpert so sehr den Typus des Rückwärtsgewandten wie Merz.»

In diesem Sinne haben wir ein Best-of … naja, ein Worst-of des potenziellen neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz mit einigen seiner schönsten Aussagen und Taten zusammengestellt. Kurz zur Erinnerung: Von 2009 bis 2018 war Merz nicht als Politiker aktiv, seit 2022 ist er CDU-Chef.

1997: Abstimmung zur Vergewaltigung in der Ehe

Ja, richtig gehört. Am Donnerstag, dem 15. Mai 1997, beschloss der Bonner Bundestag nach fast 30 Jahren, die Vergewaltigung in der Ehe strafbar zu machen. Für diese Reform stimmten 471 Abgeordnete, 138 waren dagegen und 35 enthielten sich. Die Abstimmung erfolgte namentlich. Somit ist bekannt, dass unter anderem Friedrich Merz der Meinung war, Vergewaltigung in der Ehe solle nicht als Straftat gelten. Das Argument, der Staat solle sich aus dem intimen Bereich der Ehe raushalten, wurde bereits seit Jahrzehnten vertreten.

2000: Merz' Vorschlag zur Rente

Merz löste massive Empörung aus, als er vorschlug, Renten voll zu besteuern. Die Begründung: Dies entspreche dem «Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit». Doch damit nicht genug. Zuvor hatte er bereits die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre vorgeschlagen. Das bezeichnete der damalige CSU-Generalsekretär Thomas Goppel als «verfrühten Aprilscherz», wie unter anderem «Welt» berichtete.

2001: Merz äussert Homophobie vom Feinsten

Auch in Sachen Homophobie hat sich Friedrich Merz geoutet – und dürfte sich dabei auch noch tolerant gefühlt haben. Damals machte Klaus Wowereit als erster deutscher Spitzenpolitiker (SPD) seine Homosexualität bekannt, mit den Worten: «Ich bin schwul – und das ist auch gut so!» Friedrich Merz hat auf das Coming-out auf Nachfrage nach dessen Homosexualität gesagt:

«Solange der Wowereit sich mir nicht nähert, ist mir das egal.»
Friedrich Merz, 2021

2020 distanzierte er sich in einem Interview mit «Focus online» von dieser Aussage. Er würde diesen «Witz» so jetzt nicht mehr machen.

2004: Kündigungsschutz? Laut Merz wohl unnötig

Im Jahr 2004 brachte Merz mit seinem Vorschlag zur Abschaffung des Kündigungsschutzes Teile seiner eigenen Partei gegen sich auf. «In der Schweiz gibt es gar keinen Kündigungsschutz – und Vollbeschäftigung», verteidigte er damals das arbeitsmarktpolitische Konzept der Partei.

Der Plan sah vor, dass Arbeitnehmer:innen, die bei ihrer Einstellung älter als 53 Jahre sind, keinen Kündigungsschutz mehr erhalten. «Wenn wir damit beweisen, dass weniger Schutz zu mehr Beschäftigung führt, können wir eines Tages komplett auf den besonderen Kündigungsschutz verzichten», erläuterte Merz.

2006: Transparenz wird überbewertet

Dass Friedrich Merz Mehrfachverdiener ist, war schon 2006 bekannt. Wie viel er ausserhalb seines Amtes verdiente, wollte er auf keinen Fall preisgeben. Für den Schutz seines Einkommensgeheimnisses kämpfte er: Zusammen mit acht Kollegen klagte Friedrich Merz vor dem Verfassungsgericht gegen ein Gesetz, das mehr Transparenz bei den Einkünften der Abgeordneten forderte. Ohne Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht wies die Anträge zurück.

2022: Merz und die Kreml-Propaganda

Plötzlich war der Begriff wenige Monate nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine in aller Munde: «Sozialtourismus». Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hatte ihn im Zusammenhang mit Flüchtlingen aus der Ukraine verwendet:

«Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine.»

Merz sagte damals: «Da haben wir ein Problem, das wird grösser.» Es gab grosse Empörung: Innenministerin Nancy Faeser (SPD) bezeichnete die Äusserung als «schäbig», während Grünen-Fraktionschefin Britta Hasselmann Merz vorwarf, sich mit rechtspopulistischen Methoden profilieren zu wollen. Merz entschuldigte sich später für seine Wortwahl, hielt jedoch an seiner Einschätzung fest, dass es wachsende Probleme mit einer steigenden Zahl an Flüchtenden und Asylbewerber:innen, auch aus der Ukraine, gebe.

Russische Medien griffen das Thema auf und verbreiten Merz' Vorwürfe und seine Entschuldigung: «In Deutschland empört man sich über die ukrainischen Flüchtlinge», berichtet etwa die staatliche Nachrichtenagentur RIA.

2023: Merz' «Pascha»-Aussage

Eine weitere Aussage von Merz schlug hohe Wellen: Lehrerpersonen haben laut Merz häufig Probleme, von ihren Schüler:innen akzeptiert zu werden – oft handele es sich dabei Kinder mit Migrationshintergrund. Im Zusammenhang mit den Ausschreitungen in der Silvesternacht äusserte sich Merz in der Sendung Markus Lanz, wie unter anderem der «Tagesspiegel» berichtete:

«Und dann wollen sie diese Kinder zur Ordnung rufen und die Folge ist, dass die Väter in den Schulen erscheinen und sich das verbitten. Insbesondere wenn es sich um Lehrerinnen handelt, dass sie ihre Söhne, die kleinen Paschas, da mal etwas zurechtweisen.»

2023: Klimaschutz wird überbewertet

Die Wissenschaft ist sich einig. Die Realität hält den Menschen weltweit mit extremen Wetterphänomenen und Naturkatastrophen die fortschreitende Klimakrise vor Augen. Doch Friedrich Merz sieht den Klimaschutz in Politik als überbewertet an. Das Argument, die Zeit laufe ab, in der Massnahmen noch ausreichend Erfolg haben könnten, teile er ausdrücklich nicht. Er sagte der «Zeit»:

«Es ist eben gerade nicht so, dass morgen die Welt untergeht.»

Natürlich nehme er das Thema Klimaschutz trotzdem sehr ernst: «Wenn wir in den nächsten 10 Jahren die Weichen richtig stellen, sind wir auf einem guten Weg.» Das ist eine Aussage gegen den wissenschaftlichen Konsens.

2023: Die Deutschen, die keine Termine bekommen

Wie Friedrich Merz dem Thema Migration gegenübersteht, hat er schon des Öfteren deutlich gemacht. Neue Sphären erreichte er mit einer Aussage, die faktisch nicht stimmt und in Sachen Populismus kaum zu übertreffen ist. Er sagte im September 2023 im Talk des Fernsehsenders «Welt»:

«Auch die Bevölkerung, die werden doch wahnsinnig, die Leute. Wenn die sehen, dass 300'000 Asylbewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, die vollen Leistungen bekommen, die volle Heilfürsorge bekommen. Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine.»

Wirklich wahr ist: Geduldete erhalten in den ersten 18 Monaten ihres Aufenthalts nur eine reduzierte medizinische Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Sie erhalten solche Termine ohne Erlaubnis der Behörde also nur in Notfällen.

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137 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gurgelhals
18.09.2024 16:54registriert Mai 2015
Es soll dann einfach Ende 2025, wenn der dann im Kanzleramt hockt, niemand kommen und sagen: Das hat man ja nicht voraussehen können. Denn: Doch, hat man. Und das in aller Deutlichkeit. Wenn man Mr. Burns wählt, dann bekommt man eben auch Mr. Burns.
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Atavar
18.09.2024 17:02registriert März 2020
Es heisst nicht umsonst: "Hüte dich vor den Ideen des Merz" oder so ähnlich...
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Entenmann
18.09.2024 18:29registriert April 2015
Der Beitrag ist ja von watson.de. Im schweizerischen Kontext darf darauf hingewiesen werden, dass wir tatsächlich keinen Kündigungsschutz für Arbeitnehmer kennen und Renten genau gleich besteuert wie Erwerbseinkommen. In diesen beiden Punkten sind Merz' Aussagen keineswegs skandalös.
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