International
Deutschland

In München stehen die Hellseher der deutschen Reichsbürger vor Gericht

Zwei mutmassliche Reichsbürger stehen vor Gericht: Die Personen verstehen sich als sogenannte Seher.
Zwei mutmassliche Reichsbürger stehen vor Gericht: Die Personen verstehen sich als sogenannte Seher. Bild: T-online

In München stehen jetzt die Hellseher der Reichsbürger um Prinz Reuss vor Gericht

Ein dritter Prozess zu den Umsturz-Plänen des Reichsbürger-Netzwerks von Heinrich XIII. Prinz Reuss startet in München. Hier stehen die selbst ernannten Seher vor Gericht.
18.06.2024, 15:52
Simone Rafael / t-online
Mehr «International»
Ein Artikel von
t-online

Ein drittes Gerichtsverfahren, das sich mit Plänen des mutmasslichen Reichsbürger-Netzwerks von Heinrich XIII. Prinz Reuss für einen Staatsstreich beschäftigt, hat am Dienstag vor dem Oberlandesgericht München in Deutschland begonnen.

Acht Beschuldigte stehen im Mittelpunkt des Prozesses. Ihnen wird unter anderem die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Die Anklage behauptet, dass sie planten, die demokratische Ordnung in Deutschland gewaltsam zu stürzen. Drei der jetzt in München angeklagten Personen sollen an der Gründung des Netzwerks beteiligt gewesen sein und fünf weitere sollen Mitglieder gewesen sein.

Astrologin und Hellseher vor Gericht

Unter ihnen ist die sogenannte «Transkommunikationsministerin» des Rates, die auch als eine der Mitbegründerinnen des Netzwerkes gilt. Die 70-jährige Elektrotechnikerin Ruth Hildegard L. war die Wahrsagerin der Reichsbürger-Gruppe, die unter anderem angab, von «bekannten Astrologen die Geheimnisse der Astrologie vermittelt» bekommen zu haben.

Sie war bei der ebenfalls zum Reuss-Netzwerk gehörenden AfD-Bundestagsabgeordneten Birgit Malsack-Winkemann angestellt. Für das Netzwerk sollte sie mithilfe der Sterne klären, wie sich die Dinge entwickeln und wann ein günstiger Zeitpunkt für den geplanten Umsturz gekommen ist. Die Razzien sah sie allerdings nicht voraus.

Mit ihr vor Gericht steht der 60-jährige Thomas T., der sich ebenfalls «seherische Fähigkeiten» zuschrieb und mit L. das «Transkommunikationsministerium» übernehmen sollte. Dieses sollte den neu zu gründenden Staat mithilfe kosmischer Erkenntnisse unterstützen.

Das Schattenkabinett

Ebenfalls im Münchener Verfahren angeklagt ist die Ärztin Melanie R. aus Niedersachsen, die das Ressort «Medizin» im neuen Staat übernehmen sollte. Auch sie war davon überzeugt, eine Hellseherin zu sein. Vom Reichsbürger-Netzwerk war die Ärztin derart überzeugt, dass sie grosse Geldbeträge ihres Privatvermögens – insgesamt 47'000 Euro – investiert haben soll.

Mehrere der in München Angeklagten sollen dem sogenannten «Rat» der Vereinigung angehört haben – ähnlich einem Kabinett einer rechtmässigen Regierung – oder dem Führungsstab des «militärischen Arms».

Bild

Bei einem der angeklagten Gründungsmitglieder soll einst auch die Gründungsversammlung stattgefunden haben. Mehrere Beschuldigte waren laut Anklage frühzeitig in die Planungen für ein gewaltsames Eindringen in den Bundestag eingebunden oder sollten selbst daran teilnehmen und wurden hierfür ausgerüstet.

Frankfurt: Rädelsführer, Stuttgart: «Militärischer Arm»

In Frankfurt am Main stehen Reuss und die mutmasslichen Rädelsführer vor Gericht. In Stuttgart hat die Bundesanwaltschaft mutmassliche Mitglieder des «militärischen Arms» der Gruppe angeklagt. Die beiden Verfahren dort haben jeweils schon vor einigen Wochen begonnen. Die Aufsplittung des Falls in mehrere Verfahren, insbesondere aufgrund der grossen Zahl an Angeklagten, stellt die versammelten Prozessbeteiligten vor grosse Herausforderungen.

Das Münchner Verfahren ist jedoch einzigartig in seiner Grössenordnung: Für den Prozess wurden ursprünglich 54 Verhandlungstage bis Januar 2025 angesetzt.

Die sogenannten Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an und sehen sich stattdessen als Bürger des Deutschen Reichs an, dessen Grenzen von 1937 gelten sollten.

Die watson-Recherche zu den Schweizer Reichsbürgern:

Verwendete Quellen:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
8 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Okay, Boomer
18.06.2024 17:39registriert Juli 2022
„ Die Razzien sah sie allerdings nicht voraus.“
Genau mein Humor, danke!
483
Melden
Zum Kommentar
8
    Russen bombardieren im Grenzgebiet Belgorod eigenen Damm
    Die aktuellsten Nachrichten zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine im Liveticker.
    Zur Story