Deutsche Bahn lässt Züge ausfallen – um Statistik zu verbessern
Wie der Spiegel berichtet, sei es bei der Deutschen Bahn inzwischen «geübte Praxis», Züge für die Verspätungsstatistik ausfallen zu lassen. Dies sollen interne Chatprotokolle und Aussagen aus Mitarbeitergesprächen belegen. So sollte zum Beispiel der ICE 616 vom Dienstagmorgen, 16. September, eigentlich von München nach Hamburg fahren. Erreicht hat er nur Köln.
Der offizielle Grund: kurzfristiger Personalausfall. In einem internen Chat meldet die Verkehrsleitzentrale aber auf den ICE 616 bezogen: «Zug fällt zur Verbesserung der Statistik ab Köln aus.»
Wie die Deutsche Bahn auf Anfrage des «Spiegels» erklärte, komme es gelegentlich vor, dass man stark verspätete Züge ausfallen lasse – dies geschehe aber nicht «für die Statistik», sondern aus betrieblichen Gründen. Bei stark verspäteten Zügen werden demnach nicht nur die Folgen für den betroffenen Zug selber, sondern auch für andere Züge minimiert.
Kein Einzelfall
Bei den Mitarbeitern scheint man sich in Bezug auf die Gründe für solche Zugausfälle aber nicht ganz einig. So berichtet der «Spiegel» von einem Zug vom Donnerstag, 11. September. Eigentlich hätte der ICE von Hamburg nach München fahren sollen. Mit 144 Minuten Verspätung erreichte er Köln Messe-Deutz – und fuhr danach nicht mehr weiter.
Im internen Chat mit der Disposition steht wieder: «Zug fällt zur Verbesserung der Statistik ab Köln Deutz (tief) aus. Reisende auf alternative Verbindungen verweisen.»
Beide Zugausfälle waren gemäss Deutscher Bahn gerechtfertigt und fielen nicht, wie im Chat beschrieben, aus Statistik-Gründen aus. Ausserdem seien in beiden Fällen direkte und geeignete Alternativverbindungen für die Reisenden verfügbar gewesen, eine Grundvoraussetzung für Zugausfälle dieser Art.
Verspätungsstatistik eine wichtige Kennzahl
In der Statistik der Deutschen Bahn zählen ausgefallene Züge nicht als verspätet. Wenn demnach ein stark verspäteter Zug ausfällt, erscheint die Verspätung nicht mehr in der Statistik: Die Verspätung wird im Grunde gelöscht. So lassen sich die Pünktlichkeitswerte rechnerisch erhöhen.
Wie der «Spiegel» schreibt, wird die Praxis von DB-Mitarbeitenden als gängige Methode beschrieben, um die Kennzahlen zu optimieren. Die Verspätungsstatistik sei vor allem für die Manager der Deutschen Bahn wichtig, da sie bei Bilanzpressekonferenzen sowie gegenüber dem Aufsichtsrat präsentiert wird. (ear)
