Neben dem klassischen Glühwein greifen auf den Weihnachtsmärkten auch viele gerne zum Kakao mit Schuss. Die mit Rum verfeinerte Trinkschokolade sorgt derzeit in den sozialen Netzwerken allerdings für Häme. Hintergrund ist ein Schriftstück, das vom Veranstalter des Weihnachtsmarktes in Frankfurt am Main an die Standbetreiber verteilt wurde. In dem Papier, das t-online vorliegt, heisst es: «Sollten Sie ein Getränk im Angebot haben, welches Sie als 'Lumumba' bezeichnen, möchten wir Sie eindringlich bitten, den Namen zu ändern und es auf Menükarten/Getränkekarten/Schildern unkenntlich zu machen.»
In Deutschland ist das alkoholhaltige Milchgetränk für viele unter dem Namen «Lumumba» bekannt. Der Veranstalter, die «Tourismus+Congress GmbH», schlägt in dem Schreiben auch alternative Namen vor. Und zwar: «Kakao mit Rum/Schuss oder (Heisse) Schokolade mit Rum/Schuss».
Auf eine Anfrage von t-online antwortete der Veranstalter des Weihnachtsmarktes in Frankfurt am Main: «Wir haben unseren Standbetreibern und -betreiberinnen empfohlen, auf dem Frankfurter Weihnachtsmarkt die Getränkebezeichnung 'Lumumba' durch eine Alternative zu ersetzen, da es bei der etymologischen Herleitung des Begriffes eine Variante gibt, die rassistische Stereotype hervorrufen kann.» Doch woher kommt der Vorwurf, der bereits im letzten Jahr zu einer grösseren Debatte in der Finanzmetropole führte?
Auch wenn die Herkunft der Bezeichnung «Lumumba» bis heute nicht eindeutig geklärt werden konnte, weist sie eine nicht von der Hand zu weisende Parallele zu dem kongolesischen Freiheitskämpfer Patrice Lumumba auf. Lumumba war der Anführer der Unabhängigkeitsbewegung im Kongo, die das Land am 30. Juni 1960 erlangte. Lumumba war von diesem Tag an der erste frei gewählte Regierungschef des zuvor kolonialisierten Landes, wie der «Spiegel» schreibt. Die belgische Kolonie erlangte durch die sogenannte Kongogräuel traurige Berühmtheit. Dabei amputierten die belgischen Kolonialisten den Unterdrückten unter anderem Gliedmassen, räucherten diese und hängten sie den Gepeinigten um den Hals. Aufnahmen und Berichte aus der Zeit belegen die Vorfälle.
Da Lumumba einer Zusammenarbeit mit der damaligen Sowjetunion nicht abgeneigt schien, soll der amtierende US-Präsident Dwight D. Eisenhower knapp 1,5 Monate nach Lumumbas Wahl seine Ermordung in Auftrag gegeben haben. «Wir müssen den loswerden», zitiert der «Spiegel» aus dem zugehörigen Protokoll. In der Nacht des 17. Januar 1961 stirbt Lumumba dann schliesslich in einem Kugelhagel, mutmasslich aus den Maschinenpistolen eines belgisch-kongolesischen Kommandos, wie es in dem Blatt weiter heisst.
Dass der Name «Lumumba» für ein schwarzes Getränk mit Schuss verwendet wird, sehen die Kritiker als rassistische Verhöhnung des Freiheitskämpfers an. Dabei stellte jedoch die Frankfurter Stadtverordnetenvorsteherin Hilime Arslaner (Grüne) im vergangenen Jahr auch klar, dass längst nicht alle, die einen «Lumumba» bestellen, Rassisten seien. Vor dem Hintergrund der Kolonialgeschichte ergebe sich allerdings eine gewisse Problematik, wird sie in der «Frankfurter Rundschau» zitiert. Als Alternative schlug sie damals den norddeutschen Namen des Getränks vor: «Tote Tante».
In den sozialen Netzwerken zeigen sich viele mutmasslich deutsche User empört über die Aufforderung in Frankfurt am Main. Anstoss zur Debatte im Netz scheint ein Post von Anna Nguyen, AfD-Abgeordnete im hessischen Landtag gewesen, zu sein. Sie teilte ein Foto der Aufforderung des Veranstalters mit den Worten «Jetzt soll sogar der Lumumba umbenannt werden».
Darunter kommentieren mehrere User ihren Unmut, so heisst es etwa: «Ein Getränk canceln, dessen Namensgebung einen Freiheitskämpfer ehrt. Können sich auch nur linke ausdenken diesen bullshit.» Andere Nutzer fassten sich kürzer: «WARUM?», «Irre» oder «Frankfurt halt.». Die norddeutsche Variante «Tote Tante» wird jedoch auch häufig als Alternative vorgeschlagen.
Der Pressesprecher der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland stellte bereits im Dezember 2022 in der ARD-Radioshow «Cosmo» klar, dass es sich keinesfalls um eine Ehrung handelt. «Eine zentrale Figur des Widerstands gegen Kolonisierung und Rassismus wird hier auf ein Getränk reduziert.»
Bereits im vergangenen Jahr wies der Veranstalter in Frankfurt am Main die Budenbesitzer auf die Problematik des Namens hin. Damals rechnete Thomas Roie, der Vorsitzenden des Schaustellerverbands Frankfurt/Rhein-Main, mit «einem Umsatzrückgang zwischen 20 und 30 Prozent», wie er der «Frankfurt Rundschau» sagte. Der Veranstalter teilte dazu auf Anfrage mit: «Wir können diese Aussage nicht ganz nachvollziehen, denn es wird ja nicht die Ausgabe des Getränks untersagt, sondern lediglich eine alternative Namensgebung empfohlen.»
Weiter heisst es vom Veranstalter, dass man von der Wirkung einer reinen Empfehlung überzeugt sei, jedoch würde man sich weitere Schritte vorbehalten.
Verwendete Quellen:
Würzburg hat den Song verboten fürs Kiliani. Danach gings durch die Decke.
Wird mit Lumumba eventuell auch passieren. Scheint mit weit hergeholt, aber ja, wenn ich mich empören will, find ich schon was.