«Sprache kann zur Gleichstellung nichts beitragen», sagte Susanne Brunner im Herbst 2022 in einem Interview mit der NZZ. Sie hatte soeben ihre Initiative «Tschüss Genderstern!» lanciert, die es dem Zürcher Stadtrat verbieten sollte, inklusiv zu kommunizieren.
Ihr Hauptargument lautete, die Stadt dürfe Sprache nicht als politisches Instrument für einen Geschlechterkampf missbrauchen. Der Genderstern sei grammatikalisch falsch, unverständlich, unnötig. Viel besser sei das generische Maskulinum, bei dem die männliche Form stellvertretend für alle Geschlechter stehe:
Sie wolle sich mit der Initiative gegen die «Kunstsprache» der «Sprachpolizei» wehren, sagt sie. Non-binären Menschen empfahl sie in diversen Medieninterviews Grammatiknachhilfe.
In der Zwischenzeit ist klar: Die Zürcher Bevölkerung stört sich offenbar nicht genug am oft als sperrig bezeichneten Sonderzeichen und stimmte am vergangenen Abstimmungssonntag für die inklusive Sprachregelung. Dass das sinnvoll ist, belegen diverse wissenschaftliche Studien aus der Psychologie und Linguistik.
Jüngst konnte nämlich ein interdisziplinäres Forschungsteam von verschiedenen europäischen Universitäten (erneut) belegen, dass Menschen nicht an Frauen denken, wenn sie das generische Maskulinum lesen.
Die Forschenden baten mehr als 2600 Personen, bis zu drei berühmte Personen aus den Bereichen Musik, Sport, Politik, Fernsehen, Literatur und Schauspiel zu nennen. Dabei teilten sie die Teilnehmenden in fünf Gruppen ein und fragten nach:
Dann verglichen sie die Anzahl Nennungen von Frauen respektive Männern. Es kam heraus, dass die Kontrollgruppe mit neutralen Bezeichnungen und die Gruppe mit dem generischen Maskulinum am meisten Männer nannten. Wurden sie hingegen mit gendergerechten Formulierungen gefragt, nannten sie deutlich öfter weibliche Personen. Mehr noch: Beim generischen Maskulinum denken Menschen sogar noch weniger an Frauen, als wenn gar kein Geschlecht genannt wird.
Die Studienautorinnen und -autoren konkludieren denn auch mit einem klaren Appell: Offizielle Empfehlungen zur Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache sollten auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen.
Mit ihren Ergebnissen ist die Studie bei weitem nicht allein. Auch der Schweizer Psycholinguist Pascal Gygax fand in seiner Forschung heraus, dass wir beim Lesen eines männlichen Begriffs eher an Männer denken.
Aktuelle Studien zur Messung der elektrischen Aktivität im Gehirn belegen: Um sich in einer Gruppe Ärzte eine Frau vorzustellen, muss das Gehirn mehr Energie aufwenden, als wenn es «Ärzte» lediglich als eine Gruppe von Männern interpretiert.
Das hat laut Gygax weitreichende Konsequenzen. Nicht nur wird durch den männlich geprägten Sprachgebrauch ein ganzer Teil der Gesellschaft unsichtbar gemacht. Die Sprache habe auch einen grossen Einfluss darauf, wie Kinder sich ihre zukünftigen Berufswahlmöglichkeiten vorstellen.
Im November 2024 erhielt der Psycholinguist für seine Forschung den Schweizer Wissenschaftspreis Marcel Benoist, der häufig als «Schweizer Nobelpreis» angesehen wird.
Ginge es nach der Wissenschaft, haben die Zürcherinnen und Zürcher also richtig entschieden. Doch schweizweit hat inklusive Sprache noch immer einen schweren Stand, wie eine repräsentative Tamedia-Umfrage zeigt.
Demnach möchten über 25 Prozent der Befragten am liebsten mit der männlichen Form angesprochen werden, mehr als die Hälfte bevorzugt die Anrede mit beiden Geschlechtern und lediglich ein Fünftel will den Genderstern.
Der Methodensteckbrief ist nur für Monolingualländer. Nicht anwendbar für Multilingualländer wie Schweiz oder Luxemburg
Es geht doch nicht um Inklusion einiger weniger in der Verwaltungskommunikation
Wir haben 30% Einwohner die Deutsch als Zweitsprache haben.
Kehren wir doch mal alles um und nehmen wir die Perspektive eines Stadtzürchers in Genf ein.
Anbei ein korrekt gegenderter französischer Satz
Beaucoup d’adolescent.e.s ne sont pas conscient.e.s du temps qu’ils.elles passent sur leurs écrans.
Wir hatten alle 4 Jahre Französisch. Kein D-CH'ler wird das je können
Eben.