Am Montagabend schlugen Polizei und Behörden im Saalekreis noch Alarm – jetzt rudern sie zurück: Die Grossfahndung nach einem vermeintlichen Puma bei Braunsbedra wird zurückgefahren. Neue Videoaufnahmen deuten darauf hin, dass das gesichtete Tier doch kleiner war.
Auch international bekannte Fährtenleser sprechen von einem möglichen Irrtum. Der Experte Louis Liebenberg sagte gegenüber t-online: «Das Originalvideo enthält keinen Massstab, um die Grösse der Katze zu zeigen».
Sein Kollege Georg Messerer sei persönlich vor Ort gewesen, habe die Umgebung dokumentiert – und gemeinsam mit Fährtenleser José Galan die Bilder analysiert, um Grössenverhältnisse exakt darzustellen. Das Ergebnis: Es spricht vieles für eine «grosse Hauskatze», nicht für einen Puma.
Die Bilder zeigen, dass es sich bei dem vermeintlichen Puma um eine klassische optische Täuschung gehandet haben könnte. «Der Fährtenleser José Galan half bei der Erstellung eines Bildes, das darauf hindeutet, dass es sich um eine grosse Hauskatze und nicht um eine grosse Katze wie einen Puma handeln könnte», sagte Liebenberg.
Die Fachleute sind keine Unbekannten: Liebenberg und Galan, sogenannte Cyber-Tracker, hatten bereits 2023 in Berlin für Aufklärung gesorgt, als die Sichtung einer angeblichen Löwin für Aufregung sorgte. Dort jagten Polizei, Jäger und Tierärzte rund 30 Stunden lang samt Hubschrauber und Drohnen ein Raubtier – ausgelöst durch ein Handyvideo. Die beiden Experten nahmen das Video unter die Lupe und stellten Unterschiede beim Rücken, dem Schwanz und dem Bein fest. Die internationale Aufmerksamkeit war gross, am Ende stellte sich die Löwin als Wildschwein heraus.
Liebenberg lernte das Lesen von Fährten von Tieren von indigenen Völkern und hat basierend auf diesem Wissen schon in den 90er-Jahren eine Software für Tier-Beobachter für Datenaufnahmen und Spurenidentifizierung im Gelände entwickelt.
Auch bei dem Puma am Geiselsee rudern die Behörden nun zurück: Die zuständige Dezernentin des Landkreises, Sabine Faulstich, hatte die Wahrscheinlichkeit für einen Puma am Dienstagabend noch auf 80 Prozent beziffert. Der Bürgermeister des 10'000-Einwohner-Ortes Braunsbedra, wo das Tier am Geiseltalsee gefilmt worden war, sagte t-online: «Ich gehe von einem Puma aus.» Am Tag darauf klingt das ganz anders: Die Suchmassnahmen werden stark reduziert.
Anfangs hiess es, ein gerissenes Kalb sei ein weiterer Beleg für das Raubtier – doch auch hier die Wende: Eine Amtstierärztin stellte fest, dass der Kadaver nicht durch ein Raubtier getötet wurde, wie eine Sprecherin t-online mitteilte. Stattdessen hatten sich wohl Raben an dem Tier zu schaffen gemacht. (nib)