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Zwei Polizisten in Deutschland erschossen – Die Chronologie der Tat

Zwei Polizisten in Deutschland erschossen – Chronologie einer unfassbaren Tat

Ein Polizist und eine Polizistin stoppen im Südwesten Deutschlands ein Auto. Wenig später sind sie tot. Gestern Abend konnten zwei Verdächte festgenommen werden. Eine Chronologie der Bluttat.
01.02.2022, 05:49
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Nacht auf Montag: Die Verkehrskontrolle

In der Nacht auf Montag, 30 Kilometer nordwestlich von Kaiserslautern, ist eine Zivilstreife der Polizei unterwegs. Im Auto sitzen eine 24 Jahre alte Polizeianwärterin und ein 29 Jahre alter Oberkommissar der Polizeiinspektion Kusel. Im April hätte die junge Frau ihren Abschluss machen sollen. Sie wäre Kommissarin geworden.

Auf einer Kreisstrasse in der Nähe der Ortschaft Kusel halten sie gegen 04:20 Uhr ein Fahrzeug an. Sie verlassen den Polizeiwagen. Beide tragen Uniform und Sicherheitswesten. Im Kofferraum des gestoppten Wagens finden sie totes Wild. Sie informieren die zuständigen Kollegen.

Police officers block the access road to the scene where two police officers were shot during a traffic stop near Kusel, Germany, Monday, Jan. 31, 2022. Police say two officers have been shot dead whi ...
Polizisten sichern die Strasse ab, die zum Tatort führt. Bild: keystone

04:20 Uhr: «Die schiessen!»

Dann eskaliert die Situation. Mehrere Schüsse fallen. Die Polizisten können noch einen letzten Funkspruch absetzen: «Die schiessen!»

Der Polizist schiesst gemäss Informationen des «Tagesspiegel» sein ganzes Magazin leer. Ob es sich dabei um Warnschüsse handelt oder ob der Beamte dabei einen Tatverdächtigen verletzt, ist noch unklar. Feststeht, dass beide Polizisten von Kugeln getroffen werden. Als die Einsatzkräfte den Tatort erreichen, ist die Frau bereits tot. Sie scheint nicht geschossen zu haben – ihre Waffe befindet sich noch im Holster. Ihr Kollege erliegt seinen Verletzungen wenig später.

Dass die Polizisten mit Kopfschüssen getötet wurden, bestätigte die Polizei zunächst nicht. Die Schutzwesten reichten aber von der Hüfte bis zum Hals, insofern sei dies wahrscheinlich. Die Polizei ging davon aus, dass eine Obduktion angeordnet wird. Wie viele Schüsse insgesamt abgegeben wurden, war zunächst unklar.

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Der Tatort wurde umgehend abgeriegelt.Bild: keystone

Montagnachmittag: Polizei schreibt Mann zur Fahndung aus

Von den Tätern fehlt zunächst jede Spur. Wohin der Fluchtwagen gefahren ist, bleibt unklar. Die Kreisstrasse wird gesperrt, es werden Spuren gesichert und ermittelt. Dabei wird der Personalausweis von Andreas S. gefunden – das Dokument könnte bei der Kontrolle durch die Polizisten heruntergefallen sein.

Am frühen Nachmittag wird der 38 Jahre alte Andreas S. von der Polizei zur öffentlichen Fahndung ausgeschrieben. Er steht unter Tatverdacht die Polizistin und den Polizisten getötet zu haben. Laut Spiegel ist er den Sicherheitsbehörden nicht als Extremist bekannt. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen war er der Polizei in der Vergangenheit aber wegen Unfallflucht aufgefallen und soll eine Waffenerlaubnis haben. Seit 2017 betreibt er einen Wildhandel, der sich rund 50 Kilometer südwestlich des Tatorts befindet, sowie eine Traditionsbäckerei.

Dieser Tatortreiniger erzählt von seinem schlimmsten Erlebnis:

Video: watson/Aya Baalbaki

Montagabend: Zwei Verdächtige werden gefasst

Am Montagabend gegen halb sechs gibt die Polizei bekannt: Andreas S. ist in Sulzbach festgenommen worden. Er habe sich über seine Anwältin bei der Polizei gemeldet und sei vor einem Haus im saarländischen Sulzbach festgenommen worden, berichtete ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur.

In dem Haus in Sulzbach wurde kurze Zeit später auch ein 32 Jahre alter Verdächtiger festgenommen. Gemäss Spiegel-Informationen sei er unter anderem ins Visier der Ermittler geraten, weil er nach der Tat die Ehefrau von Andreas S. angerufen hatte. In welchem Zusammenhang er zu den Schüssen stehe, müssten die Ermittlungen ergeben. Auch er habe sich zunächst nicht zur Sache geäussert. Bei einer Durchsuchung seien unter anderem Waffen sichergestellt worden.

Am Dienstag soll der Andreas S. dem Haftrichter vorgeführt werden, Aussagen machte er laut Polizei zunächst nicht.

Die Reaktionen

Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag), seine Behörde werde bei der Aufklärung der Tat «seine volle Unterstützung» leisten. «Es ist unbegreiflich, wenn Polizistinnen oder Polizisten bei der Erfüllung ihrer Aufgabe, die Bevölkerung vor Gefahren zu schützen, zum Angriffsziel werden und ihr Leben verlieren.»

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach den Angehörigen der erschossenen Polizisten sein Beileid aus. Was in Kusel passiert sei, bedrücke ihn sehr, schrieb Scholz auf Twitter. Er denke an die vielen Polizistinnen und Polizisten, die jeden Tag ihr Leben riskieren, um Bürger zu schützen, betonte der Kanzler.

Auch Innenpolitiker mehrerer Parteien auf Bundesebene rückten die Risiken des Polizeiberufs in den Fokus. So sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann, der «Bild»-Zeitung: «Brutal zeigt sich die Gefährlichkeit des Polizeiberufs. Die Tat ist restlos aufzuklären auch mit Blick auf den besten Schutz von Polizeibeamten.

»Ein Polizeisprecher aus Trier berichtete am Montagabend, bei Protestveranstaltungen gegen die Corona-Massnahmen hätten einige Teilnehmer den Polizisten kondoliert. Kerzen seien zum Gedenken an die beiden toten Beamten entzündet worden. Auch ein Sprecher des Polizeipräsidiums Kaiserslautern sagte, es habe bei einigen der Veranstaltungen Solidaritätsbekundungen für die Polizei gegeben. (saw/sda/dpa)

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16 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Unicron
01.02.2022 07:09registriert November 2016
Wahnsinn... Was bitte hatten die zu verheimlichen dass sie die Entscheidung getroffen haben dass zwei Polizisten erschiessen die bessere Option ist?
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dicey
01.02.2022 06:37registriert Januar 2015
Es ist einfach nur furchtbar 😢 Als ehemalige Polizistin läuft es mir kalt den Rücken runter. RIP
Zwei Polizisten in Deutschland erschossen – Chronologie einer unfassbaren Tat\nEs ist einfach nur furchtbar 😢 Als ehemalige Polizistin läuft es mir kalt den Rücken runter. RIP
306
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Dirumieze
01.02.2022 06:47registriert Juni 2021
Sehr tragisch!
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Brasilien: Frau bringt toten Mann für einen Kredit zur Bank

In der brasilianischen Millionenmetropole Rio de Janeiro hat eine Frau einen toten Mann im Rollstuhl zur Bank gebracht, um einen Kredit zu bekommen. «Sie versuchte, seine Unterschrift vorzutäuschen. Er war bereits tot in die Bank eingetroffen», zitierte das Nachrichtenportal «G1» den Polizeibeamten Fábio Luiz Souza am Mittwoch. Die Frau wurde festgenommen. In einem am Dienstag veröffentlichten Video ist zu sehen, wie die Frau mit dem Mann spricht und versucht, ihn zum Unterschreiben eines Dokuments zu bringen. Es soll um einen Kredit in Höhe von 17 000 Reais (etwa 3000 Euro) gegangen sein.

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