«Neue Stufe der Gewalt erreicht» – was dieses Wochenende in Frankfurt passiert ist
Was ist passiert?
Gemäss dem Frankfurter Polizeipräsidenten Gerhard Bereswill wurden Einsatzkräfte in der Nacht auf Sonntag aus einer Menschenmenge mit Flaschen angegriffen, dies obwohl sie «deeskalierend» gehandelt hätten. Als die Randalen ausbrachen, hatten rund 3000 Menschen auf dem Opernplatz gefeiert. Bei den Zwischenfällen wurden mindestens fünf Polizisten verletzt.
39 Menschen seien in der Folge festgenommen worden, alle wurden inzwischen jedoch wieder auf freien Fuss gesetzt. Es werde wegen Landfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung ermittelt.
Innerhalb von einem Monat kleine Riots in Stuttgart, Berlin und #Frankfurt. Ohnmacht wird zu Wut! pic.twitter.com/KSx8rxPZi2
— ibu‘ibu (@ibuibu_nk) July 19, 2020
Die Festgenommenen seien bis auf eine Frau ausschliesslich Männer im Alter von 17 bis 23 Jahren, teilte die Polizei mit. Zunächst hatten die Ermittler das Alter der Beteiligten mit 17 bis 21 Jahren angegeben. Neun stammten aus Frankfurt, die restlichen 30 aus der Umgebung.
«Der genaue Status der Personen, im Hinblick ob sie Deutsche oder Nicht-Deutsche sind und inwieweit sie von der Person her Migrationshintergrund haben oder ob sie eventuell Asylantragsteller sind, das ist noch offen», sagte der Frankfurter Polizeipräsident Gerhard Bereswill. «Was ich aber jetzt schon sagen kann aufgrund der Betrachtung der Gesamtliste: Es handelt sich vorwiegend um Männer mit Migrationshintergrund.»
Wieso ist die Lage eskaliert?
Gegen 3 Uhr morgens war es laut Polizei zu einer Schlägerei am Brunnen auf dem Opernplatz gekommen, an der 25 bis 30 Menschen beteiligt gewesen waren. Zu diesem Zeitpunkt seien noch rund 500 bis 800 Menschen auf dem Opernplatz versammelt gewesen. «Die Stimmung begann zu kippen», sagte Bereswill. Bei der Schlägerei sei eine Person verletzt am Boden liegen geblieben. Daraufhin hätten etwa zehn Beamte beschlossen einzuschreiten, «um den Verletzten zu versorgen und den Streit zu schlichten». Die Beteiligten der Schlägerei hätten sich dann gegen die Beamten gewandt und sie «massiv» mit Flaschen beworfen. Umstehende hätten sich ihnen angeschlossen.
Wie nahm die Polizei die Situation wahr?
Umgekippte Mülltonnen, zertrümmerte Scheiben, zerschlagene Glasflaschen: Die Spuren der Krawalle in der Nacht waren am Morgen auf dem Frankfurter Opernplatz noch deutlich zu sehen.
Polizeipräsident Bereswill sieht die Krawalle als «absoluten, negativen Höhepunkt» der vergangenen Wochen. «Das ist sehr schlimm, was sich da entwickelt und heute Nacht entladen hat», sagte Bereswill.
Die Anwesenden hätten gejubelt, wenn eine Flasche die Polizisten getroffen habe. «Von der Qualität, aber auch von der Anzahl ist das etwas, was ich in Frankfurt noch nicht erlebt habe», so Bereswill. Die Polizei habe zwei Ketten gebildet und die Menschen so vom Platz in eine Strasse gedrängt. Dort seien mutmassliche Flaschenwerfer gezielt festgenommen worden. Dabei seien die Beamten attackiert worden, Bereswill sprach von einem «Hagel aus Flaschenwürfen». Einer der Männer habe «ganz herausragend agiert» und mehr als 20 Flaschenwürfe zu verantworten. Damit habe er auch andere animiert, sagte Bereswill.
Auch nicht Direktbeteiligte halten sich mit Kritik nicht zurück. Thomas Mohr (57), Landesvorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP), schreibt auf Facebook: «Die Täter, erneut überwiegend junge Männer mit Migrationshintergrund, die keinen Respekt haben vor staatlichen Institutionen, kein Benehmen, keine Wertschätzung vor dem Eigentum anderer Menschen, keine Skrupel haben Menschen Gewalt anzutun. Sie suchen die Anerkennung und Aufmerksamkeit in den sozialen Netzwerken.»
Was sagt die Politik?
Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) verurteilte die Angriffe. «Die Beteiligten müssen umgehend zur Rechenschaft gezogen werden», schrieb Feldmann am Sonntag auf Twitter. Er forderte zudem, die Polizeipräsenz an solchen «Hotspots» zu erhöhen. AfD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Alice Weidel forderte auf Twitter: «Es muss endlich konsequent durchgegriffen werden.»
Ich verurteile die Angriffe auf unsere Beamtinnen und Beamten aufs schärfste. Das Verhalten der Randalierer ist absolut inakzeptabel. Die Beteiligten müssen umgehend zur Rechenschaft gezogen werden. Auch müssen wir die Polizeipräsenz an solchen Hotspots erhöhen. https://t.co/qmOC7B5pwm
— Oberbürgermeister Peter Feldmann (@OBPeterFeldmann) July 19, 2020
Nach den Gewalt-Szenen des vergangenen Wochenendes ist klar, dass es so nicht weitergehen kann. Daher begrüße ich die gemeinsam beschlossenen Maßnahmen, um Gewalt auf den Opernplatz einzugrenzen: https://t.co/IzRlvkQD81
— Oberbürgermeister Peter Feldmann (@OBPeterFeldmann) July 20, 2020
„#PartyundEventszene“ wieder aktiv: Randalierer verwüsten letzte Nacht #Opernplatz in #Frankfurt! Was muss noch passieren, damit der Schutz der Bürger und ihres Hab und Gutes endlich wieder in den Vordergrund gestellt wird? Es muss endlich konsequent durchgegriffen werden! #AfD pic.twitter.com/MDMkzXApqa
— Alice Weidel (@Alice_Weidel) July 19, 2020
Frankfurts Sicherheitsdezernent Markus Frank (CDU) zeigte sich bestürzt von den Angriffen. «Ich bin fassungslos, dass gezielt Polizeibeamte angegriffen werden, wenn sie einem Menschen helfen wollen.». «Damit ist eine neue Stufe der Gewalt erreicht.» Bei einer Sicherheitskonferenz am Montagvormittag sollen laut Frank weitere Massnahmen besprochen werden. In den vergangenen Wochen hatte sich der als edel geltende Opernplatz an der Alten Oper in Frankfurt zur Freiluft-«Partyzone» entwickelt.
Nach einer Sicherheitskonferenz haben sich Stadt und Polizei gemäss der Frankfurter Rundschau auf folgende Massnahmen geeinigt:
- Ab dem 24.07.2020 werden Polizeikräfte den Opernplatz in Frankfurt ab 1 Uhr nachts räumen. Bereits gegen 0 Uhr beginnen Reinigungsarbeiten.
- An öffentlichen Plätzen in Frankfurt und vor allem am Opernplatz sollen künftig mehr Polizeikräfte eingesetzt werden, um eine erfolgreiche Umsetzung der Massnahmen zu gewährleisten. Ein Einsatz von ausserhessischen Polizeikräften ist nicht geplant.
- 29 der insgesamt 39 Tatverdächtigen leben nicht in Frankfurt, sondern in anderen Orten und Städten. Gegen sie soll eine Aufenthaltsverbotsverfügung erlassen werden, die ihnen einen Besuch in Frankfurt für mehrere Monate verbietet.
Mit Material von sda und dpa