Die CDU bleibt bei der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen klar die stärkste Kraft. Zu den Gewinnern im bevölkerungsreichsten Bundesland gehört aber auch die AfD, die ihr Ergebnis beinahe verdreifachen konnte. Damit landete sie in der bundesweit beachteten Wahl auf dem dritten Platz hinter der SPD. Die Grünen mussten erhebliche Einbussen hinnehmen.
Die Abstimmung in NRW galt als erster politischer Stimmungstest für die schwarz-rote Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) nach der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar.
Laut vorläufigem Landesergebnis erreichte die CDU in den Stadträten und Kreistagen 33,3 Prozent (2020: 34,3 Prozent). Die SPD kam auf 22,1 Prozent (2020: 24,3 Prozent), wie die Landeswahlleiterin im Internet mitteilte. Die AfD holte im bevölkerungsreichsten Bundesland 14,5 Prozent (2020: 5,1 Prozent), die Grünen bekamen 13,5 Prozent (2020: 20,0 Prozent). Schon bei der Bundestagswahl im Februar hatte die AfD in NRW die Grünen überholt.
Die Linke kam auf 5,6 Prozent (2020: 3,8 Prozent) und die FDP auf 3,7 Prozent (2020: 5,6 Prozent).
Die Wahlbeteiligung lag laut Landeswahlleiterin bei 56,8 Prozent und damit deutlich über der von 2020 (51,9 Prozent).
Das Erstarken der AfD im Westen löste bei den anderen Parteien Sorge aus. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte:
Dass die AfD ihr Ergebnis im Vergleich zur vergangenen Kommunalwahl voraussichtlich beinahe verdreifacht habe, stelle alle demokratischen Parteien vor Herausforderungen. Alle müssten sich nun fragen: «Was sind die richtigen Antworten in Sachen Armutsmigration? Sind alle Teile unserer Sozialsysteme wirklich gerecht? Was ist mit Problemimmobilien?»
Die AfD gibt sich indes selbstbewusst nach dem starken Resultat. AfD-Landeschef Martin Vincentz erklärte:
Die Kommunalwahl sei mehr als eine reine Abstimmung über Bürgermeister, Stadträte und Kreistage. «Sie war eine Volksabstimmung über die Richtung unseres Landes. Und wer den Wählerwillen ignoriert, wird von den Wählern abgestraft.» Die AfD habe einen immer deutlicheren Anteil von wirklichen Stammwählern.
Die Gelsenkirchener AfD-Landtagsabgeordnete Enxhi Seli-Zacharias sagte im WDR:
Enttäuscht reagierten die SPD-Vorsitzenden Bärbel Bas und Lars Klingbeil. «Es ist richtig, dass wir den Abwärtstrend nicht stoppen konnten», sagte die Duisburgerin Bas im WDR. Dennoch seien die Werte kein Desaster, wie es ihrer Partei zuvor prognostiziert wurde. «Wir müssen uns natürlich fragen, wie wir aus diesem Tief wieder rauskommen», sagte Bas. Das gute Ergebnis der AfD müsse allen demokratischen Parteien Sorge machen.
Der Co-Vorsitzende und Vizekanzler Klingbeil sagte der Deutschen Presse-Agentur, die wirtschaftliche Lage habe die Wähler am stärksten umgetrieben. «Wir werden nicht nachlassen, wenn es um Wirtschaftswachstum und sichere Arbeitsplätze geht. Das hat für uns Priorität.»
Der SPD-Landesvorsitzende Achim Post sagte: «Die NRW SPD hat verstanden.» Ein «Weiter so» dürfe es jetzt mit der NRW-SPD nicht geben. Politik müsse so stattfinden, dass die Menschen sie verstünden: «Dass wir diskutieren, entscheiden und umsetzen, dass wir nicht uns verzetteln in irgendwelchen Nebendebatten.»
Auch die NRW-Grünen reagierten enttäuscht angesichts des Absturzes ihrer Partei. «Bei der vergangenen Kommunalwahl hatten Zukunftsthemen Rückenwind, derzeit haben sie oft Gegenwind», teilten die Grünen-Landesvorsitzenden Yazgülü Zeybek und Tim Achtermeyer mit. 2020 hatten die Grünen mit 20 Prozent ihr bestes Ergebnis bei einer Kommunalwahl erzielt. Grünen-Bundeschef Felix Banaszak sieht das schwache Abschneiden bei den Kommunalwahlen als Folge einer grundsätzlichen politischen Verschiebung.
Nordrhein-Westfalen ist das bevölkerungsstärkste deutsche Bundesland und dementsprechend bedeutsam. Das zeigte sich auch im Wahlkampf: Kanzler Merz, Vizekanzler Klingbeil, Bundesarbeitsministerin Bas sowie weitere Spitzenvertreter der Bundesparteien traten in NRW mehrfach auf, was die bundespolitische Bedeutung der Kommunalwahlen unterstrich. Für Merz und Bas sowie weitere Bundespolitiker wie Bundestagsfraktionschef Jens Spahn und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ist NRW zudem das Heimatbundesland.
Der Ausgang der Kommunalwahlen mit dem Sieg der CDU gibt nach Einschätzung von Unions-Fraktionschef Jens Spahn der schwarz-roten Koalition im Bund Rückenwind. Das Ergebnis sei Ansporn für eine ruhige pragmatische Arbeit. Zugleich warnte Spahn:
Gewählt wurden neben den Kommunalparlamenten auch Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte. Viele Grossstädte wie Aachen, Bonn, Bochum, Bielefeld, Düsseldorf, Dortmund, Duisburg, Köln und Münster steuern auf Stichwahlen um die Oberbürgermeister-Posten am 28. September zu.
In der grössten NRW-Stadt Köln kommt es zu einer Stichwahl zwischen der Grünen-Landtagsvizepräsidentin Berivan Aymaz und dem SPD-Mann Torsten Burmester. In der Landeshauptstadt Düsseldorf lag Amtsinhaber Stephan Keller (CDU) vorn, muss aber in die Stichwahl gegen Clara Gerlach (Grüne).
In Bonn muss sich die grüne Oberbürgermeisterin Katja Dörner einer Stichwahl gegen den CDU-Kandidaten Guido Déus stellen, der im ersten Wahlgang die Nase vorn hatte.
In den Ruhrgebietsstädten Gelsenkirchen und Duisburg kamen AfD-Kandidaten in die Stichwahl, sie treten jeweils gegen SPD-Kandidaten an. In Hamm und Herne setzten sich die SPD-Amtsinhaber schon im ersten Wahlgang durch. In Bielefeld, Oberhausen, Bottrop und Mönchengladbach kommt es in zwei Wochen zu Stichwahlen zwischen SPD- und CDU-Kandidaten. Zwei CDU-Frauen konnten sich bei den Landratswahlen durchsetzen: Ina Laukötter gewann im Kreis Gütersloh und Bettina Warnecke im Kreis Mettmann. (sda/dpa/con)