Diese preisgekrönte Autorin analysiert messerscharf, was im Krieg mit Putin falsch läuft
Kennst du Anne Applebaum?
Die 57-jährige US-Amerikanerin ist eine preisgekrönte Journalistin und Historikerin, die sich intensiv mit der Geschichte Russlands und der Ukraine befasst hat.
2004 erhielt Applebaum für ihr 750-seitiges Werk «Der Gulag», einer umfassenden Darstellung des sowjetischen Lager- und Zwangsarbeitssystems, den Pulitzer-Preis.
2017 veröffentlichte sie mit «Red Famine» (deutsch: Roter Hunger) ein Buch, das den Holodomor thematisiert – also den Hungertod von mehreren Millionen Menschen in der Ukraine während der Sowjetherrschaft der 1930er-Jahre.
Doch zurück in die Gegenwart. Im Mai 2022 gab Applebaum der «NZZ am Sonntag» ein Interview. Thema: Wladimir Putin und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Das Gespräch verlief ziemlich unerwartet ...
Die NZZ eröffnete:
Daraufhin Anne Applebaum:
Die NZZ verwundert:
Applebaum stellte klar:
Die NZZ hakte nach:
Applebaum fragte zurück:
Die NZZ (plötzlich unerwartet im Verteidigungsmodus):
Nun lief die Interviewte warm:
Die NZZ (fast schon trotzig):
Applebaums perfekter Konter:
Das war nur der Auftakt zu einem absolut lesenswerten Interview der Kolleginnen und Kollegen von der «Neuen Zürcher Zeitung», das online verfügbar ist (siehe Quellen).
Prädikat: 🍿🍿🍿
Was die Schweiz tun kann
Ebenfalls im Mai hat srf.ch einen lesenswerten Beitrag zur preisgekrönten Journalistin und Historikerin veröffentlicht (siehe Quellen). Auch darin nahm Anne Applebaum kein Blatt vor den Mund, was Putin und seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine betrifft.
Der russische Diktator habe eine imperialistische Sichtweise und diese beinhalte, dass gewisse Staaten nicht existieren dürften. Deshalb müsse ihm und der ganzen russischen Elite aufgezeigt werden, dass dies kein gangbarer Weg sei.
Solange die russische Elite an ihrer Sichtweise festhalte, bringe es nichts, möglichst schnell einen Frieden zu schliessen, argumentierte die Historikerin gemäss SRF-Bericht.
Die gesamte russische Führungsriege gelte es von den Geldquellen abzuschneiden, fordert Applebaum. Denn dieses Geld, das Putin und seine Clique schlicht und einfach gestohlen hätten, halte sie in Russland an der Macht.
Deshalb stehe der Westen und insbesondere auch die Schweiz in der Verantwortung. «Wir – in der Schweiz, in London, in New York – haben diese Geldwäsche ermöglicht.»
Wie aus Putins Angriffskrieg Terrorismus wurde
Anne Applebaums jüngste messerscharfe Analyse trägt den Titel: «Russlands Krieg gegen die Ukraine hat sich in Terrorismus verwandelt». Die Kernbotschaft: Das russische Militär bombardiere nicht nur Zivilisten. Es ziele auf die Gesetze und Werte ab, die die Menschenrechte schützen.
Der Artikel wurde am 13. Juli bei «The Atlantic» online publiziert, Applebaum ist als festangestellte Autorin für das US-Magazin tätig und teilt dort regelmässig ihre Gedanken.
Sie führt zunächst eine allgemein anerkannte Definition für Terrorismus ein, um dann anhand konkreter Attacken auf die ukrainische Zivilbevölkerung den von Putin zu verantwortenden Staatsterrorismus zu belegen:
- Wenn Terrorismus «als Einschüchterungskampagne mit Gewalt» definiert werde, so Applebaum, dann sei die Bombardierung von Serhiivka am 1. Juli genau das gewesen.
- Wie auch schon die Bombardierung von Krementschuk in der Zentralukraine am 27. Juni, als eine Rakete ein Einkaufszentrum traf und mindestens 20 Menschen tötete.
- Terrorismus könnte auch den wiederholten Einsatz von Streumunition in Wohngebieten von Charkiw beschreiben, so Applebaum. «Bomben, die in Hunderte von Fragmenten zersplittern, Todesfälle und Verletzungen verursachen und Spuren auf Spielplätzen und Höfen hinterlassen.»
- Schliesslich sei Terrorismus auch das passende Wort für den Angriff vom 10. Juli auf Chasiv Yar, bei dem mehrere Raketen ein fünfstöckiges Wohnhaus trafen und Rettungsdienste stundenlang versuchten, verschüttete Bewohnerinnen und Bewohner aus den Trümmern zu bergen.
Der Zweck solcher Angriffe bestehe darin, Angst und Wut in diesen Städten und im ganzen Land zu erzeugen. Die russischen Aggressoren könnten damit aber auch beabsichtigen, die Menschen in der Ukraine davon zu überzeugen, zu gehen, Flüchtlinge zu werden, eine Last und vielleicht ein politisches Problem für die Nachbarländer zu werden.
Dann richtet sich Applebaum an den Westen:
Weiter ruft Applebaum in Erinnerung, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Russland als «terroristischen Staat» bezeichnet habe, und andere prominente Beamte, darunter einige im US-Senat, hätten die Vereinigten Staaten und Europa aufgefordert, dies formell so zu benennen.
Du willst mehr von Anne Applebaum hören?
Wenn du des Englischen mächtig bist, empfehle ich einen Besuch ihres Twitter-Profils, bzw. ihr zu folgen.
Putin brauche keinen (gesichtswahrenden) Ausweg aus der aktuellen Situation. Er müsse den Krieg verlieren, betonte Applebaum in einem ihrer viel beachteten Tweets.
Putin does not need an "off-ramp." He needs to lose. And only when he loses - only when he is humiliated - will Russia's wars of imperial conquest finally come to an end https://t.co/FX82PpWmix
— Anne Applebaum (@anneapplebaum) May 23, 2022
Quellen
- theatlantic.com: Russia’s War Against Ukraine Has Turned Into Terrorism
- magazin.nzz.ch: «Gibt es in der Schweiz keine Oligarchen?»
- srf.ch: Anne Applebaum: «Putin muss vom Geld abgeschnitten werden»
