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Musk übernimmt Twitter und schmeisst Topmanager raus

Musk schmeisst laut Berichten Chefetage bei Twitter raus – «der Vogel ist befreit»

28.10.2022, 06:0828.10.2022, 08:53
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Der Abschluss des Twitter-Kaufs ist noch nicht einmal offiziell verkündet – doch Elon Musk soll schon die Top-Manager des Online-Dienstes gefeuert haben. Der Deal geht über die Zielgerade genauso holperig wie schon die vergangenen Monate waren.

FILE - Tesla CEO Elon Musk attends the opening of the Tesla factory Berlin Brandenburg in Gruenheide, Germany, March 22, 2022. Musk's hopes to operate his satellite internet firm in Iran require  ...
Greift durch: Elon Musk.Bild: keystone

Die Ära von Elon Musk bei Twitter hat laut Medienberichten mit Entlassungen in der Chefetage begonnen. Am Donnerstag seien etwa der bisherige Firmenchef Parag Agrawal und Finanzchef Ned Segal gefeuert worden, berichteten unter anderem der Sender CNBC und das «Wall Street Journal» in der Nacht zum Freitag.

Auch die für den Kampf gegen Hassrede und falsche Informationen zuständige Top-Managerin Vijaya Gadde sei unter den Entlassenen, hiess es. Musk hatte Agrawal und die Twitter-Führung in den vergangenen Monaten immer wieder kritisiert.

Aus der Zentrale eskortiert

Mindestens einer der Manager sei aus der Firmenzentrale heraus begleitet worden, schrieb die «New York Times» unter Berufung auf informierte Personen. Dem Finanzdienst Bloomberg zufolge war es der Chefjurist Sean Edgett. Eine offizielle Mitteilung zum Abschluss der rund 44 Milliarden Dollar schweren Übernahme stand unterdessen immer noch aus.

Der «New York Times» zufolge war zunächst auch unklar, ob der Deal zum Zeitpunkt der Entlassungen bereits vollzogen gewesen sei. Laut «Washington Post» und «Wall Street Journal» ist der Tech-Milliardär aber seit Donnerstag der Eigentümer von Twitter.

Tech-Milliardär Elon Musk deutet in seiner üblichen Manier den Abschluss der Twitter-Übernahme mit einem etwas kryptischen Tweet an. «Der Vogel ist befreit», schrieb Musk in der Nacht zum Freitag beim Kurznachrichtendienst ohne weitere Details.

Das Twitter-Logo ist ein blauer Vogel – und Musk hatte stets betont, die Plattform von aus seiner Sicht zu starken Einschränkungen der Meinungsfreiheit zu befreien. Kritiker befürchten, dass er damit Hassrede und Hetze Vorschub leisten könnte, gegen die Twitters Teams seit Jahren ankämpfen.

Der offizielle Abschluss der Übername wurde spätestens für Freitag erwartet. Eine Richterin setzte Musk und Twitter diese Frist, um die Übernahme nach monatelangem Hin und Her endlich zu regeln. Die Aktie sollte laut einer Ankündigung am Freitagmorgen US-Ostküstenzeit vom Handel ausgesetzt werden – ein Hinweis auf eine bevorstehende Ankündigung.

Übernahme selbst eingefädelt

Musk hatte die Übernahme selbst eingefädelt, dann aber versucht, unter Verweis auf angeblich falsche Angaben zur Zahl von Fake-Accounts bei Twitter aus dem Deal wieder herauszukommen. Twitter zerrte ihn vor Gericht.

Musk erklärte sich kurz vor Beginn des Prozesses im Bundesstaat Delaware bereit, Twitter zum ursprünglich vereinbarten Preis von 54,20 Dollar pro Aktie zu kaufen. Dass er dabei die Einstellung des Gerichtsverfahrens als Bedingung stellte, sorgte aber bis zuletzt noch für Unsicherheit.

Bizzarer Auftritt mit Lavabo

Dass Musk sich doch noch mit seiner neuen Rolle als Twitter-Besitzer abgefunden hat, zeichnet sich schon seit Tagen ab. Bereits am Mittwoch tauchte er mit einem Lavabo in der Konzernzentrale in San Francisco auf und bezeichnete sich in seinem Twitter-Profil nun als «Chief Twit». Am Freitag will er sich laut US-Medien in grösserem Stil den Beschäftigten dort vorstellen.

Das dürfte kein leichter Auftritt für ihn werden, nachdem zuletzt Berichte über einen grossen Stellenabbau für Verunsicherung bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sorgten. Informationen, wonach er drei Viertel der Beschäftigten rauswerfen wolle, soll er diese Woche in der Zentrale zurückgewiesen haben.

Musk versuchte schon am Donnerstag, Werbekunden und Nutzer zu beruhigen, die unter ihm eine Verrohung des Tons beim Online-Dienst befürchten. Twitter dürfe kein «Ort des Grauens» werden, wo ohne Konsequenzen alles gesagt werden könne, schrieb Musk in einem offenen Brief an Anzeigenkunden.

Er weckte solche Sorgen selbst mit Kritik, bei Twitter werde die Meinungsfreiheit zu stark eingeschränkt. Die Plattform müsse «warm und einladend für alle» sein, schrieb Musk nun.

«Ich tat es, um der Menschheit zu helfen»

Er habe Twitter nicht gekauft, weil es einfach sein würde oder um mehr Geld zu machen, schrieb Musk. «Ich tat es, um der Menschheit zu helfen, die ich liebe», verkündete er. Und er gehe die Aufgabe mit Demut an – und im Bewusstsein, dass er trotz aller Bemühungen scheitern könne.

Musk begründete den Kauf stets mit dem Anliegen, die Redefreiheit zu stärken. Auch sagte Musk, er würde den nach lobenden Worten für seine gewalttätigen Anhänger verbannten Ex-Präsidenten Donald Trump wieder zurück auf die Plattform lassen. (sda/dpa)

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131 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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kleine_lesebrille
28.10.2022 06:36registriert Mai 2022
Nun wird Trump wieder auf Twitter seinen Schmarren zum Besten geben. Und Musk wird den blauen Vogel künftig noch stärker für seine ‘Missionen’ nutzen.
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D.Enk-Zettel
28.10.2022 06:56registriert Oktober 2021
Ein Grund mehr nicht auf Twitter zu sein.
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Majoras Maske
28.10.2022 06:50registriert Dezember 2016
Ich bin nicht überzeugt, dass das gut kommt.
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Trump-Putin-Gipfel: What the F***???
Das als historisch angekündigte Treffen hinterlässt eine ratlose Welt.
Mediziner pflegen den sogenannten hippokratischen Eid abzulegen. Er lautet: «Zuerst einmal nicht schaden.» Das war auch der innigste Wunsch der Europäer und der Ukrainer im Vorfeld des historischen Gipfels zwischen Donald Trump und Wladimir Putin. Zumindest dieses Ziel ist erreicht worden: Es gibt keinen Deal, und das bedeutet auch, dass es dem russischen Präsidenten nicht gelungen ist, seinen amerikanischen Amtskollegen einzuseifen und auf Kosten der Ukraine mit dem US-Präsidenten eine schäbige Vereinbarung zu treffen.
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