Die Ukraine schickt immer mehr Drohnen in Richtung Russland und der von Moskau besetzten Gebiete, wie die Krimhalbinsel. Sie richten zwar selten grossen Schaden an Personen und Gebäuden an, gerade nahe der russischen Hauptstadt werden viele von der Flugabwehr abgeschossen. Dennoch steckt hinter den Angriffen eine ausgefeilte Strategie, sagt ein Militärexperte.
In der Nacht zum Mittwoch hatte es massive Angriffe ukrainischer Drohnen auf Ziele im Westen Russlands gegeben, darunter in Pskow, einer Stadt, die nahe an Estland und Litauen liegt. Dort soll ein russisches Militärflugzeug beschädigt worden sein.
Auch Moskau soll erneut Ziel geworden sein. In der Nacht zum Donnerstag meldeten die russischen Besatzer auf der Krim, dass es einen Raketenangriff gegeben habe. Er sei abgewehrt worden, Trümmer hätten jedoch ein Feuer verursacht.
Ben Hodges, der einst die US-Truppen in Europa kommandierte, sieht die Drohnenattacken als Teil der ukrainischen Gegenoffensive. Nahe der Front machen Kiews Truppen derzeit nur kleinere Fortschritte und drängen russische Soldaten zurück. Aus den USA gab es zuletzt Kritik, dass die Rückeroberungen zu langsam gingen. Erschwert werden diese unter anderem von stark vermintem Gelände.
«Es ist wichtig zu bedenken, dass eine Gegenoffensive mehr ist als nur der Bodenangriff. Das war der offensichtlich sichtbarste Teil», erklärte Hodges dem US-Magazin «Newsweek». Angriffe auf russisches Staatsgebiet aus der Luft seien «strategische Bombardierungen». Das alles würde den Druck auf die Militärführung erhöhen. «Es gibt der Ukraine einen Vorteil.»
Und die Drohnenkampagne würde Verwundbarkeiten der russischen Flugabwehr offenbaren – auch der russischen Bevölkerung. Mehrmals wurden in Moskau nach Drohnenalarm bereits einige der Flughäfen gesperrt, Bewohnerinnen und Bewohner teilten Aufnahmen der aktiven Flugabwehr über der Hauptstadt.
Der psychologische Druck soll laut Hodges die Militärführung erreichen. Diese sei ohnehin schon geschwächt. «Sie haben keine kohärente Kommandostruktur. Sie hassen sich in der Führung, und die besten Kommandeure sind jetzt entweder tot oder im Gefängnis und die loyalsten bleiben trotz ihrer Inkompetenz im Amt», sagte Hodges über das russische Militär.
Auch innerhalb der russischen Öffentlichkeit zeigen die Angriffe Wirkung. In seiner TV-Show wetterte der russische Propagandist Wladimir Solowjow am Mittwoch: «Wenn wir nicht Drohnen abwehren können, wie wollen wir uns gegen F-16 wehren?» Es sei eine grosse Attacke gewesen. «Warum war das möglich?», fragte er, «das war sehr schlimm».
Er kritisierte heftig, dass es offenbar möglich gewesen sei, die Ziele auszukundschaften. Putins Mann für scharfe Worte sieht sogar innerhalb Russland Fragen über den Krieg aufkommen. «Da sind Artikel geschrieben worden, dass wir uns dem Westen ergeben sollen», kritisierte Solowjow – und verriet damit, gewollt oder ungewollt, dass es offenbar bereits eine öffentliche Diskussion über den Kriegsverlauf gibt.
Vladimir Solovyov was furious about Ukraine's latest drone attack. Blinded by rage, he revealed that Russian experts are urging the Kremlin to end this war and came close to admitting that Russia can't win with conventional weapons.https://t.co/YMSanFUYsd
— Julia Davis (@JuliaDavisNews) August 30, 2023
Hodges glaubt, dass die Drohnenattacke Früchte tragen wird – ebenso wie die am Boden befindliche Gegenoffensive. «Die Ukrainer sind beim Schutz von Informationen besser als alle anderen, die ich je gesehen habe, uns eingeschlossen. Sie sind sehr diszipliniert, wenn es um das geht, was wir ‹OpSec› nennen – operative Sicherheit», sagte Hodges.
«Wir wissen nicht genau, was vor sich geht, wer was macht und wie der Status in den verschiedenen Einheiten ist, und wir haben auch keinen Anspruch darauf» schätzt er die Lage ein. Beobachter würden Analysen verfassen, basierend darauf, was sie erwarten. Doch sie hätten kaum einen Einblick, was tatsächlich vorgeht.
Die Ukraine hält sich sehr bedeckt, was ihre Strategie angeht. Ab und an gibt es jedoch Hinweise. So sagte der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, vor wenigen Wochen, dass sich Moskau auf mehr Angriffe einstellen müsse – immer tiefer im Land. Auch für die Krim warnte er, dass jeder Teil der Halbinsel angegriffen werden könne.
Nach Recherchen der britischen BBC hat es in diesem Jahr bereits 190 Drohnenangriffe auf russisches Staatsgebiet und der besetzten Krimhalbinsel gegeben. Seedrohnen hätten nach ukrainischen Berichten nicht nur die Krimbrücke und russische Schiffe beschädigt, sondern auch Druck auf die Schwarzmeerflotte ausgeübt, die auf der Krim ihren Hafen hat.
Das sieht auch Militärexperte Hodges so: «Die Schwarzmeerflotte traut sich nicht näher als 100 Meilen* an die ukrainische Küste heran.» Und das, obwohl die Ukraine nicht einmal Kriegsschiffe habe. Dafür aber Seedrohnen – und diese werden mittlerweile in grossen Mengen produziert, heisst es aus Kiew.
* Hier ist nicht klar, ob das US-Längenmass Meilen oder das nautische Mass, also Seemeilen, gemeint ist. Je nachdem sind es 161 Kilometer oder gut 185 km.
(t-online/dsc)
1. Sich aus der Ukraine zurückzuziehen
2. Reparationszahlungen zu leisten
3. Internationale Verträge einzuhalten
4. IT Attacken auf westliche Demokratien einzustellen
5. Sich endlich um den nachhaltigen Aufbau der eigenen Wirtschaft und des eigenen Staates zu kümmern.
Genau! Die Karten offen auf den Tisch zu legen wäre die schlechteste Idee.
Aber die Nachrichten stimmen immer zuversichtlicher!
Slava Ukraini!
Es ist gut + richtig, dass die UA Armee nicht Hinz + Kunz über ihre Angriffe informiert.
Wenn Putinfreund Orban lauthals in den USA verkündet, dass RUS nicht zu besiegen wäre militärisch + sich schnellstmöglich Trump zurückwünscht, dann wissen wir alle, dass 1 UA Sieg absolut möglich ist.