Der vorerst letzte Streich gelang Scott Pruitt am Montag. Die von ihm geleitete Umweltbehörde EPA kündigte an, die von der Regierung Obamas erlassenen strengeren Verbrauchsregeln für Autos in den USA zu «überarbeiten». Die neuen Vorschriften sahen eine Verdoppelung der Treibstoffeffizienz bis 2025 vor. Diese Standards seien «zu hoch angesetzt», erklärte Pruitt.
Ein weiteres Mal erwies sich der oberste Umweltschützer der USA damit als Handlanger der Wirtschaft. Autohersteller und Ölindustrie hatten gegen die neuen Vorschriften lobbyiert. Seit seinem Amtsantritt als EPA-Chef vor einem Jahr hat sich der 49-jährige Scott Pruitt vor allem bemüht, die Umweltvorschriften aufzuweichen. Er unterstützte auch den von Präsident Donald Trump im letzten Juni angekündigten Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen.
Nun aber könnte der letzte Streich auch der allerletzte gewesen sein. Seit Tagen muss sich Pruitt gegen Korruptionsvorwürfe zur Wehr setzen. Der Fernsehsender ABC hatte enthüllt, dass der Umweltdirektor von der Ehefrau des Energielobbyisten Steven Hart eine Wohnung in Washington gemietet hat. Er zahlte 50 Dollar pro Nacht, und das nur dann, wenn er tatsächlich dort schlief.
Auf dem teuren Wohnungsmarkt der Hauptstadt ist dies ein Dumpingpreis. Hinzu kommen mögliche Interessenkonflikte, denn zu Harts Kunden gehören grosse Energiekonzerne wie Exxon Mobil. Weiter wird Scott Pruitt vorgeworfen, in seinem ersten Amtsjahr mehr als 150'000 Dollar für Erstklass- und Privatflüge ausgegeben zu haben. In diesem Fall läuft eine Untersuchung.
Damit nicht genug: Das Magazin «The Atlantic» berichtete am Dienstag, dass Pruitt zwei Mitarbeitern, die er von seinem früheren Job als Justizminister des Bundesstaats Oklahoma nach Washington mitgenommen hatte, eine saftige Lohnerhöhung gewähren wollte. Das Weisse Haus lehnte ab, doch der EPA-Chef fand ein Schlupfloch in einem Gesetz, das eigentlich für die Anstellung von Fachleuten gedacht ist, und erhöhte die Saläre in eigener Kompetenz.
Mit Experten hat Scott Pruitt ohnehin Mühe. Er betrachtet sie als Hindernis bei der Beseitigung lästiger Vorschriften. Dazu gehört auch Barack Obamas Klimaplan, den er rückgängig machen will. In letzter Zeit gab es wiederholt Berichte, wonach er den teilweise gesetzlich vorgeschriebenen Einfluss von Wissenschaftlern zurückbinden will.
Nun aber steckt er tief im Washingtoner Sumpf, den Donald Trump im Wahlkampf trockenlegen wollte. Mehrere Minister waren und sind wegen ihres Umgangs mit Steuergeldern unter Beschuss. Gesundheitsminister Tom Price musste deswegen zurücktreten, und auch Veteranenminister David Shulkin stolperte über eine vom Steuerzahler finanzierte Europareise.
Scott Pruitt könnte das nächste «Bauernopfer» in Trumps Chaos-Kabinett sein. Der Präsident unterstützte ihn am Dienstag vor Reportern eher lauwarm. Zwei Punkte sprechen laut Politico für seinen Verbleib: Seine Effizienz bei der Umsetzung von Trumps «America First»-Agenda und die Furcht vor einer langen Vakanz. Denn der EPA-Direktor muss vom Senat bestätigt werden.
Dort sind weitere gewichtige Personalien hängig: die neuen Aussen- und Veteranenminister sowie die neue CIA-Direktorin. Harte Auseinandersetzungen in diesen Fällen sind programmiert. Trotzdem könnte es für Scott Pruitt eng werden. Zwei republikanische Kongressabgeordnete aus Florida haben am Dienstag seinen Rücktritt gefordert.
Am Ende hängt sein Schicksal von Donald Trump ab, und der ist bekanntlich unberechenbar. Anzeichen sind vorhanden, dass Pruitt aufgrund der Negativschlagzeilen in Ungnade fallen könnte. Oder wie es ein hoher EPA-Mitarbeiter gegenüber «The Atlantic» ausdrückte: «Wir waren mal der Liebling des Präsidenten. Jetzt sind wir das Problemkind.»