Forschende der ETH Zürich haben die bisherigen Studien zur sogenannten «Erwärmungspause» analysiert, die teils zu gegensätzlichen Resultaten kamen. Die Widersprüche beruhen demnach auf der Verwendung unterschiedlicher Definitionen, Datensätze und Zeiträume. Ob es überhaupt eine Pause gab, ist inzwischen fraglich.
Zwischen 1998 und 2012 schien die globale Temperatur weniger zu steigen, als Klimamodelle es vorhersagten. Diese «Erwärmungspause» warf Fragen auf, wie gut das Klimasystem überhaupt verstanden ist – insbesondere die Abgrenzung von menschgemachtem Klimawandel und natürlichen Klimaschwankungen. Wissenschaftler haben sich dem Phänomen in Hunderten von Studien gewidmet.
Die Untersuchungen kamen jedoch zu teils widersprüchlichen Ergebnissen: Einige fanden Hinweise auf eine Pause der Erwärmung, andere zeigten nur eine Verlangsamung des Anstiegs der globalen Temperatur während des besagten Zeitraums. Einige Studien zeigten hingegen einen kaum gebrochenen Erwärmungstrend.
Ein Forscherteam der ETH Zürich um Iselin Medhaug und Reto Knutti hat in einem umfassenden Rückblick die wichtigen Studien zu dem Phänomen analysiert und die Gründe für die gegensätzlichen Schlussfolgerungen zusammengefasst. Davon berichten sie im Fachblatt «Nature».
«Die scheinbar widersprüchlichen Ergebnisse beruhen darauf, dass Wissenschaftler den gleichen Begriff gebrauchten, aber mit unterschiedlichen Definitionen, verschiedenen Datensätzen und sich auf leicht unterschiedliche Zeiträume bezogen», fasste Medhaug in einem Beitrag im Zukunftsblog der ETH Zürich, der am Donnerstag erscheint, die Ergebnisse der Analyse zusammen.
Obwohl Klimaskeptiker die Erwärmungspause in der Vergangenheit gerne als Beweis gegen den menschgemachten Klimawandel anführten: Die beobachtete Abweichung der globalen Temperaturen von den Klimaprognosen stelle die wissenschaftliche Erkenntnis, dass der Mensch Hauptverursacher des Klimawandels ist, nicht infrage, schreibt Medhaug.
Vielmehr stellten sich zuvor getroffene Annahmen zur Sonnenaktivität und der Häufigkeit von Vulkanausbrüchen, zwei Randbedingungen der Klimamodelle, als nicht exakt heraus. Wenn die tatsächlich beobachtete Sonnenaktivität und Konzentration der atmosphärische Partikel aus Vulkanausbrüchen als Randbedingungen der Modelle verwendet werden, seien Beobachtung und Modellsimulationen für die Zeit zwischen 1998 und 2012 überraschend konsistent, so Medhaug.
Die künftige Sonnenaktivität und Vulkanausbrüche liessen sich nicht vorhersagen, weshalb man Annahmen treffen müsse, führte Studienautor Erich Fischer von der ETH Zürich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur SDA aus. Das erschwere insbesondere die Simulation von Klimaschwankungen auf relativ kurzen Zeiträumen.
Ausserdem unterstreichen Medhaug und ihre Kollegen im Artikel das bekannte Problem von Lücken in Temperaturdatensätzen, also Regionen mit wenigen oder ganz fehlenden Daten. So fehlte beispielsweise die Arktis in einem globalen Temperaturdatensatz, aus dem die Erwärmungspause abgeleitet wurde, erklärte Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimaforschung, der nicht an der Übersichtsarbeit beteiligt war.
Die Arktis erwärmte sich aber in den vergangenen 20 Jahren dreimal so schnell wie der Rest der Erde. «In besseren Daten der NASA GISS war kaum etwas von einer Verlangsamung zu sehen», so Rahmstorf. Er hatte bereits 2008 und 2009 in Beiträgen im «RealClimate»-Blog auf das Datenloch und den dadurch entstehenden Anschein einer Erwärmungspause hingewiesen.
Spätestens mit den globalen Temperaturrekorden von 2014, 2015 und 2016 ist die Diskussion um die Erwärmungspause abgeflaut. Jetzt, wo die wissenschaftlichen Erklärungen auf dem Tisch lägen, sei das öffentliche Interesse verschwunden, kommentiert Medhaug. Die Medien und die Öffentlichkeit verlangten oft nach schnellen Erklärungen, der wissenschaftliche Prozess, um ein Verständnis für Naturphänomene zu entwickeln, brauche jedoch Zeit.
Die Erwärmungspause habe sich als «Sturm im Wasserglas» entpuppt, schliesst die Forscherin. Die Definition wandelte sich von «keine Erwärmung», zu «signifikant langsamere Erwärmung» oder einer «geringeren Erwärmung als von Modellen vorhergesagt». Selbst für eine solch abgemilderte «Pause» gebe es nur noch wenig wissenschaftliche Beweise. (sda)