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Donald Trump: Genius-Act hilft Stablecoins und Dollar als Weltwährung

Der ärgste Feind der Banken ist plötzlich da – Trumps Stablecoins

Stablecoins sind Donald Trumps bevorzugte Waffe, um die Hegemonie des Dollars auch langfristig zu sichern. Auch die Schweiz muss eine Antwort darauf finden.
08.10.2025, 21:1408.10.2025, 21:14
Daniel Zulauf / ch media

Libra hätte eine digitale Weltwährung werden sollen. Die Währung von Facebook, die so den Zahlungsverkehr im globalen Internethandel zu erobern hoffte. Doch vor vier Jahren scheiterte das Projekt endgültig am Widerstand der amerikanischen Regierung und der Notenbank. Libra wäre ein sogenannter Stablecoin geworden. Das ist so etwas wie eine virtuelle Münze, die nicht von einer Notenbank, sondern von einem privaten Emittenten herausgegeben wird. Die Bezeichnung «Stable» steht für das Versprechen, dass jeder Coin zu 100 Prozent mit werthaltigen und liquiden Aktiven wie Cash oder Staatsanleihen gedeckt wird.

President Donald Trump, center, surrounded by House Majority Whip Tom Emmer, R-Minn., from left, Rep. Bryan Steil, R-Wis., Vice President JD Vance, Sen. Bill Hagerty, R-Tenn., and Commerce Secretary H ...
Donald Trump hält den Genius Act in Händen, mit dessen Hilfe die USA die Hegemonie des Dollar verteidigen wollen.Bild: keystone

Libra scheiterte gemäss gängiger These, weil Facebook den politischen Entscheidern in Washington, unter ihnen der alte und neue Präsident Donald Trump, zu mächtig erschienen war. Trotzdem sind seither weltweit verschiedene private «Währungen» entstanden. Ihr verbindendes Element ist, dass fast alle in irgendeiner Form an den US-Dollar gebunden sind, obschon nur etwa jede fünfte Transaktion in den USA stattfindet. Stablecoins werden vor allem im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr eingesetzt. Als Kryptowährung können Stablecoins unabhängig von einer Bank oder einem gängigen Zahlungsverkehrs-System übertragen werden. Das ist billiger und weniger kontrolliert.

Genius Act: Nicht ganz so genial

Noch sind Stablecoins eine Randerscheinung im globalen Finanzsystem. Die US-Notenbank schätzt, dass sich die Menge der derzeit ausgegebenen Stablecoins auf insgesamt 280 Milliarden Dollar beläuft. Das ist im Vergleich zur Umlaufmenge herkömmlichen Notenbankgeldes ein Bruchteil. Doch die US-Notenbank schätzt auch, dass sich die Menge an Stablecoins in den kommenden drei Jahren verachtfachen und in fünf Jahren verfünfzehnfachen wird.

Offensichtlich ist US-Präsident Donald Trump entschlossen, dieses Wachstum zum Vorteil des Dollar zu nutzen. Sein Finanzminister Scott Bessent sagte im März: «Wir werden dafür sorgen, dass die Vereinigten Staaten die dominante Reservewährung der Welt behalten, und wir werden Stablecoins benutzen, um das zu tun.» Im Juli hat Trump dann den Genius Act (Guiding and Establishing National Innovation for US Stablecoins) in Kraft gesetzt.

Das Gesetz verlangt, dass die Coins zu 100 Prozent durch US-Dollar oder durch kurzlaufende, liquide amerikanische Staatsanleihen unterlegt werden müssen. Zudem definiert das Gesetz Stablecoins nicht mehr als digitale Vermögenswerte, sondern als Zahlungslösungen, womit die Aufsicht über die Stablecoins von der US-Wertpapieraufsicht SEC zu dem mutmasslich weniger strengen Office of the Controller of the Currency wandert.

President Donald Trump holds up the GENIUS Act, a bill that regulates stablecoins, a type of cryptocurrency, after he signs the bill in the East Room of the White House, Friday, July 18, 2025, in Wash ...
Donald Trump zeigt den Genius Act, mit dessen Hilfe die USA die Hegemonie des Dollar verteidigen wollen.Bild: keystone

Ein zentrales Problem von Stablecoins besteht darin, dass diese die Banken als Hort für Spareinlagen konkurrenzieren können. Weil Spareinlagen und andere Depositen die Grundlage für die Geldschöpfung von Kreditinstituten darstellen, könnte der Abfluss bzw. die Verknappung von Bankdepositen das klassische Kreditgeschäft der Banken einschränken und somit die ganze Wirtschaft einem Liquiditätsrisiko aussetzen.

Um die Attraktivität von Stablecoins als Wertaufbewahrungsmittel einzugrenzen, dürfen Guthaben in Stablecoins nicht verzinst werden. Aber es gibt Umgehungsmöglichkeiten. Gewisse Plattformen, auf denen Krypto-Währungen gehortet werden können, bieten Zinsen, die deutlich über den Einlagensätzen der Banken liegen. Der Genius Act gebietet diesem Tun keinen Einhalt.

Deshalb sieht die Bank of England zumindest vorübergehend die Notwendigkeit, Halteobergrenzen für Stablecoins einzuführen. So will sie die Finanzstabilität gewährleisten. Die Rede ist von Obergrenzen in der Höhe von 10'000 bis 20'000 Pfund für Private und von 10 Millionen Pfund für Unternehmen und Grossanleger.

Schweizer Stablecoin-Gesetz

Auch die Schweiz wälzt Pläne, wie sie künftig regulatorisch mit Stablecoins verfahren will. Das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen arbeitet an einer Gesetzesvorlage, die voraussichtlich im Oktober in die Vernehmlassung kommen wird. Die Schweiz soll als Standort für die Emission von Stablecoins international wieder konkurrenzfähig werden. Seitdem die Finanzmarktaufsicht (Finma) von Stablecoin-Emittenten eine Banklizenz verlangt und diese die Käufer der Coins einer systematischen Identitätsüberprüfung zwecks Geldwäscherei-Prävention unterziehen müssen, ist die Schweiz definitiv kein attraktiver Emissionsstandort mehr.

Dass die Schweiz ein Gesetz nach dem Vorbild des Genius Act schaffen wird, wie manche Beobachter glauben, ist aber unwahrscheinlich. Tatsächlich gibt es hierzulande keine strategische Notwendigkeit, welche die Schaffung eines solchen Gesetzes nötig machen würde. Der elektronische, QR-Code-basierte Zahlungsverkehr in der Schweiz ist mit führenden Anbietern wie Twint hochgradig effizient. Und natürlich hat die Schweiz keine Ambitionen, den Franken zur Weltwährung zu machen. Es liegt im Gegenteil nicht im Interesse des Landes, der Schaffung digitaler Zwillinge des Franken Vorschub zu leisten und so die weltweite Nachfrage nach Franken zusätzlich anzuheizen.

Trotzdem besteht im Prinzip die Möglichkeit, dass Stablecoins dereinst auch hierzulande zu einem beliebten Zahlungsmittel werden. Für die hiesigen Banken würde der Konkurrent das Geld der Sparer dann zu einer realen Bedrohung. Deshalb sind die Schweizer Banken nun vorsorglich daran, ein Abwehrdispositiv in der Form eines Gegenentwurfs zum Stablecoin zu schaffen. Das Ding, das UBS, Postfinance und die Sygnum Bank unter dem Dach der Bankiervereinigung entwickeln, heisst Swiss Bank Deposit Token.

Selbsthilfe der Schweizer Banken

Der mysteriös klingende Name beschreibt eine Art Kryptowährung, die auf dem herkömmlichen Buchgeld aufsetzt, das Banken durch die Vergabe von Krediten schaffen, und das die Sparer auf ihren gewöhnlichen Bankkonti horten. Mit dem Swiss Bank Deposit Token können Zahlungen in Echtzeit direkt zwischen den Parteien ausgeführt und über eine dezentrale Datenbank, eine sogenannte Blockchain, abgewickelt werden. So funktioniert technisch auch ein Stablecoin. Aber Stablecoins sind eben im besten Fall nur exakte, digitale Kopien von Notenbankmünzen. Der Token der Schweizer Banken ist Buchgeld, das vom Bankensystem im Zusammenspiel Kreditnehmer, Sparern und der Notenbank geschaffen wird. Einen ersten Test unter Laborbedingungen, hat der Swiss Bank Deposit Token jüngst bestanden, wie die Bankiervereinigung mitteilte. Marktreif werde das System aber erst in drei bis fünf Jahren sein.

Derweil denkt man bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt über eine «strategische Antwort» auf Trumps Hegemonialanspruch im globalen Währungsraum nach. Im Oktober will die EZB über den Stand der Entwicklung eines digitalen Euro informieren. Dabei handelt es sich nicht um einen Stablecoin, sondern um Geld, das die Notenbank in digitaler Form für Zahlungen im Euroraum verfügbar machen will. Das Projekt sei unter dem Eindruck der jüngsten Entwicklungen in den USA beschleunigt worden, heisst es.

epa12245960 US President Donald J. Trump (sitting) signs the bill the cryptocurrency legislation Genius Act in the East Room of the White House in Washington, DC, USA, 18 July 2025. EPA/FRANCIS CHUNG  ...
Donald Trump unterschreibt den Genius Act, der eigentlich Guiding and Establishing National Innovation for US Stablecoins Act heisst.Bild: keystone

Doch digitales Notenbankgeld birgt ähnliche Risiken wie Stablecoins. Wer den digitalen Euro hält, besitzt nicht mehr ein Bankguthaben, das eine Forderung gegenüber einer gewöhnlichen Geschäftsbank darstellt. Vielmehr stellt der E-Euro eine direkte Forderung gegenüber der EZB dar. Es ist, als ob man das Geld auf ein Konto der EZB legen könnte.  Einen sichereren Ort zum Sparen gibt es nicht.

Und diese Sicherheit ist das Problem. Horten die Sparer ihr Geld nicht mehr auf dem Bankkonto, sondern bei der EZB, verlieren die Banken die Möglichkeit, Buchgeld zu schöpfen und damit Kredite zu vergeben. Das Finanzsystem fällt auseinander. Darum ist der digitale Franken für Jederman für die Schweizerische Nationalbank tabu. Und bis vor Kurzem war das auch bei der EZB der Fall. Nun aber soll der digitale Euro unter den neuen Gegebenheiten doch möglich werden. Angedacht ist aus besagten Gründen aber eine Haltebeschränkung für Private im Bereich von 3000 Euro bis 5000 Euro.

Als Antwort auf Stablecoins und die Dollar-Hegemonie im digitalen Währungsraum sei der digitale Euro allerdings untauglich, sagen Kritiker. Dieser sei als Zahlungsinstrument nur innerhalb des Euroraums zu gebrauchen und im Wettbewerb mit dem Stablecoin nicht konkurrenzfähig. Im Oktober will die EZB über ihre Pläne mit dem digitalen Euro informieren. Man darf gespannt sein.

Die Schweiz kann den Vorgängen wenigstens im Moment relativ gelassen zuschauen. Das wäre vielleicht anders herausgekommen, wenn die von der Finma in Absprache mit Regulatoren auf der ganzen Welt vorbereitete Zulassung von Libra nicht am Einspruch des amerikanischen Finanzministeriums gescheitert wäre.

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Die beliebtesten Kommentare
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Boomer & Boomer GmbH.
08.10.2025 23:51registriert Juli 2019
"...das Versprechen, dass jeder Coin zu 100 Prozent mit werthaltigen und liquiden Aktiven wie Cash oder Staatsanleihen gedeckt wird."

You dream du!
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Lace
08.10.2025 23:50registriert Mai 2018
Kann jemand in 600 Zeichen erklären wie das für mich Sinnvoll sein könnte?
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Matthiah Süppi
08.10.2025 23:55registriert Mai 2015
Ich verstehe nur Bahnhof. Kann das jemand einfacher erklären?
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