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ESC wegen Gaza vor Zerreissprobe: Das Wichtigste in 5 Punkten

epa11329358 Protesters hold a banner during the 'Stop Israel' demonstration between Stortorget and Molleplatsen in Malmo, Sweden, 09 May 2024. Organizers expect thousands to participant in t ...
Proteste gegen die Teilnahme Israels am ESC in Schweden.Bild: keystone
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ESC wegen Gaza vor Zerreissprobe: Das Wichtigste in 5 Punkten

16.09.2025, 17:2316.09.2025, 17:29
christof Bock, Emilio Rappold / dpa

Im Streit um die Teilnahme Israels steht der Eurovision Song Contest (ESC) vor der wohl grössten Zerreissprobe seiner bald 70-jährigen Geschichte.

Seit Monaten brodelt es unter den Teilnehmern des Wettbewerbs. Nun hat Spaniens Sender als einer der fünf wichtigsten Geldgeber mit Absage gedroht, sollte Israel einen Beitrag zum ESC 2026 entsenden. Zuvor hatte es Boykott-Ankündigungen aus Irland, den Niederlanden und Slowenien gegeben.

Worum geht es?

Seit längerem kursieren in mehreren Teilnehmerländern Forderungen nach einem Ausschluss Israels. Hintergrund ist der Krieg im Gazastreifen. Auslöser des Krieges war der Terrorüberfall der Hamas am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1'200 Menschen in Israel getötet und mehr als 250 weitere in den Gazastreifen verschleppt worden waren, darunter auch Kinder.

Seither sind nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums mindestens 64'900 Palästinenser im Küstengebiet getötet worden, darunter zahlreiche Frauen und Kinder. Deswegen gab es bei den ESC-Wettbewerben in Malmö 2024 und Basel 2025 Demonstrationen. Das Gesundheitsministerium differenziert nicht zwischen Bewaffneten und Zivilisten. Die UN haben diese Angaben als glaubhaft eingestuft.

Wie argumentieren die Kritiker Israels?

Ein immer wieder vorgebrachtes Argument ist der Vergleich zu Russland. Nach dem Einmarsch in die Ukraine ist das Land von den Eurovision Song Contest in Turin 2022 ausgeschlossen und seither nicht mehr zurück in den Kreis der Teilnehmerländer aufgenommen worden. «Wir dürfen keine doppelten Standards in der Kultur zulassen», sagte zum Beispiel Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez mit Blick auf Israel und Russland.

«Wir dürfen keine doppelten Standards in der Kultur zulassen.»
Pedro Sánchez

Warum wollen die Veranstalter Israel nicht ausschliessen?

Die Veranstalter, die Europäische Rundfunk-Union (EBU) in Genf, betrachten den ESC als unpolitisches künstlerisches Ereignis. Entscheidender noch ist aber nach Erläuterung von EBU-Generaldirektor Noel Curran, dass der ESC «kein Wettbewerb zwischen Regierungen» sei.

Die EBU beurteilt also nicht die politischen Handlungen der Teilnehmerländer, sondern die Unabhängigkeit ihrer Rundfunkanstalten, die dann die Künstlerinnen und Künstler entsenden. Der israelische Kan-Sender werde diesen Anforderungen gerecht. Das russische Fernsehen hingegen stehe dem kriegführenden russischen Staat zu nahe.

epa12111004 Supporters of Spain watch a broadcast in the Eurovision Village during the grand final of the 69th Eurovision Song Contest (ESC) in Basel, Switzerland, 17 May 2025. EPA/PETER SCHNEIDER
Spanien ist eine der grossen fünf ESC-Nationen.Bild: keystone

Warum wiegt Spaniens Absage so schwer?

Die Zahl der Teilnehmerländer variiert beim ESC jedes Jahr. Die EBU könnte also theoretisch gelassen reagieren, solange es bei einzelnen Absagen bleibt. Allerdings tobt die Debatte in mehreren Ländern.

Zudem hat sich der Eurovision Song Contest seit den Anfängen 1956 zu einem der kostspieligsten Live-Events Europas entwickelt. Neben den Ausrichtern vor Ort übernehmen die ESC-Nationen Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien und Spanien einen Löwenanteil der Kosten. Sie bilden die «Big Five», deren Sängerinnen und Sänger seit vielen Jahren jedes Mal automatisch für das Finale gesetzt sind.

Wie könnte eine Lösung aussehen?

Wie der Konflikt beizulegen ist, zeichnet sich bisher nicht ab. Immer wieder ist von den Verhandlungen die Rede, die die EBU noch bis Dezember mit Israel-kritischen Teilnehmerländern führen will, zu denen etwa auch Island und Belgien gehören. Anfang dieser Woche liess ein Bericht des israelischen Portals «ynet» die ESC-Gemeinde aufhorchen. Angeblich habe man inoffiziell den Israelis zwei Szenarien vorgeschlagen: Ein Jahr aussetzen, in der Hoffnung, dass der Krieg 2027 vorbei ist. Oder ein Auftritt in Wien mit einer neutralen Flagge.

ESC Arena Plus: Übertragung der Liveshow in die Arena. And the winner is … JJ für Österreich.
Der ESC in Basel.Bild: Kenneth Nars

Es folgte ein scharfes Dementi aus Genf: «Die EBU hat (dem israelischen Sender) Kan keinerlei Vorschläge mit Blick auf ihre Teilnahme beim nächsten ESC gemacht. Die Beratungen im grossen Kreis unserer Mitglieder laufen weiterhin. Bevor dieser Prozess nicht abgeschlossen ist, wird keine Entscheidung fallen», so die EBU. (sda/dpa)

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