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Frankreich

Sarkozy zu Haft verurteilt - Jetzt muss auch Marie Le Pen zittern

Sarkozy in Haft: Jetzt muss auch Le Pen zittern

Die bevorstehende Inhaftierung von Ex-Präsident Sarkozy lässt die französische Politik erbeben. Auch Marine Le Pen wankt.
26.09.2025, 20:45
Stefan Brändle, Paris / ch media

Frankreich muss sich zuerst noch an die Idee gewöhnen: Ein ehemaliger Staatschef, einer dieser allmächtigen Wahlmonarchen und Landesväter der Fünften Republik, wird in wenigen Tagen hinter Schloss und Riegel kommen. Fünf Jahre soll Nicolas Sarkozy (70) nach seiner Verurteilung in der «Libyen-Connection» im Pariser Stadtgefängnis Santé absitzen.

epa12376846 Marine Le Pen, President of France's right-wing party Rassemblement National (RN) speaks at a party meeting in Bordeaux, France, 14 September 2025. The RN is preparing ahead of France ...
Marine Le Pen Mitte September in Bordeaux.Bild: keystone

Vielen Franzosen ist erst am Freitag aufgegangen, was das bedeutet. Wird der Ex-Präsident von 2007 bis 2012 in Haft eine Sonderbehandlung erhalten oder muss er die Zelle und den Gefängnishof mit gemeinen Mördern und Vergewaltigern teilen? Wird der langjährige Strippenzieher der bürgerlichen Rechten über ein Handy verfügen? Solche Fragen stellte das Publikum am Freitag in den Talkshows der Pariser Livesender, ohne genaue Antworten zu erhalten.

Die Linke lässt es sich nicht nehmen, maliziös an Sarkozys frühere Rufe nach einer Verschärfung des Strafrechts für Banlieue-Kriminelle zu erinnern. Die konservativen, von Sarkozy 2015 gegründeten Républicains schimpfen dagegen über ein «Urteil ohne Beweise».

Die Rechtspopulistin Marine Le Pen übt heftige Kritik an der sofortigen Inhaftierung Sarkozys infolge der «exécution provisoire». Dieser relativ neue Justizmechanismus annulliert sogar die aufschiebende Wirkung eines Berufungsprozesses. Le Pen ist aber selber wegen Veruntreuung von EU-Parlamentssalären verurteilt; ihr droht der Verlust der Wählbarkeit, wenn die «exécution provisoire» auch bei ihr angewendet wird. Immer klarer zeichnet sich ab, dass die Rechtsnationale damit nicht an den Präsidentschaftswahlen 2027 antreten könnte, wo sie als Favoritin gilt.

FILE - Former French President Nicolas Sarkozy leaves after a Paris court sentenced him to 5 years after finding him guilty of criminal conspiracy in an alleged scheme to finance his 2007 campaign wit ...
Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt.Bild: keystone

Die Infragestellung ihrer zwei Hauptfiguren Sarkozy und Le Pen zwingt die gesamte französische Rechte zu einem Neustart. Das beinhalte sogar die Möglichkeit einer «Union der Rechten», schätzte am Freitag das Onlinemagazin Mediapart, das Sarkozys Libyen-Affäre enthüllt hatte.

Sarkozy lehnte eine solche Union zwischen Republikanern und Rechtspopulisten – in Deutschland entspräche dies in etwa einer Annäherung von CDU und AfD – bisher kategorisch ab. Mit Le Pens aufstrebendem Ersatzmann Jordan Bardella verstand er sich hingegen kürzlich sehr gut.

Der Abgang Sarkozys könnte deshalb die ohnehin bröckelnde Brandmauer in Frankreich mittelfristig noch ganz zum Einsturz bringen. Zumindest, wenn auch Le Pen ausfallen sollte. (aargauerzeitung.ch)

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quelle: epa / tim brakemeier
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23 Kommentare
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Matthiah Süppi
26.09.2025 21:48registriert Mai 2015
Stellt es nicht so dar, als wäre es politisch motiviert. Die Justiz in Frankreich ist unabhängig und Sarkozy hat nunmal ausreichend Dreck am Stecken.
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Fisherman
26.09.2025 22:49registriert Januar 2019
Warum haben extrem Rechte, Rechtslibertäre und Rechtsextreme immer das Gefühl, Gesetze gelten für sie nicht. Und wenn es dann endlich mal zu einer Verurteilung kommt, dann wird geweint. Unglaublich.
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Tante Karla
26.09.2025 22:11registriert März 2024
Rechtsgleichheit ist einer der wichtigsten Werte überhaupt. Gerade in Frankreich.
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