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Gleichstellung

Weltfrauentag 2024: Darum feiern wir am 8. März die Frauen

Wieso wir den Weltfrauentag am 8. März feiern – und es ihn immer noch braucht

08.03.2024, 08:15
Lara Knuchel
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Bleibt die Welt bei den aktuellen Bemühungen um eine Gleichstellung der Geschlechter, wird es über hundert Jahre dauern, bis diese vollständig erreicht ist. Zu diesem Schluss kommt der Global Gender Gap Report, der jährlich vom World Economic Forum (WEF) durchgeführt wird.

Am heutigen 8. März soll auf Umstände wie diese hingewiesen werden – aber nicht nur. Was wir genau feiern, warum und wie der 8. März vor über 100 Jahren als Weltfrauentag festgelegt wurde, erfahrt ihr hier:

Warum braucht es sowas wie den Weltfrauentag noch?

Gemäss dem zitierten Global Gender Gap Report ist der globale sogenannte Gender Gap (Lücke der Geschlechter) derzeit zu 68 Prozent geschlossen – bei 100 Prozent wäre eine Gleichstellung erreicht.

«Die über Jahrzehnte erzielten Fortschritte verschwinden vor unseren Augen.»
António Guterres

UNO-Generalsekretär António Guterres befürchtet sogar, dieses Bestreben könnte noch über 300 Jahre andauern. Guterres warnte kurz vor dem Weltfrauentag, die Gleichstellung zwischen Frauen und Männern rücke «derzeit in immer weitere Ferne».

«Die über Jahrzehnte erzielten Fortschritte verschwinden vor unseren Augen», sagte der UNO-Generalsekretär 2023 in einer Rede anlässlich des Weltfrauentags. Wir befänden uns in einer Zeit, in der «das Patriarchat zurückschlägt»; Frauenrechte würden auf der ganzen Welt «geschmäht, bedroht und verletzt».

Tatsächlich hat der Graben zwischen den Geschlechtern insbesondere durch die Coronapandemie wieder massiv zugenommen. Das bestätigt auch das WEF in seinen jährlichen Berichten. Aber nicht nur die Pandemie, auch autoritäre Tendenzen – Stichwort Afghanistan oder Iran – sowie Konflikte schaden der globalen Gleichstellung; die Müttersterblichkeit nimmt wieder zu und Frauen werden erneut von Bildung ferngehalten. Guterres sagt: «Von der Ukraine bis zum Sahel sind Frauen und Mädchen durch Krisen und Konflikte zuerst und am schlimmsten betroffen.»

Was feiern wir am Weltfrauentag?

Eine Frau mit der Aufschrift GEWALT IST NIE PRIVAT auf ihrem Schirm nimmt teil am Frauenstreik in Basel, am Dienstag, 14. Juni 2022. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
Bild: keystone

Der Internationale Frauentag wird seit über hundert Jahren in vielen Ländern der Welt zelebriert. Die Vereinten Nationen beschreiben den Tag so:

«Es ist ein Tag, an dem Frauen für ihre Leistungen gewürdigt werden – ohne Rücksicht auf nationale, ethnische, sprachliche, kulturelle, wirtschaftliche oder politische Unterschiede.»
Vereinte Nationen

Weltweit schliessen sich Gruppen und Einzelpersonen zusammen, um die Förderung von Frauen zu feiern und zu unterstützen. Jedes Jahr am 8. März nehmen sie den Tag zum Anlass, um ...

  • ... die Errungenschaften von Frauen zu feiern.
  • ... Aufklärung und Bewusstseinsbildung für die Gleichstellung von Frauen zu betreiben.
  • ... zu positiven Veränderungen aufzurufen, die Frauen voranbringen sollen.
  • ... für eine beschleunigte Geschlechterparität zu lobbyieren.
  • ... für Wohltätigkeitsorganisationen, die sich für Frauen einsetzen, zu sammeln.
Transparenzhinweis
Dieser Artikel erschien bereits 2023. Aus aktuellem Anlass haben wir ihn überarbeitet und neu publiziert.

Wieso wird der Weltfrauentag am 8. März gefeiert?

Der erste nationale Frauentag wurde in den USA ins Leben gerufen – am 28. Februar 1909. Die Sozialistische Partei (Socialist Party of America) bestimmte diesen Tag zu Ehren eines Streiks von Näherinnen in New York ein Jahr zuvor. Die Frauen hatten gegen die Arbeitsbedingungen protestiert.

Der Tag wurde als Erfolg gefeiert, vor allem weil sich auch bürgerliche Frauenrechtlerinnen (Suffragetten) den Sozialistinnen anschlossen. Die Proteste inspirierten in Übersee die deutsche Sozialistin Clara Zetkin, die im Jahr darauf auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen die Einführung eines internationalen Frauentages vorschlug.

(Eingeschränkte Rechte für bestimmte redaktionelle Kunden in Deutschland. Limited rights for specific editorial clients in Germany.) Clara Zetkin*05.07.1857-20.06.1933+ Politikerin, SPD / KPD, D- sitz ...
Clara Zetkin nach der Rückkehr von einer Reise in die Sowjetunion. Sie gilt heute als eine der Begründerinnen des Weltfrauentags. Bild: ullstein bild

1911 wurde als Folge in einer Reihe von europäischen Ländern, auch in der Schweiz, ein Tag für Frauen gefeiert. Zunächst aber am 19. März, um der Revolutionen von 1848 zu gedenken. Neben dem Wahlrecht und dem Recht, öffentliche Ämter zu bekleiden, forderten die Frauen das Recht auf Arbeit, auf Berufsausbildung und ein Ende der Diskriminierung am Arbeitsplatz.

Der Internationale Frauentag wurde aber auch zu einem Mittel des Protests gegen den Ersten Weltkrieg. 1917 begingen als Teil der Friedensbewegung russische Frauen am letzten Sonntag im Februar ihren ersten Internationalen Frauentag. Weil aber in Russland damals noch der Julianische Kalender galt, fiel dieser 23. Februar im restlichen Europa auf den 8. März.

Demonstration in Teatralny Proyezd (Moscow) during the February Revolution. Photo by A. Savelyev.. (Photo by: Universal History Archive/Universal Images Group via Getty Images)
Die Februarrevolution in Moskau 1917. Bild: Getty images

Vor dem Hintergrund des Krieges und der über zwei Millionen Toten entschieden sich die Frauen in Russland am letzten Sonntag im Februar (nach dem Gregorianischen Kalender der 8. März) für Proteste und Streiks – für «Brot und Frieden». Vier Tage später dankte der Zar ab und die provisorische Regierung gewährte den Frauen das Wahlrecht. Der Tag löste also unter anderem die Februarrevolution in Russland aus – und besiegelte den 8. März als internationalen Tag der Frau.

In anderen europäischen Ländern fanden um den 8. März des folgenden Jahres dann ebenfalls Kundgebungen statt, um gegen den Krieg zu protestieren oder die Solidarität mit den russischen Aktivistinnen und Aktivisten zu bekunden.

Wie feiert man am 8. März weltweit?

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In Italien ist die Mimose das Symbol für den Weltfrauentag.Bild: wikicommons

In einigen Ländern ist der internationale Frauentag sogar ein offizieller Feiertag. Dazu gehören gemäss der Plattform internationalwomensday.com: Armenien, Belarus, Burkina Faso, Kambodscha, China (nur für Frauen in Staatsbetrieben), Kuba, Eritrea, Kasachstan, Kirgistan, Laos, Madagaskar (nur für Frauen), Mongolei, Nepal (nur für Frauen), Russland, Tadschikistan, Uganda, Ukraine, Vietnam und Sambia. 2019 führte das deutsche Bundesland Berlin – als erste Verwaltungseinheit in der EU – den 8. März als gesetzlichen Feiertag ein. Mittlerweile hat auch Mecklenburg-Vorpommern nachgezogen.

Viele Gruppen seien allerdings der Meinung, dass der 8. März kein gesetzlicher Feiertag sein soll, so internationalwomensday.com. Die Idee: Der Weltfrauentag sei ein Tag des Aktivismus. So biete er eine wesentliche und vor allem sichtbare Gelegenheit, etwas zu bewirken.

A woman with text written on her chest that reads in Spanish reading "If you touch one of us, you touch us all," attends a demonstration to commemorate International Women's Day in Buen ...
Eine Frau protestiert am 8. März 2018 in Buenos Aires, Argentinien. Bild: AP/AP

Unabhängig davon, ob der Tag ein offizieller Feiertag ist oder nicht, wird der 8. März weltweit unterschiedlich gefeiert. Einige Beispiele:

  • In Italien geniessen Frauen am 8. März vielerorts freien Eintritt – in Museen, Discos oder diversen Lokalen. Ausserdem feiert man die Frauen im ganzen Land mit der Schenkung einer Mimose. Die gelbe Blume gilt dort als Symbol des Frauentags.
  • In Südamerika, vor allem in Chile und Argentinien, gibt es seit einigen Jahren grosse Märsche mit oft über Hunderttausenden Teilnehmenden. Dabei wird oft auch gegen sexualisierte Gewalt an Frauen protestiert. Das Besondere dort: Viele Menschen tragen grüne Einstecktücher oder Halstücher. Sie stehen allgemein in Lateinamerika als Symbol für die reproduktiven Rechte der Frauen.
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347 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Rethinking
08.03.2023 06:14registriert Oktober 2018
«Von der Ukraine bis zum Sahel sind Frauen und Mädchen durch Krisen und Konflikte zuerst und am schlimmsten betroffen.»

Umgekehrt können insbesondere Frauen und Kinder vom Krieg flüchten, währendem die Männer dort bleiben und kämpfen müssen…

Hört niemand gern, ist aber so…
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Aloha Girl with Akitas
08.03.2023 07:28registriert Dezember 2021
Mit Religionen wird das Ziel nie erreicht werden.
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Bruno Wüthrich
08.03.2023 08:56registriert August 2014
Dass die Frauen weltweit gesehen noch viel aufzuholen haben, wagt wahrscheinlich niemand ernsthaft zu bestreiten. Und es ist ja schön, wenn man sich auch tatsächlich weltweit für die Frauen einsetzt.

Aber so, wie sich die Situation aktuell darstellt, müssten wir die Frauen in der westlichen Welt massiv übervorteilen, wenn wir - im Durchschnitt gerechnet - weltweit eine Gleichstellung suggerieren möchten.

Mit anderen Worten. Wenn wir über die Gleichstellung der Frauen in der Schweiz sprechen, ist das ein völlig anderes Thema als wenn wir das Gleiche weltweit tun. Aber wirklich völlig anders!
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