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Warum Männer mit den vielen Verkehrstoten in Saudi-Arabien rein gar nichts zu tun haben 

Warum Männer mit den vielen Verkehrstoten in Saudi-Arabien rein gar nichts zu tun haben 

«Frau am Steuer, das wird teuer», lautet die Chauvi-Parole der Schenkelklopfer-Fraktion. In Saudi-Arabien müsste es heissen: «Mann am Lenker, Menschen-Henker!»
06.01.2016, 19:5407.01.2016, 09:02
Philipp Dahm
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Prolog

Der Mann – unendliche Überlegenheit. Wir befinden uns in der Gegenwart in Saudi-Arabien. Dies sind die Abenteuer des furchtbar starken Geschlechts, das viele Lichtjahre von der Vernunft entfernt unterwegs ist, um staubige Strassen zu befahren, gern mal aufs Gaspedal zu treten und nicht so gern auf die Bremse. Der Saudi dringt dabei in Unfallstatistiken vor, die nie eine Frau erreichen wird.

Wieso? Nirgendwo auf unserem Planeten sterben so viele junge Menschen auf der Strasse, hat eine Studie ergeben. Grund genug sich anzugucken, wer da eigentlich hinter dem Lenkrad sitzt.

1. Akt: Warum Frauen in Saudi-Arabien kein Auto lenken dürfen

Seit Appenzell Innerrhoden 1990 das Wahlrecht für Frauen einführen musste, ist es an Saudi-Arabien, dem Mann die Stange zu halten. Hier ist die Welt noch in Ordnung: Frauen dürfen keine Friedhöfe betreten, Frauen dürfen keine Barbie kaufen, Frauen dürfen keine Modemagazine lesen, die nicht zensiert wurden – und Frauen dürfen nicht Auto fahren.

«Warum eigentlich nicht?», mag nun der ewig nörgelnde europäische Menschenrechtsfanatiker fragen. 

Konservative Geistliche nennen fünf gute Gründe:

  • Die Lenkerin müsste ihren Schleier lüften, um zu fahren. Womöglich wäre ein Teil des Gesichts sichtbar, vielleicht sogar ein nackter Finger.
  • Das lenken eines Fahrzeugs könnte dazu führen, dass die Frau das Haus öfter verlässt.
  • Die Frau könnte Kontakt zu nicht verwandten Männern haben, wenn sie einen Unfall baut.
  • Wenn Frauen fahren dürfen, gibt es mehr Verkehr auf den Strassen. Junge Männer könnte so die Gelegenheit genommen werden, dem unbeschwerten Fahrvergnügen zu frönen.
  • Wenn Frauen das Lenken erlaubt würde, wäre das der erste Schritt zur Aufweichung der Geschlechtertrennung.

2. Akt: Warum Männer bessere Lenker sind – oder: Wo die wilden Kerle wohnen

1.) Mann hilft einander.

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Es sei denn, Mann muss gleich wieder abdriften.

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2.) Mann kann seinen Gefühlen und seiner Freude am Fahren noch freien Lauf lassen.

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Das gilt auch für die Freude am Parken.

3.) Mann hält zusammen.

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Es sei denn, Mann bremst Mann aus.

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4.) Mann steht zu dem, was man tut.

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Ausser Mann muss grad dringend los.

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5.) Mann schliesst sich in Gruppen zusammen und beherrscht so nicht nur die Frau, sondern auch das Fahrzeug.

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3. Akt: Schöneitsfehler: Statistik und Liberalisierung

Die heile Welt der Wahhabiten gerät jedoch ins Wanken. Zum einen liegt das an der oben erwähnten weltweiten Studie, die die Todesursachen derjenigen untersucht hat, die im Verhältnis zum Durchschnittsalter des jeweiligen Landes relativ früh sterben – in Saudi-Arabien ist das Auto Killer Nummer eins.

Zum anderen wurde Ende 2014 verkündet, dass das Fahrverbot für Frauen gelockert werden soll. 

Allerdings nur, wenn die Damen über 30 Jahre alt sind.

Und vor 20 Uhr ein Auto lenken.

Natürlich nur, wenn der Mann seine Erlaubnis gegeben hat.

Und nur innerorts – sofern sie nicht geschminkt sind und die Kleiderordnung einhalten.

Katharsis

Wie lässt sich dieser Widerspruch nun auflösen? Kann der Mann, die Krone der Schöpfung, im Verkehr derart fehlbar sein?

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Junge Männer – Testosteron getrieben, draufgängerisch und stolz – sollen eine Gefahr für sich und ihre Umwelt sein? Wie bitte?

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Von wegen! Andersrum wird ein Schuh draus: Wenn es in Saudi-Arabien so viele junge Verkehrstote gibt, kann das nur daran liegen, dass die wenigen Frauen auf den Strassen so wenig Fahrpraxis haben. 

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Mann weiss sich ja schliesslich zu helfen!

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3 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Sheez Gagoo
07.01.2016 02:05registriert November 2015
Wow. Saudis fahren krass und haben keinen Bock auf Feminismus. Ich bin verblüfft.
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Wilhelm Dingo
06.01.2016 21:18registriert Dezember 2014
Super Artikel!
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Brückeneinsturz mit Folgen – so wichtig ist der Hafen von Baltimore

Riesige Brückenteile versperren seit Dienstag die Zufahrt zum Hafen Baltimore an der Ostküste der USA. Die mehr als 2,5 Kilometer lange Francis Scott Key Bridge war in der Nacht eingestürzt, nachdem das rund 290 Meter lange Containerschiff «Dali» steuerlos einen Stützpfeiler der vierspurigen Brücke gerammt hatte. Zwei Tote wurden inzwischen aus dem Wasser geborgen, vier weitere Opfer wurden noch nicht gefunden.

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