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Gesellschaft & Politik

Mette Frederiksen: Herbe Wahlpleite für dänische Asyl-Hardlinerin

epa12534796 Denmark Prime Minister Mette Frederiksen holds a doorstep after her speech during the Social Democrats' election party at the Workers' Museum in Copenhagen, Denmark, 18 November  ...
Sie stand zwar nicht zur Wahl, hatte aber ihren Anteil am Ergebnis: Mette Frederiksen.Bild: keystone

Gefeiert für harte Asylpolitik – nun muss Mette Frederiksen eine herbe Pleite einstecken

Eine Wahlschlappe stellt die Migrationspolitik der Ministerpräsidentin in Frage.
20.11.2025, 05:2520.11.2025, 05:25
Niels Anner, Kopenhagen / ch media

Ihr Ansehen in Europa ist beachtlich. Die Sozialdemokratin mit dem streng zusammengebundenen Haar und einer klaren politischen Linie geht voran bei der Unterstützung der Ukraine, warnt eindringlich vor dem Kreml – und wehrt sich resolut gegen Donald Trumps Grönland-Ambitionen.

Zuhause hat Mette Frederiksen sich als starke Landesmutter positioniert; Dänemark ist wirtschaftlich bestens aufgestellt, und die 48-Jährige findet mit ihrer harten Einwanderungspolitik auch im Ausland einigen Zuspruch. Gerade hat die britische Regierung eine drastische Asylpolitik-Verschärfung angekündigt – nach dänischem Vorbild. Frederiksen gilt als eine der aktuell wenigen erfolgreichen sozialdemokratischen Regierungschefs.

Jedenfalls bisher. Am Mittwoch, ausgerechnet ihrem Geburtstag, erlebte sie ein Fiasko. Die Resultate der landesweiten Kommunalwahlen brachten ihrer Partei massive Stimmenverluste, Niederlagen in Hochburgen der Genossen – darunter in Kopenhagen, wo sie nun erstmals seit über 100 Jahren nicht mehr regieren. «Blutbad, Katastrophe, totale Demütigung», urteilen Politikexperten, obwohl die Sozialdemokraten mit landesweit 23 Prozent grösste Partei bleiben.

Aber der Verlust der Macht in vielen Gemeinden zeigt, wie der Rückhalt der Partei abnimmt. Dass 2026 nationale Wahlen stattfinden, macht die Lage für Frederiksen noch ungemütlicher. In der Nacht erklärte sie, der Rückgang sei stärker als befürchtet, und «als Parteichefin trage ich die Verantwortung dafür».

Zwar spielen bei Kommunalwahlen lokale Themen eine Rolle, Spitäler, Schulen, Verkehrsinfrastruktur. Aber die Unzufriedenheit mit den Sozialdemokraten sowohl in Städten wie auch auf dem Land ist deutlich, und sie hat laut Umfragen durchaus mit der Regierung zu tun.

Mette Frederiksen hat 2022 ihre Partei zur Mitte gerückt und eine umstrittene grosse Koalition mit zwei bürgerlichen Parteien gebildet. Damit hat sie ihre Macht mit einer soliden Mehrheit zementiert und Reformen durchgeführt – doch die Bevölkerung goutiert das wenig, die Regierung ist unpopulär.

Fokus auf «nicht-westliche» Einwanderer

Gleichzeitig wird ein zentraler Faktor von Frederiksens Erfolg zum Problem: Die Asyl- und Ausländerpolitik. Diese verschärft sie seit Jahren, mit dem Argument, die Gesellschaft vertrage nicht zu viele Einwanderer – sie strebe «null Asylbewerber» an; und der Wohlfahrtsstaat bleibe nur finanzierbar, wenn Migranten voll ins Arbeitsleben integriert seien.

Gemeint sind dabei insbesondere Muslime oder «nicht-westliche» Ausländer, die Frederiksen gerne konkret als Problem beschreibt: «Viel zu viele nicht-westliche Einwanderer und ihre Nachkommen rasen auf den Strassen, überfallen Jugendliche auf Bahnhöfen, planen oder rufen zu Terror auf. Warum könnt ihr euch nicht benehmen?» sagte sie im September auf einem Parteikongress. Ihre Minister haben argumentiert, dass viele Ausländer Dänemark «infiltrieren» und dänische Werte missachten würden.

epa12481309 Denmark’s Prime Minister and chair of the Social Democratic Party, Mette Frederiksen, speaks with locals while hanging election posters for the municipal and regional elections 2025 in Her ...
Mette Frederiksens Kurs scheint jüngst nicht mehr aufzugehen.Bild: keystone

Mit solcher Rhetorik und Politik, die den Fokus mehr auf Rückschaffung als Integration legt, hat Frederiksen zu den Rechtspopulisten abgewanderte Wähler zurückgeholt. Doch diese schlagen zurück, sprechen neuerdings von Remigration und der Ausschaffung von Sozialhilfebezügern ohne dänischen Pass.

Die Wahlen zeigen nun, dass die Regierungschefin in die Klemme gerät: Die Sozialdemokraten verlieren wieder Wähler nach rechts – und jene im linken Spektrum, etwa in Kopenhagen, goutieren ihren Kurs längst nicht mehr, schliessen sich den Sozialisten und Grünen an. Will Frederiksen weiterhin die Hardlinerin geben, könnten sich zudem ihre bürgerlichen Partner abwenden, die um die Wirtschaft fürchten. Ihrer Koalitionsregierung, sagte der Politikexperte Bert Winther, drohe «ein Todesurteil». (aargauerzeitung.ch)

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77 Kommentare
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Migeek
20.11.2025 05:34registriert Dezember 2022
Ihre Aussagen sind korrekt, man siehts in jedem Land Westeuropas.
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Blitz oder Herz, es ist kein Scherz!
20.11.2025 06:06registriert Oktober 2025
Der Artikel suggeriert, dass ihre harte (?) Ausländerpolitik den Rückschlag an der Urne verursacht hat.
Ist das so oder gibt es noch andere Erklärungsversuche? (Ausser Lokalpolitik spielt eine Rolle - wobei ja nicht zwingend gegend die Sozialdemokraten).
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Dr. Rodney McKay
20.11.2025 06:16registriert September 2024
Also unterm strich Wandern die Leute nicht wegen der Asylpolitik ab sondern weil der Rest wie Schulen, Spitäler und Infrastruktur zu kurz kommt.

Hoffen wir also die Dame merkt es. Denn ja ich glaube niemand in Dänemark will zustände wie in anderen Ländern wie Schweden, Deutschland oder UK. :)
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