International
Gesellschaft & Politik

FPÖ gewinnt in Österreich, Europas Rechte jubelt – die Reaktionen

epa11632970 Chairman and top candidate of the Freedom Party of Austria (FPOe) Herbert Kickl (C) celebrates during FPOe election event after parliamentary elections in Vienna, Austria, 29 September 202 ...
Die FPÖ um Parteichef Herbert Kickl feiert ihren Triumph.Bild: keystone

FPÖ gewinnt in Österreich: Europas Rechte jubelt, der Rest warnt

Die rechtspopulistische FPÖ feiert in Österreich einen historischen Wahlerfolg. Während Europas politische Rechte applaudiert, warnen viele vor der Partei, in der es offensichtliche rechtsextreme Tendenzen gibt – die Reaktionen.
30.09.2024, 05:1030.09.2024, 15:52
Mehr «International»

Überraschend kam er nicht, der Wahlerfolg von Österreichs Rechten. Sie führten die Umfragen seit Monaten an und gewannen auch bereits bei der Europawahl im Juni. Dennoch ist die Freude im rechten Lager, nachdem die FPÖ gemäss den vorläufigen Endergebnissen 29,2 Prozent der Stimmen holen konnte, gross – nicht nur in Österreich, sondern auch bei den Gesinnungsgenossen in Europa.

Auf der anderen Seite warnen erneut viele vor dem wachsenden Einfluss einer Partei mit rechtsradikalen und faschistischen Elementen. Hier ist eine Übersicht zu den Reaktionen auf den FPÖ-Wahlsieg.

Europas Rechte

Marine Le Pen

Zu den ersten Gratulantinnen gehörte Marine Le Pen, das Quasi-Pendant zu Herbert Kickl in Frankreich. Sie verweist auf vergleichbare Erfolge ihres Rassemblement National (RN) in Frankreich, der italienischen Rechten um Giorgia Meloni sowie jenen in den Niederlanden um Geert Wilders. Dieser rechte Aufschwung stehe für die Verteidigung nationaler Interessen, die Erhaltung der Identität und die «Auferstehung der Souveränität». Es handle sich um einen «Triumph der Völker».

Le Pen befand sich bei den Wahlen in Frankreich Anfang Juli mit ihrem RN in einer ähnlichen Position wie die FPÖ und führte die Umfragen lange deutlich an. Allerdings sorgten die Französinnen und Franzosen für eine Überraschung und verhinderten, dass die Rechtspopulisten stärkste Partei wurden.

Viktor Orbán

Etwas weniger ausführlich äussert sich Ungarns Präsident Viktor Orbán, an dem sich viele von Europas Rechtspopulisten – und auch Donald Trump – orientieren.

Matteo Salvini

In Italien hat Matteo Salvini trotz Regierungsbeteiligung an politischem Einfluss eingebüsst, er musste das Rampenlicht mehr und mehr Ministerpräsidentin Giorgia Meloni überlassen. Dennoch zelebriert er den FPÖ-Sieg mit Worten, die fragwürdigen Interpretationsspielraum lassen:

Geert Wilders

In den Niederlanden sind die Rechten sogar noch einen Schritt weiter als in Österreich und bereits an der Macht. Aushängeschild Geert Wilders verweist ebenfalls auf die diversen europäischen Länder, in denen Rechtspopulisten im Aufwind sind. Identität, Souveränität, Freiheit, keine illegale Migration mehr – das sei, wonach sich Millionen von Europäerinnen und Europäern sehnen würden, so Wilders.

Alice Weidel und Tino Chrupalla

In Deutschland konnte FPÖ-Pendant AfD jüngst ebenfalls Wahlerfolge feiern. Die Doppel-Parteispitze um Tino Chrupalla und Alice Weidel sendet ebenfalls Glückwünsche an Herbert Kickl.

Eine Schweizer Reaktion der SVP gibt es bisher nicht. Ebenfalls gibt es bisher keine Reaktionen der Rechten aus den USA oder aus Grossbritannien.

Reaktionen aus Österreich

Zu den grossen Verlierern zählt insbesondere die konservative ÖVP von Kanzler Karl Nehammer. Dieser gab sich nach Bekanntwerden der Ergebnisse nachdenklich.

«Aufgabe für uns ist jetzt zu sehen, warum radikalisierte Kräfte mehr Stimmen bekommen als wir, die die Kraft der Mitte vertreten.»

Die ÖVP müsse Haltung zeigen und Probleme lösen, so Nehammer weiter. Nehammer ist nicht per se Feind der FPÖ, allerdings klar gegen deren Chef Herbert Kickl. Er schloss mehrfach aus, dass es eine Zusammenarbeit mit den Rechten geben könnte, solange Kickl, der selbst innerhalb der FPÖ am rechten Rand agiert, am Ruder ist.

29.09.2024, Linz, AUT, Unterwegs in Ober�sterreich, Nationalratswahl 2024, Fototermin, im Bild OEVP, Parteizentrale, 1 Hochrechnung, H�ngende K�pfe, OEVP, Regierun, Markus Achleitner, Christine Haberl ...
Die grossen Verlierer: Die ÖVP verliert ganze elf Prozent.Bild: www.imago-images.de

Eindeutiger als Nehammer äusserte sich Andreas Babler, Chef der linken SPÖ, der mit seiner Partei ebenfalls zu den Verlierern gehört.

«Jetzt heisst es (...), alles zu tun, um zu verhindern, dass die FPÖ dieses Land zerstört.»

Weitere Reaktionen

Internationales Auschwitz-Komitee

Der Vizepräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees, das die Überlebenden des berüchtigten Nazi-Konzentrationslagers vertritt, Christoph Heubner, sieht im Erstarken der FPÖ eine grosse Gefahr:

«Für Überlebende des Holocaust fügen die ersten Hochrechnungen zur Nationalratswahl in Österreich und vor allem das Erstarken der extremen Rechten um Herbert Kickl und die FPÖ ihren Ängsten und Sorgen ein neues alarmierendes Kapitel hinzu.»

Man hoffe auf «die Gemeinsamkeit der österreichischen Demokraten, die sich im Interesse des Landes und im europäischen Interesse der Geschichtsvergessenheit und der Ideologie alter und neuer Rechtsextremer entgegenstellt».

«Politico»

Das US-Politmagazin Politico, das für gewöhnlich recht neutral berichtet, titelt undiplomatisch:

«Österreich kehrt zurück in die Zukunft: Wähler schliessen sich einer rechtsextremen, von Nazis gegründeten Partei an.»

Das Magazin ordnet den Triumph der FPÖ zudem historisch ein:

«Dies ist das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, dass eine Partei mit faschistischen Tendenzen eine nationale Wahl in dem Alpenstaat gewonnen hat.»

«Frankfurter Allgemeine Zeitung» (FAZ)

Auch aus Deutschland gibt es warnende Stimmen. Die FAZ kommentiert, dass Österreichs «grundsätzliches Problem» schon länger offensichtlich gewesen sei.

Die sehr weit rechts stehende FPÖ ist in der Zweiten Republik längst zu einer zentralen Kraft aufgestiegen, die die Politik des Landes prägt und die anderen Parteien vor sich hertreiben kann. Und das, obwohl (oder vielleicht gerade weil) sie sich unter Herbert Kickl immer weiter radikalisierte und nicht mehr nur die altbekannten fremdenfeindlichen Bilder bediente, sondern mit übelsten Beschimpfungen über politische Gegner herzog und keinen Hehl aus ihrer Nähe zu Rechtsextremen machte.​

Österreich sei das Beispiel, das aufzeige, wohin sich Deutschland mit der AfD entwickeln könnte.

«In Österreich ist längst bittere Realität, was Deutschland nach den letzten Landtagswahlen von Osten her überkommt.»
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
217 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Le French
30.09.2024 06:15registriert Juli 2019
Ein Anfang wäre, wenn die Politiker/innen links der AfD&Co vielleicht mal die Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen und nach echten Lösungen suchen, statt die ganze Zeit um den heissen Brei sprechen
24292
Melden
Zum Kommentar
avatar
Metro Man
30.09.2024 06:34registriert Februar 2022
Bevor hier alle den Mahnfinger heben: Die SVP ist seit Jahren in der Schweiz mit etwa demselben Wähler Anteil die stärkste Partei, und ihre Politik ist kaum weniger rechts als die der FPÖ. Der Unterschied ist nur, dass hier mit einer Kompromiss- und Konsenstradition regiert wird, und eine einzelne Partei darum weniger schädlichen Einfluss nehmen kann.
16631
Melden
Zum Kommentar
avatar
SBRUN
30.09.2024 06:29registriert September 2019
Kritisieren ist viel einfach als selber besser machen, denn Kritik allein verursacht keine Fehler. Heisst, wenn man wählerstarken Gruppierungen Regierungsverantwortung verweigert, machen diese keine Fehler und punkten damit mehr und mehr beim unzufriedenen Volk und irgendwann ist der Trend nicht mehr aufzuhalten, keine gute Strategie.
10027
Melden
Zum Kommentar
217
Er war für Lynchmord verantwortlich: Israel tötet berüchtigten Palästinenser in Gaza
Die israelische Armee hat einen Palästinenser getötet, der im Jahr 2000 am Lynchmord von Hebron beteiligt war. Sein Foto ging um die Welt.

Die israelische Armee hat in Gaza den Palästinenser Aziz Salha getötet. Salha war 2000 an einem brutalen Lynchmord an zwei israelischen Soldaten in Ramallah beteiligt. Dieser Vorfall hatte weltweit Entsetzen ausgelöst. Weltbekannt wurde Ariz Salha durch ein Bild, das ihn mit blutverschmierten Händen winkend an einem Fenster zeigt. Das Foto hat sich tief ins kollektive israelische Gedächtnis eingebrannt.

Zur Story