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Grossbritannien

Nach Anti-Israel-Eklat bei Glastonbury: BBC gibt Fehler zu

Bob Vylan perform on the West Holts Stage, during the Glastonbury Festival at Worthy Farm in Somerset. England, Saturday, June 28, 2025. (Yui Mok/PA via AP)
Britain Glastonbury Music Festival Day 4
Am Wochenende war in Grossbritannien das Glastonbury Festival.Bild: keystone

Nach Anti-Israel-Eklat bei Glastonbury: USA entzieht Band Visa

30.06.2025, 14:5230.06.2025, 21:26
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Das US-Aussenministerium hat den Mitgliedern des Punk-Hip-Hop-Duos Bob Vylan nach eigenen Angaben ihre Visa für eine geplante Tournee in den Vereinigten Staaten entzogen. Hintergrund seien hasserfüllte Äusserungen bei einem Auftritt der Band auf dem britischen Glastonbury-Festival, erklärte Vize-Aussenminister Christopher Landau auf der Plattform X. «Ausländer, die Gewalt und Hass verherrlichen, sind keine willkommenen Besucher in unserem Land», schrieb er weiter.

Zuvor hatte es bereits Medienberichte über den Entzug der Visa gegeben.

BBC gibt Fehler zu

Die BBC hat nach dem israelfeindlichen Eklat beim Musikfestival Glastonbury Fehler zugegeben. Sie bedauere, dass die Live-Übertragung nicht abgebrochen wurde, hiess es in einem Statement der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt.

Ein Mitglied des Punk-Hip-Hop-Duos Bob Vylan hatte bei dem legendären englischen Festival am Wochenende das Publikum aufgefordert, nicht nur «Free, free Palestine», sondern auch «Death, death to the IDF» (Tod den israelischen Streitkräften) zu skandieren. Der Aufritt wurde von der BBC live im Internet gestreamt.

Nach einem öffentlichen Aufschrei rechtfertigte sich die Rundfunkanstalt zunächst nur damit, dass sie während der Übertragung eine Warnung eingeblendet habe. Sie verurteilte die Äusserungen zudem als «zutiefst verletzend».

BBC will Richtlinien für Live-Sendungen überprüfen

Doch der Druck stieg zusehends. Premierminister Keir Starmer und weitere Politiker mehrerer Parteien forderten eine Erklärung der BBC. «Es gibt keine Entschuldigung für diese Art der abstossenden Hassrede», sagte der Labour-Politiker der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge. Auch die britische Medienaufsicht Ofcom teilte mit, sie sei «tief besorgt», und forderte Rechenschaft.

Bob Vylan perform on the West Holts Stage, during the Glastonbury Festival at Worthy Farm in Somerset. England, Saturday, June 28, 2025. (Yui Mok/PA via AP)
Britain Glastonbury Music Festival Day 4
BBC hat den Auftritt von Bob Vylan live übertragen.Bild: keystone

In der BBC-Mitteilung heisst es nun: «Die antisemitischen Äusserungen von Bob Vylan sind völlig inakzeptabel und haben keinen Platz in unseren Sendungen.» Die Richtlinien für Live-Sendungen sollten zudem überprüft werden, so die Ankündigung.

Polizei prüft Videomaterial

Die BBC überträgt traditionell grosse Teile des Kult-Festivals in der englischen Grafschaft Somerset. Auch die israelfeindlichen Szenen waren live zu sehen. Anders als bei einer anderen Gruppe waren offenbar keine Vorkehrungen getroffen worden, obwohl das Duo für kontroverse Äusserungen zum Gaza-Krieg bekannt war.

Der Auftritt der Gruppe Kneecap, gegen die es bereits ähnliche Vorwürfe gab, war hingegen nur mit Verzögerung in der BBC-Mediathek zu sehen. Ein Rapper des nordirischen Hip-Hop-Trios ist wegen einer terroristischen Straftat angeklagt, weil er bei einem Konzert in London eine Hisbollah-Flagge gezeigt haben soll.

In Glastonbury spielte eines der Kneecap-Mitglieder auf der Bühne öffentlich mit dem Gedanken, Ausschreitungen vor dem Gerichtsgebäude anzuzetteln. Die Polizei teilte inzwischen mit, sie prüfe das Videomaterial von dem Festival auf strafrechtliche Relevanz.

Debatte über Meinungs- und Kunstfreiheit

Die Vorwürfe gegen Kneecap, deren Auftreten an militante Gruppen während des Bürgerkriegs in Nordirland erinnert, hatten eine Debatte über die Grenzen der Meinungs- und Kunstfreiheit in Grossbritannien ausgelöst. Zahlreiche Künstler hatten sich hinter die Gruppe gestellt, die ihre Aktionen und Äusserungen als legitime Kritik an der israelischen Kriegsführung im Gazastreifen betrachten. Premierminister Starmer hatte sich hingegen dafür ausgesprochen, die Band von Glastonbury zu verbannen.

Auf dem Instagram-Account von Bob Vylan war nach dem Vorfall ein Aufruf zu Protest für einen Wandel in der Aussenpolitik zu lesen, der sehr viel differenzierter klang als die Parolen vom Festival. Reue war darin aber nicht zu erkennen.

Die Festival-Organisatoren hatten sich bereits kurz nach dem Vorfall deutlich distanziert. Die Parolen von Bob Vylan hätten eine Grenze überschritten, teilten die Organisatoren mit. In Glastonbury gebe es keinen Platz für Antisemitismus, Hassreden oder Aufrufe zur Gewalt. (sda/dpa)

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49 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Joe Smith
30.06.2025 17:36registriert November 2017
Und derweil liest man im Tagesanzeiger, dass die IDF in Gaza mittlerweile über 75'000 Menschen getötet haben, wovon rund 1/3 Kinder waren, und gezielt auf unbewaffnete Menschen schiessen, die für Nahrungsmitell anstehen. Huch, habe ich mich jetzt antisemitisch geäussert? Ich entschuldige mich.
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Nix sagen
30.06.2025 17:59registriert August 2020
Naja, die IDF hat wohl mehrfache Kriegsverbrechen begangen… so ganz aus dem nichts kommt das ja auch nicht. Hätte er das über russische Soldaten gesagt, würde niemand von einem Skandal sprechen.
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Daniel Kinsos
30.06.2025 16:22registriert April 2025
Meinungsfreiheit sollte hier gelten.
Auch wenn"from the river to the sea" durchaus als Aufruf zur Gewalt gesehen könnte.

Und man muss auch sagen, die Tatsache, dass sich so viele Leute (meist Moslems) gegen Israel aussprechen und aber Schweigen zu Yemen, Sudan, Iran, Afghanistan etc. ist schon ein bisschen anti-semitisch.
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