Kurz vor geplanten Verhandlungen über die Beendigung des russischen Kriegs in der Ukraine sind Format und Zusammensetzung des Treffens weiter offen. Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte zwar am Montag, dass eine russische Delegation am Donnerstag nach Istanbul reisen werde.
Er liess aber offen, wer zur Delegation gehört und ob Wladimir Putin selbst anreisen wird. Die Besetzung der Delegation werde bekannt gegeben, wenn Putin dazu die Anweisung gebe, sagte Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
Putins Erklärung zu direkten russisch-ukrainischen Verhandlungen sei aber weiterhin aktuell. «In der Tat wird die russische Delegation die ukrainische Delegation am Donnerstag, den 15. Mai, also morgen, in Istanbul erwarten», bestätigte Peskow.
Sollte Putin anreisen, wäre es das erste Aufeinandertreffen mit Wolodymyr Selenskyj seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022. Selenskyj und Putin hatten sich das letzte Mal im Dezember 2019 zu Gesprächen getroffen, damals in Paris und unter Vermittlung Frankreichs und Deutschlands. Danach lief alles auf eine weitere Eskalation in dem Konflikt hinaus.
Selenskyj wird in jedem Fall in die Türkei reisen. Auf X schrieb er: «Ich werde am Donnerstag auf Putin in der Türkei warten, persönlich.» Seine Forderung nach einer Teilnahme Putins an den geplanten Verhandlungen über ein Ende des russischen Angriffskriegs hat Selenskyj zuletzt mehrfach bekräftigt.
Putin entscheide alles in Russland, also müsse er auch über die Frage des Kriegs entscheiden, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. «Es ist sein Krieg. Darum müssen auch die Verhandlungen mit ihm laufen.» In einem vom «Spiegel» am Dienstagabend veröffentlichten Interview sagte Selenskyj: «Mir scheint, er (Putin) hat Angst.»
Seinen Angaben nach bereitet sich die Ukraine in enger Abstimmung mit den Partnern auf das Treffen in der Türkei vor. Selenskyj äusserte in seiner Videobotschaft Zweifel an Russlands Verhandlungsbereitschaft. «Russland redet viel über direkte Verhandlungen, aber wenn es zur Sache geht, dann verstecken sie sich», sagte er angesichts der Hinhaltetaktik Moskaus zu einer Anreise Putins.
Das Treffen in Istanbul läuft unter dem Label «mögliche Friedensgespräche».
Sollte Putin tatsächlich in Istanbul erscheinen, könnten jedoch nicht alle Fragen sofort geklärt werden, betonte Selenskyj. «Er und ich können im Moment nicht in allem übereinstimmen, das ist unmöglich», betont der Präsident der Ukraine in einem in der Nacht veröffentlichten Interview der französischen Zeitung «Liberation». «Aber wir müssen auf die eine oder andere Weise ein Format finden, um den Krieg zu beenden.» Sollte Putin aber nicht nach Istanbul kommen, «bedeutet das, dass er keinen politischen Erfolg anstrebt».
Gegenüber dem «Spiegel» sagte Selenskyj aber auch: «Wenn ich mich mit Putin treffe, dann muss das mit einem politischen Sieg enden – ein Waffenstillstand oder ein Gefangenenaustausch alle gegen alle.»
Aus den USA reist mit Sicherheit Aussenminister Marco Rubio zu den Gesprächen in die Türkei. Das teilte US-Präsident Donald Trump mit. Die Verhandlungen dort würden Ende dieser Woche stattfinden, wahrscheinlich am Donnerstag, sagte der Republikaner bei seinem Besuch in Saudi-Arabien. Er bezeichnete dies als «sehr wichtig» und gab sich optimistisch, dass dabei «sehr gute Ergebnisse» erzielt werden könnten.
Neben Rubio werden nach Angaben des Weissen Hauses auch die US-Sondergesandten Steve Witkoff und Keith Kellogg zu den möglichen ukrainisch-russischen Gesprächen reisen. Trump hatte nach eigenen Angaben auch eine eigene Beteiligung erwogen, macht dies aber von der Anwesenheit Putins abhängig.
Auf die Frage, ob Trump mehr Druck auf ihn mache als auf den Kremlchef, sagte Selenskyj: «Trump muss zur Überzeugung kommen, dass Putin lügt.»
Selenskyj sagte auch, dass möglicherweise die Präsenz von US-Präsident Donald Trump den Kremlchef bewegen könnte, sich an den Verhandlungen zu beteiligen. «Wenn Putin nicht kommt, wird es für ihn wie eine totale Niederlage aussehen.»
Weil Türkeis Präsident Recep Tayyip Erdogan als Vermittler fungiert. Erdogan hat sich im Verlaufe des Krieges in diese Rolle begeben. In der Vergangenheit haben in Istanbul bereits Gespräche zwischen Vertretern Russlands und der Ukraine stattgefunden.
Präsident Erdogan, der nach eigener Aussage stets ein freundschaftliches Verhältnis zu Putin pflegt, hat es geschafft, in den vergangenen drei Jahren einen Balanceakt zu meistern: die Ukraine zu unterstützen, während er gleichzeitig die Beziehungen zu Russland aufrechterhielt.
Die Türkei sprach sich stets für das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine aus und belieferte das Land sogar mit Waffen. Gleichzeitig schloss sich Erdogan den Sanktionen des Westens gegen Russland nicht an.
Gemeinsam mit der UNO gelang es der Türkei zudem, die beiden Kriegsparteien zu einem Abkommen hinsichtlich der Ausfuhr von ukrainischem Getreide zu bewegen. Ein Schifffahrtskorridor durch das Schwarze Meer sicherte die Versorgung von 79 Ländern und 349 Millionen Menschen.
Erdogan hat es auf diesem schmalen Grat zwischen Ost und West geschafft, sich im Ukraine-Krieg als halbwegs neutraler Akteur zu positionieren. Diese Balance hat ihm das notwendige Vertrauen beider Seiten verschafft, sodass er nun erneut als Vermittler auftreten kann.
(rst, mit Material von sda/dpa und t-online)
Ich hoffe, das die "Koalition der Willigen" hart und konsequent bleibt.... auch ohne die USA....