Ihr Schicksal bewegt viele. Samira Sabzian wurde als 15-Jährige zu einer Ehe gezwungen. Unter ihrem Ehemann erlebte sie häusliche Gewalt. Er hatte zwei Kinder mit ihr, das erste hat sie bereits als Zwölfjährige zur Welt gebracht. 2013, vier Jahre nach der Hochzeit tötete sie ihn, wofür sie zum Tod verurteilt wurde. Gestern wurde das Urteil unter grossem internationalen Protest vollstreckt.
Vor ihrer Hinrichtung setzte sich die britische Regierung für Sabzian ein. Tariq Ahmad, zuständig für den Mittleren Osten, fand auf der Plattform X deutliche Worte:
The UK calls on Iran to halt the planned execution of Samira Sabzian. Samira is a victim of child marriage.
— Lord (Tariq)Ahmad of Wimbledon (@tariqahmadbt) December 19, 2023
The UK co-sponsored a resolution at the UN demanding Iran end the use of the death penalty.
Iran must cease its appalling treatment of women and girls.
Das in der Islamischen Republik geltende Recht basiert auf der islamischen Scharia nach schiitischer Auslegung. Frauen haben darum in vielen Bereichen nicht die gleichen Rechte wie Männer, sind ihnen gegenüber klar benachteiligt. So können sich Männer etwa ohne Grund völlig unkompliziert scheiden lassen, während das Prozedere für Frauen wesentlich komplizierter ist, bestimmte Gründe und ein juristisches Verfahren erfordert.
Kinderehen sind nach der schiitisch-islamistischen Rechtsprechung erlaubt. Wenn ein Mädchen, das jünger als 13 ist, verheiratet werden soll, braucht es dazu das Einverständnis des Vaters. Weiter muss ein religiöses Gericht feststellen, dass das Mädchen «körperlich und geistig bereit ist und der Ehe zustimmt», wie Iran International berichtet.
Das auf der Scharia basierende Recht verlangt auch, dass Mörderinnen und Mörder zum Tod verurteilt werden. Mildernde Umstände werden dabei nicht beachtet. Dafür haben die Angehörigen des Opfers die Möglichkeit, den Mörder bzw. die Mörderin zu begnadigen und so vor der Hinrichtung zu bewahren.
Im Fall von Sabzian hätten die Eltern ihres Ehemannes das Recht dazu gehabt. In der Hoffnung auf eine Begnadigung verzichtete sie im Gefängnis zunächst darauf, ihre Kinder zu sehen. Doch es half nichts: Die Eltern ihres Ehemannes bestanden darauf, dass sie hingerichtet wird. Ihre Kinder bekam sie in den nächsten zehn Jahren in Haft nicht mehr zu sehen. Erst kurz vor ihrer Hinrichtung wurde es ihr ein letztes Mal erlaubt. Dann wurde sie gehängt – die in Iran übliche Hinrichtungsmethode.
Medien innerhalb Irans haben bis jetzt nicht über die Hinrichtung berichtet. Es gibt keine Pressefreiheit und Zeitungen müssen sich bei ihrer Berichterstattung in einem engen, vom Regime vorgegebenen Rahmen bewegen.
Die Menschenrechtsbeauftragte der deutschen Regierung bezieht derweil Stellung:
Erneut wurde eine junge Frau in #Iran hingerichtet – Samira Sabzian wurde im Alter von 15 Jahren zwangsverheiratet&wg. Mordes an ihrem Ehemann verurteilt. 2023 erreicht das 🇮🇷 Regime einen erschreckenden Höchststand bei der Hinrichtung von Frauen.Die Gewalt muss endlich aufhören.
— Menschenrechtsbeauftragte Luise Amtsberg (@DEonHumanRights) December 21, 2023
Laut Menschenrechtsorganisationen wie der im Exil ansässigen kurdisch-iranischen Hengaw richtete das Regime der Islamischen Republik dieses Jahr bereits mindestens 18 Frauen hin. Laut Amnesty International kam es in Iran allein im November zu mindestens 115 Hinrichtungen. Die NGO äussert auf der Plattform X ihr «Entsetzen» über die Hinrichtung von Samira Sabzian.
🧵Amnesty International is horrified by reports of the chilling execution this morning in Iran of Samira Sabzian Fard, a mother of two children who was subjected to a forced and early marriage as a child. 1/7 pic.twitter.com/LGAp75zRwq
— Amnesty Iran (@AmnestyIran) December 20, 2023
Die bekannte iranische Frauenrechtlerin Masih Alinejad, die im Exil lebt, zitiert eine Aktivistin, die zusammen mit Sabzian inhaftiert war:
Samira Sabzian hinterlässt zwei Kinder, im Alter von 17 und 10 Jahren, die sich in der Obhut von Verwandten des Vaters befinden.