«Spannungen und eine gewisse Enttäuschung» – gegenseitige Vorwürfe bei den Atomgesprächen
Gegenseitige Vorwürfe des Irans und westlicher Staaten haben die Fortsetzung der Gespräche über die Wiederherstellung des Atompakts von 2015 überschattet.
Die Verhandlungen über neuerliche Einschränkungen des iranischen Atomprogramms und die Aufhebung von US-Sanktionen wurden am Donnerstag in Wien nach fünftägiger Unterbrechung wieder aufgenommen. Die Vereinigten Staaten und europäische Gesprächspartner hätten bislang keine konstruktiven Vorschläge eingebracht, sagte Teherans Aussenminister Hussein Amirabdollahian laut der iranischen Nachrichtenagentur Fars in einem Telefonat mit dem EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell. «Das widerspricht ihrer Behauptung, dass sie ernsthaft verhandeln», sagte der iranische Minister.
Im Grunde dreht sich beim JCPOA alles darum, ob die internationale Staatengemeinschaft darauf vertrauen kann, dass Iran seine technologische Fähigkeit – innerhalb kürzester Zeit eine Atomwaffe zu entwickeln – nicht nutzen wird. Denn die Führung der Islamischen Republik machte nie einen Hehl aus dem Wunsch, Israel aus der Region verschwinden zu sehen.
Dabei hatte Iran konsequent abgestritten, an einer Atombombe zu bauen. Andererseits sträubte sich Iran stets, verdächtige Aktivitäten rund um sein ziviles Atomprogramm aufzuklären. Das zivile Atomprogramm Irans ist legitimiert durch den Atomwaffensperrvertrag von 1970. Dieser verbietet zwar allen Staaten den Besitz der Atombombe (mit Ausnahme der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates der UN), erlaubt aber die gezielte, friedliche Nutzung von Kernenergie und Nukleartechnologie.
2018 kündigte Trump an, dass sich die USA aus dem Atomabkommen mit Iran zurückziehen und die Sanktionen wiedereingesetzt würden. Ein Jahr später hat Iran seine technischen Auflagen in dem Deal nicht mehr eingehalten.
Bei den aktuellen Wiener Verhandlungen vermitteln Deutschland, Frankreich und Grossbritannien mit Russland und China zwischen dem Iran und den USA.
Diplomaten aus Washington, Berlin, Paris und London hatten zuletzt ähnliche Kritik an Teheran geübt. Die Islamische Republik wolle bereits erzielte Kompromisse zurücknehmen, lauteten die Vorwürfe, nachdem die Gespräche vorige Woche nach mehrmonatigem Stillstand wieder in Gang gekommen waren. Auch von Russland kamen kritische Töne. Moskaus Botschafter in Wien, Michail Uljanow, sprach in einem Tweet von «Spannungen und einer gewisser Enttäuschung».
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Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Russland und China vermitteln in Wien zwischen dem Iran und den USA. Washington stieg 2018 aus dem Atomabkommen aus. Als Reaktion auf neue US-Sanktionen ignorierte Teheran vereinbarte nukleare Beschränkungen, die die Entwicklung von Atomwaffen verhindern sollen. (yam/sda/dpa)
