International
Iran

Naher Osten: So schlagkräftig ist das Waffenarsenal des Irans

Dank Technologie aus Russland und China: So schlagkräftig ist das Waffenarsenal des Irans

Der weiträumige Raketenangriff des Mullah-Regimes auf Israel wirft Fragen auf. Welche Waffen können die Iraner einsetzen, wie weit weg ist die Islamische Republik von einer Atommacht?
04.10.2024, 13:2904.10.2024, 13:45
Bruno Knellwolf / ch media
Mehr «International»

Schon im April hat Iran Israel mit Raketen angegriffen. Damals gab es eine Vorwarnung der Iraner. Diesmal nicht, aber dafür eine diplomatische Nachricht. «Die wurde nach Angaben des iranischen Verteidigungsministeriums von Teheran über die Schweizer Botschaft in Teheran an die USA geschickt», sagt Clément Therme vom Graduate Institute of International and Development Studies in Genf.

September 21, 2024, Tehran, Iran: The Zolfaghar missile system is displayed by the Islamic Revolutionary Guard Corps IRGC during an annual military parade marking the anniversary of the beginning of t ...
Die iranischen Revolutionsgarden formieren sich in Teheran vor einem Bild der Fateh-110 -Rakete, die 700 Kilometer weit kommt.Bild: www.imago-images.de

Der iranische Raketenangriff am 1. Oktober war heftiger. Zwischen 180 und 200 ballistische Raketen wurden abgefeuert. «Dieser Angriff mit der Bezeichnung ‹Operation True Promise 2› richtete sich in erster Linie gegen israelische Militärstützpunkte», sagt Militäranalyst Therme. Insbesondere Luftwaffenstützpunkte wie jenen in Nevatim, auf der israelische F-35-Flugzeuge stationiert sind.

Einige dieser Angriffe verursachten Schäden, insbesondere in Wartungs- und Büroräumen. Flugzeuge wurden anscheinend keine getroffen. Allerschlimmstes verhinderten Israels Raketenabwehrsysteme wie Iron Dome und Arrow und die US-Marine, die Abfangjäger abfeuerte, um einige der ankommenden Raketen zu neutralisieren.

Vorwarnung aus der Schweiz

Die diesmal eingesetzten Raketen waren fortschrittlicher und ausgefeilter als bei früheren Angriffen. «Deshalb konnte ein Teil der Raketen ihr Ziel erreichen, anders als im April», sagt Therme.

Gestartet wurden die Raketen von mehreren iranischen Städten aus, darunter Teheran, Isfahan, Shiraz, Kermanshah und Tabriz. Die Bilder von Trümmern zeigen nicht nur verbrauchte Raketenbooster älterer Raketen. Zu sehen sind auch Teile der Feststoffraketen Kheybarshekan oder Fattah 1. Mit diesen ballistischen Raketen hat Iran erstmals auf seine modernsten präzisionsgelenkten Geschosse zurückgegriffen.

September 21, 2024, Tehran, Iran: The Fattah-1 missile system is displayed by the Islamic Revolutionary Guard Corps during an annual military parade marking the anniversary of the beginning of the war ...
Hyperschallraketen Fattah 1.Bild: www.imago-images.de

Fattah 1 ist eine Hyperschallrakete mit einer Reichweite von 1400 Kilometern, die im Juni 2023 von den Islamischen Revolutionsgarden vorgestellt wurden. Sie ist wegen ihrer Hyperschall-Geschwindigkeit besonders gefährlich. Diese erschwert das Abfangen.

Irans Waffenarsenal wurde modernisiert

Trotz aller Sanktionen konnte Iran seine Bewaffnung in den letzten Jahren also modernisieren. «Das iranische Arsenal an Raketen und Drohnen gilt als eine der bedeutendsten militärischen Kräfte im Nahen Osten», sagt Therme. Der Iran verfügt über viele ballistische Raketen, die entscheidend für die militärische Strategie Irans sind. Eine asymmetrische Strategie, bei welcher der Iran gleichzeitig Angriffe mit Raketen, Marschflugkörpern und Lang-und Mittelstreckenraketen startet.

Zum Beispiel die Shahab-3. «Diese Rakete kann sowohl Israel als auch Teile Europas erreichen», sagt der Genfer Militäranalyst. Die Mittelstreckenrakete basiert auf nordkoreanischer Technologie.

Iran: Quds Day Rallies A member of the Revolutionary Guard stands in front of Shahab-3 missile which is displayed during the annual pro-Palestinian Al-Quds, or Jerusalem, Day rally in Tehran, Iran, Fr ...
Raketen des Typs Shahab-3.Bild: www.imago-images.de

Auch Cruise Missiles, Marschflugkörper, hat der Iran im Programm, die der Armee eine flexiblere und präzisere Schlagfähigkeit verleihen. Der Marschflugkörper Soumar ist geeignet für Landangriffe mit einer Reichweite von 2500 Kilometern. Er basiert auf der russischen Kh-55-Technologie. «Hergestellt werden die Raketen im Iran, aber die Islamische Republik hat mindestens seit Ende der 1980er-Jahre einige Technologien aus Russland, China und Nordkorea erhalten», sagt Therme.

Viel gesprochen wird auch über Drohnen. «Die iranischen Drohnenkapazitäten haben sich rasch erweitert», sagt Therme. Sie spielen eine entscheidende Rolle in der iranischen Kriegsführung. Da gibt es zum Beispiel die Selbstmorddrohne Shahed-136, eine frei fliegende Munition mit einer Reichweite von bis zu 2500 Kilometern.

Das Atomprogramm ist nicht mehr allzu weit weg

Noch mehr befürchtet man, dass Iran zur Atommacht werden könnte. «Der Iran könnte noch ein bis fünf Jahre davon entfernt sein, Atomwaffensysteme bauen zu können», sagt Clément Therme. Nun gibt es neue Äusserungen iranischer Beamter, welche die Militarisierung des iranischen Atomprogramms erwähnen. «Angesichts der militärischen Eskalation kommen solche Erklärungen im Establishment der Islamischen Republik immer häufiger vor», sagt Therme.

Möglicherweise wird Israel wieder einen Gegenschlag starten, so wie im April. Dieser könnte heftiger ausfallen. Es heisst, die Amerikaner drängten nicht mehr auf Zurückhaltung. Zudem ist die Hisbollah geschwächt und könnte Teheran wohl kaum wirksam beistehen. Iran selbst hat in die Flugabwehr ausgebaut und schützt sich mit über 400 Flugabwehrsystemen im ganzen Land. Allerdings gehen Experten davon aus, dass diese Flugabwehr viel leichter überlistet werden kann als jene von Israel. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
97 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
mrmikech
04.10.2024 13:41registriert Juni 2016
Was halten die Putin-Versteher davon, dass sie auf der gleichen Seite wie China und Iran stehen? Herr Köppel, was sagen Sie dazu?
14940
Melden
Zum Kommentar
avatar
Viva Svizzera
04.10.2024 14:11registriert März 2023
«Der Iran könnte noch ein bis fünf Jahre davon entfernt sein, Atomwaffensysteme bauen zu können.» Donald Trump wusste ja nicht besseres als den Nukleardeal mit dem Iran platzen zu lassen. Der Iran kann seither machen, was er will, ohne auch nur annähernd unter Kontrolle zu stehen.
Ich bin mir sicher, die Israeli sind bereits auf der Suche nach den Standorten des iranischen Atomprogramms und werden es zerstören.
8919
Melden
Zum Kommentar
avatar
H.P. Liebling
04.10.2024 15:39registriert September 2018
Da der Iran nahe an der A-Bombe dran ist, gäbe es eigentlich nur eine Lösung: Regime Change!

Bei Putins Atomdrohungen mache ich mir null Sorgen. Im Iran sind es aber religiöse Fanatiker, welche den Finger auf dem Knopf hätte. Das ist inakzeptabel.
6114
Melden
Zum Kommentar
97
    Mehrheit im Kongress ausgebaut – Republikaner siegen bei Nachwahlen in Florida

    In zwei republikanischen Hochburgen im Bundesstaat Florida haben beide Kandidaten der konservativen Partei von US-Präsident Donald Trump Nachwahlen für den US-Kongress gewonnen – allerdings knapper als noch bei der Abstimmung im November. Mit den beiden Siegen bauten die Republikaner ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus auf 220 zu 213 Stimmen aus.

    Zur Story