UN: 410 Tote bei Essensverteilung im Gazastreifen seit Ende Mai
Im Umfeld der umstrittenen Nahrungsmittelverteilung im Gazastreifen haben israelische Streitkräfte nach UN-Angaben seit Ende Mai mindestens 410 Menschen getötet.
«Seit die Gaza Humanitarian Foundation am 27. Mai ihre Arbeit aufgenommen hat, hat das israelische Militär Palästinenser, die versuchten, die Verteilstellen zu erreichen, bombardiert und beschossen, was zu zahlreichen Todesfällen geführt hat», sagte Thameen Al-Kheetan, Sprecher des UN-Menschenrechtsbüros in Genf.
«Berichten zufolge sind dabei mehr als 410 Palästinenser getötet worden.» Al-Kheetan präzisierte, dass es sich bei diesen Fällen um Angriffe durch die israelischen Streitkräfte handelte. Das Büro habe die Todesfälle praktisch alle selbst verifiziert. Möglich sei, dass zusätzlich auch bewaffnete Gruppen im Umfeld der Nahrungsmittelverteilung schiessen. Es geht um die Verteilzentren der von den USA und Israel eingerichteten Gaza Humanitarian Foundation (GHF).
Insgesamt rund 3'000 verletzte Palästinenser
Weitere 93 Menschen seien nach vorliegenden Berichten von den israelischen Streitkräften getötet worden, als sie versuchten, sich den wenigen zugelassenen Konvois der Vereinten Nationen zu nähern. Insgesamt seien rund 3'000 Palästinenser verletzt worden.
Israel verstosse gegen internationales Recht, weil es UN-Konvois für die hungernde Bevölkerung blockiere, sagte der Sprecher. Zivilisten lebenswichtige Hilfe zu verweigern, sei ein Kriegsverbrechen. Ob dies auf die Lage im Gazastreifen zutreffe, müssten Gerichte beurteilen.
«Israels militarisierter Mechanismus der humanitären Hilfe steht im Widerspruch zu internationalen Standards für die Verteilung von Hilfsgütern», sagte Al-Kheetan. «Er gefährdet die Zivilbevölkerung und trägt zu der katastrophalen humanitären Lage in Gaza bei.»
UNRWA-Chef bezeichnet US-Stiftung GHF als «Abscheulichkeit»
Der Leiter des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA hat die von den USA unterstützte Stiftung für die Verteilung von Hilfsgütern im Gazastreifen als «Abscheulichkeit» bezeichnet. «Der neu gegründete sogenannte Hilfsmechanismus ist eine Abscheulichkeit, die verzweifelte Menschen erniedrigt und herabwürdigt», sagte Philippe Lazzarini am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Berlin.
Die UNO und grosse Hilfsorganisationen verweigern die Kooperation mit der Stiftung. Sie werfen ihr vor, sich nach den Plänen der israelischen Armee auszurichten.
Lazzarini forderte Israel am Dienstag auf, UNRWA wieder Zugang zum Gazastreifen zu gewähren und die humanitäre Versorgung der Bevölkerung wieder zuzulassen. Hilfsorganisationen wie UNRWA hätten die erforderliche «Fachkenntnis», sagte Lazzarini in Berlin. Israel müsse ihnen daher gestatten, ihre Arbeit zu machen und den Menschen im Gazastreifen mit «Respekt und Würde» zu helfen. Es gebe «keine andere Alternative», um die im Gazastreifen drohende Hungersnot zu verhindern. (sda/dpa)