Fast sechs Monate nach Kriegsbeginn hat der Weltsicherheitsrat erstmals eine «sofortige Waffenruhe» im Gazastreifen gefordert. Zudem verlangt das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen die umgehende und bedingungslose Freilassung aller von der islamistischen Hamas festgehaltenen Geiseln.
The @UN Security Council approves a new resolution calling for an immediate ceasefire in Gaza, with the U.S. abstaining. pic.twitter.com/87mp2hg9mj
— CSPAN (@cspan) March 25, 2024
Die Vetomacht USA enthielt sich bei der Abstimmung am Montag und ermöglichte damit die Annahme der Resolution. Die 14 übrigen Mitglieder des Gremiums stimmten dafür. Durch den völkerrechtlich bindenden Beschluss steigt der internationale Druck auf die Konfliktparteien Israel und die Hamas weiter. Es ist jedoch fraglich, ob oder inwieweit die Resolution Einfluss auf Entscheidungen der israelischen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu oder der Hamas zum weiteren Kriegsverlauf haben wird.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die geplante Reise einer israelischen Delegation in die USA abgesagt. Das teilte das Amt des Regierungschefs am Montag mit. Damit hatte Netanjahu bereits vor der Abstimmung gedroht, sollten die USA ihre Vetomacht nicht nutzen, um die Resolution zu verhindern.
Der Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, und der nationale Sicherheitsberater, Zachi Hanegbi, hätten am Montag in die USA fliegen sollen, um sich mit hochrangigen Regierungsvertretern zu treffen. Diese hätten den israelischen Gästen Alternativen zu einer von Israel geplanten, von den USA und anderen Verbündeten abgelehnten Bodenoffensive in der südlichen Gaza-Stadt Rafah vorlegen wollen. Weiteres Thema der Gespräche wären die Vorschläge Washingtons für eine Ausweitung der humanitären Hilfe für die Not leidende Bevölkerung im Gazastreifen gewesen.
Die Absage der USA-Reise von Dermer und Hangebi, zweier Vertrauter des Regierungschefs, markiert einen weiteren Tiefpunkt im Verhältnis Israels zu seinem wichtigsten Verbündeten. Die Beziehungen zu den USA sind angespannt, weil Washington mit der Kriegsführung Israels im Gazastreifen zunehmend nicht einverstanden ist. Streitpunkt ist unter anderem die humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung, die aus Sicht der USA und internationaler Organisationen nur unzureichend erfolgt.
Bemühungen um eine Forderung des Weltsicherheitsrats nach einer Waffenruhe waren bislang vor allem am Widerstand der Vetomacht USA gescheitert. Seit Kriegsbeginn im Oktober vergangenen Jahres hatte Washington sich als engster Verbündeter Israels gegen eine Waffenruhe gewandt und drei Vetos gegen entsprechende Resolutionen eingesetzt. Allenfalls forderten US-Vertreter kürzere «Feuerpausen».
Angesichts der steigenden Zahl ziviler Opfer und einer drohenden Hungersnot in Teilen des abgeriegelten Küstenstreifens verstärkten die USA zuletzt aber den Druck auf Israel. Auch US-Präsident Joe Biden äusserte sich zunehmend kritisch, etwa mit Blick auf die von Israel geplante Bodenoffensive in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens.
Dort haben Hunderttausende Binnenflüchtlinge Schutz vor den Kämpfen gesucht. Am Freitag vollzog Washington die Kehrtwende und forderte in einer Resolution erstmals «eine sofortige und dauerhafte Waffenruhe» im Gaza-Krieg. Doch Russland und China legten ihr Veto ein. Die Beschlussvorlage ging Moskau und Peking nicht weit genug – in ihren Augen war der Text unter anderem zu proisraelisch und stellenweise nicht ausreichend verbindlich. In der Abstimmung vom Montag machten sie von ihrem Veto-Recht hingegen keinen Gebrauch, weshalb die Resolution zustande kam.
In einer Stellungnahme direkt im Anschluss an die Abstimmung erklärte US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield ihren Entscheid zur Enthaltung der Stimme. Die USA unterstützten einige wichtige Ziele der Resolution voll und ganz. Sie betonte aber:
Sie bat alle Mitglieder des Rates, sowie Mitgliedsstaaten in allen Weltregionen, die Hamas zur Annahme des vorliegenden Deals aufzufordern. Gleichzeitig nutzte sie die Gelegenheit, Russland und China zu kritisieren. Von ihnen erwarte sie keine entsprechende Aufforderung, da sie die terroristische Attacke der Hamas vom 7. Oktober noch immer nicht verurteilt hätten.
Der Grund, wieso die USA nicht für die Resolution gestimmt, sondern sich bei der Abstimmung enthalten habe, liege an einigen wichtigen fehlenden Punkten, so Thomas-Greenfield. So sei ihr Vorschlag, eine Verurteilung der Hamas in die Resolution hinzuzufügen, ignoriert worden. Zudem seien sie nicht mit allen Punkten in der Resolution einverstanden. Aus diesem Grund hätten sie der Resolution nicht zustimmen können.
Der nun angenommene knappe Resolutionstext konzentriert sich auf die Forderung nach «einer von allen Seiten respektierten sofortigen Waffenruhe für den (islamischen Fastenmonat) Ramadan». Dies solle zu einer «dauerhaften und nachhaltigen Waffenruhe» führen, hiess es in dem Text. Zudem fordert die Beschlussvorlage die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Geiseln und betonte die «grosse Sorge angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen». Die Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung müssten ausgebaut werden.
Die Resolution war von nichtständigen Mitgliedern des UN-Gremiums eingebracht worden. Eine erste geplante Abstimmung am Samstag dazu war kurzfristig verschoben worden, um mehr Zeit für Verhandlungen zu gewinnen. Ein Diplomat erklärte vorab, insbesondere mit den USA sei intensiv verhandelt worden.
Eine Resolution im Weltsicherheitsrat braucht die Stimmen von mindestens 9 der 15 Mitgliedsstaaten. Zudem darf es kein Veto der ständigen Mitglieder USA, Russland, China, Frankreich oder Grossbritannien geben. Beschlüsse des Sicherheitsrats sind völkerrechtlich bindend. Wenn ein betroffener Staat sie ignoriert, kann das Gremium Sanktionen verhängen – was im Falle Israels wegen der Vetomacht der USA nicht als wahrscheinlich gesehen wird. (saw/sda/dpa)
Ob nun die beiden Kriegsparteien die Kämpfe einstellen und sich an den Verhandlungstisch setzten werden, bezweifle ich!
Die geschundenen Bevölkerung in Gaza und die Geiseln der Hamas haben nach wie vor keinen Grund zur Hoffnung.
Ich glaube aber nicht, dass dies Netanjahu beeindrucken wird, der geht da durch bis zum bitteren Ende, 30'000 Tote scheinen ihn nicht zu beeindrucken. Aus meiner Sicht; Israel auf Irrwegen.
Wieso es jetzt genau kippt, weiss ich nicht. Aber der Anblick verhungernder Kinder und dies menschengemachte Aushungern von 100% (!) der Bevölkerun Gazas lassen sich nur schwer mit Selbstverteidigung und menschlichem Schutzschild rechtfertigen.