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Russland und China blockieren Forderung nach Waffenruhe in Gaza

Russland und China blockieren Forderung nach Waffenruhe in Gaza – das steckt dahinter

22.03.2024, 16:1722.03.2024, 18:09
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Was ist passiert?

Die Forderung nach einer völkerrechtlich bindenden Waffenruhe im Gazastreifen ist im Weltsicherheitsrat auch fast sechs Monate nach Kriegsbeginn erneut gescheitert.

Russland und China blockierten eine von den USA eingebrachte Resolution am Freitag in New York im mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen mit einem Veto.

Vasily Nebenzya, Ambassador and Permanent Representative of Russia to the United Nations, speaks during a Security Council meeting at United Nations headquarters, Friday, March. 22, 2024. (AP Photo/Yu ...
Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja äusserte sich gegen die Resolution.Bild: keystone

Was forderte die Resolution?

Für die USA, Israels engstem Verbündeten, markierte die Resolution eine Kehrtwende: Washington wollte damit erstmals «eine sofortige und dauerhafte Waffenruhe» im Gaza-Krieg fordern. Angesichts der steigenden Zahl ziviler Opfer und einer drohenden Hungersnot in Teilen des abgeriegelten Küstenstreifens hatten die USA zuletzt ihren Druck auf Israel verstärkt.

Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, warb unmittelbar vor der Abstimmung nochmals mit Nachdruck für die Resolution. Der Beschluss würde die islamistische Hamas unter Druck setzen, in den gegenwärtigen Verhandlungen für eine Feuerpause und eine Freilassung der Geiseln einzulenken, argumentierte sie. «Jeder Tag ohne einen Entschluss bedeutet mehr unnötiges Leiden», betonte sie.

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US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield im Gespräch mit dem israelischen Botschafter Gilad Erdan.Bild: keystone

Der Entwurf der abgelehnten US-Resolution im Sicherheitsrat betonte die «Notwendigkeit einer sofortigen und dauerhaften Waffenruhe, um die Zivilbevölkerung auf allen Seiten zu schützen und die Bereitstellung unverzichtbarer humanitärer Hilfe zu ermöglichen und menschliches Leid zu lindern». Der Sicherheitsrat unterstütze vollumfänglich die laufenden internationalen Bemühungen, «eine solche Waffenruhe in Verbindung mit der Freilassung aller verbliebenen Geiseln zu erreichen», hiess es in dem Text weiter. Der Sicherheitsrat bekräftigte darin zudem den Plan, eine Zweistaatenlösung in Nahost anzustreben, «mit dem Gazastreifen als Teil eines palästinensischen Staats».

Der Resolutionstext sprach angesichts der von Israel geplanten Offensive in Rafah von einer «grossen Sorge» für die dortige Zivilbevölkerung. Das Dokument sprach auch von einer «tiefen Sorge über die Bedrohung der Zivilbevölkerung durch eine vom Konflikt ausgelöste Hungersnot und durch Epidemien» aus. Der Hunger in Gaza habe «katastrophale Zustände» erreicht. Alle Parteien hätten gemäss dem Völkerrecht die Verpflichtung, die Zivilbevölkerung zu schützen und in den Gebieten unter ihrer Kontrolle für deren Grundbedürfnisse zu sorgen, hiess es. Israel wird international heftig dafür kritisiert, nicht genug Hilfslieferungen für die Not leidenden Palästinenser zu ermöglichen. Israel weist diese Kritik zurück.

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Die Situation in Rafah bereitet den Vereinigten Nationen Sorge.Bild: keystone

Warum machen Russland und China nicht mit?

Die Beschlussvorlage ging Moskau und Peking offenbar nicht weit genug – in ihren Augen war der Text unter anderem zu proisraelisch und nicht ausreichend verbindlich.

Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja erklärte, die Beschlussvorlage der US-Regierung sei halbherzig und fordere eine Waffenruhe nicht klar genug. Zudem stelle der Text «effektiv ein grünes Licht» für Israels weiteres militärisches Vorgehen dar, etwa mit Blick auf die geplante Offensive in der Stadt Rafah an der ägyptischen Grenze, kritisierte er weiter. In der Stadt im südlichen Gazastreifen haben Hunderttausende Binnenflüchtlinge Schutz gesucht. Für die Resolution zu stimmen, wäre eine «Schande» gewesen, sagte er.

Der chinesische UN-Botschafter Zhang Jun bezeichnete die Resolution ebenfalls als nicht weitgehend genug. Es brauche eine sofortige Waffenruhe ohne Vorbedingungen. Falls es den USA mit ihrer Forderung ernst sei, sollten sie für einen stärkeren Resolutionstext stimmen, der derzeit von anderen Staaten vorbereitet werde, sagte er.

Zhang Jun, Ambassador and Permanent Representative of China to the United Nations, speaks during a Security Council meeting at United Nations headquarters, Friday, March. 22, 2024. (AP Photo/Yuki Iwam ...
Chinas Botschafter Zhang Jun. Bild: keystone

Von den 15 Mitgliedern des Weltsicherheitsrats stimmten letztlich nur elf für die US-Resolution. Algerien sowie die ständigen Mitglieder China und Russland stimmten dagegen, Guyana enthielt sich. Zuvor waren die Bemühungen des Gremiums um eine Waffenruhe im Gazastreifen in den vergangenen Monaten mehrfach am Widerstand der USA gescheitert.

Was braucht es für eine Resolution?

Eine Resolution im Weltsicherheitsrat braucht die Stimmen von mindestens 9 der 15 Mitgliedstaaten. Zudem darf es kein Veto der ständigen Mitglieder USA, Russland, China, Frankreich oder Grossbritannien geben. Resolutionen des Sicherheitsrats sind völkerrechtlich bindend. Wenn ein betroffener Staat sie ignoriert, kann das Gremium Sanktionen verhängen. Es ist aber unklar, wie gross der Einfluss eines Beschlusses auf die israelische Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gewesen wäre.

(dab/sda/dpa)

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71 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Kasar
22.03.2024 16:23registriert Juni 2020
Russland ging die Waffenstillstandsforderungen nicht weit genug und darum sind sie da gegen…ja genau. Wohl eher Russland ilunterstützt sicher keinen Waffenstillstand weil sie im Ukraine Krieg sicher auch keinen wollen damit
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zazie
22.03.2024 16:53registriert Mai 2023
Ich bin sicher, dass die palästinensischen Familien auf der Flucht zutiefst froh sind über das starke Zeichen der Solidarität aus Moskau und Peking.

/s
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Tom Scherrer (1)
22.03.2024 17:00registriert Juni 2015
RU und Chi unterstützen nach diesen vielen Vetos seitens der USA einen Vorschlag der USA nicht.

Sie wollen auch da den Lead übernehmen.

Beide Länder wollen sich ausdehnen. Auf dem Land, auf See und im All. Expansionistisch und revisionistisch.

Und hacken auf Israel um von Ihnen abzulenken, denn die Autokraten müssen die Demokratien und ihre Friedens-Instrumente als untauglich darstellen, damit sie sich als einzig brauchbare Alternative anbieten können.

Und so ungestört Ihr Business / Expansionen / Verbrechen durchziehen können.
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