Thunberg beklagt Misshandlung in israelischer Haft – Israel spricht von «dreisten Lügen»
Israels Aussenministerium hat Vorwürfe, die Schwedin Greta Thunberg und weitere pro-palästinensische Aktivisten seien in Haft harsch behandelt worden, scharf als «dreiste Lügen» zurückgewiesen. Der rechtsextreme Polizeiminister Itamar Ben-Gvir sagte dagegen, er sei «stolz, dass wir die ‹Flotten-Aktivisten› wie Terrorunterstützer behandeln». In einer Mitteilung Ben-Gvirs hiess es: «Wer Terror unterstützt, ist ein Terrorist und verdient die Bedingungen, die Terroristen zustehen.»
Die israelische Marine hatte am Freitag das letzte der insgesamt 42 Boote der «Global Sumud Flotilla» abgefangen. Mehr als 400 Besatzungsmitglieder aus Dutzenden Ländern wurden in Gewahrsam genommen, darunter auch Thunberg. Israel hat bereits damit begonnen, die Aktivisten in ihre Heimat zurückzuschicken.
Angeblich wenig Wasser, Ausschlag von Bettwanzen?
Der «Guardian» hatte berichtet, Thunberg habe gegenüber schwedischen Repräsentanten über harsche Behandlung in israelischer Haft gesprochen. Sie habe sowohl zu wenig Wasser als auch zu wenig Essen bekommen. Ausserdem habe sie gesagt, dass sie Hautausschläge bekommen habe, die vermutlich von Bettwanzen verursacht worden seien. Sie habe lange Zeit «auf harten Oberflächen» gesessen. Die Zeitung berief sich dabei auf eine E-Mail des schwedischen Aussenministeriums an Thunberg nahestehende Personen.
Andere Aktivisten gaben dem Bericht zufolge an, Thunberg sei an den Haaren geschleift und geschlagen worden. Man habe sie auch gezwungen, eine israelische Flagge zu küssen. Ähnliche Vorwürfe wurden auch mit Blick auf weitere propalästinensische Aktivisten geäussert.
Das schwedische Aussenministerium erklärte laut der Nachrichtenagentur TT, Vertreter der Behörde hätten sich mit den Festgenommenen getroffen. Vom Ministerium hiess es demnach weiter, dass man in seinen Kontakten mit den israelischen Behörden die Wichtigkeit der Deckung des medizinischen Bedarfs betont habe und dass «der Bedarf an Nahrungsmitteln und sauberem Wasser sofort gedeckt werden muss», sowie die Möglichkeit zu Treffen mit Rechtsvertretern.
Die Aktivisten wollten eigenen Angaben zufolge Hilfsgüter in den Gazastreifen bringen. Israel hatte angeboten, die Hilfslieferungen über Häfen ausserhalb des Gazastreifens an Land und von dort aus in das palästinensische Küstengebiet zu bringen. Die Aktivisten lehnten das mit der Begründung ab, Israels Blockade des Gazastreifens sei völkerrechtswidrig.
Israels Aussenministerium: Rechte wurden «vollständig gewahrt»
In der Stellungnahme des israelischen Aussenministeriums hiess es: «Die Behauptungen über die Misshandlung von Greta Thunberg und anderen Inhaftierten der Hamas–Sumud-Flottille sind dreiste Lügen.» Alle Rechte der Inhaftierten seien «vollständig gewahrt» worden. «Interessanterweise haben Greta selbst und andere Inhaftierte sich geweigert, ihre Abschiebung zu beschleunigen, und darauf bestanden, ihren Aufenthalt in Gewahrsam zu verlängern. Greta hat sich ausserdem bei den israelischen Behörden über keine dieser absurden und haltlosen Anschuldigungen beschwert – weil sie nie stattgefunden haben.»
Polizeiminister: Aktivisten sollen Haft «deutlich zu spüren bekommen»
Polizeiminister Ben-Gvir sagte dagegen, die Aktivisten und Aktivistinnen sollten die Haftbedingungen «deutlich zu spüren bekommen und sich zweimal überlegen, bevor sie sich wieder Israel nähern». Sein Fazit: «Wer geglaubt hat, hierherzukommen und einen roten Teppich und Fanfaren zu bekommen – der irrt sich.»
Ben-Gvir sagte, er habe die Schiffe der Gaza-Flotte besucht und dort «keine Hilfe und keine Humanität gesehen». Stattdessen habe er «eine Packung Babynahrung gesehen und ein ganzes Schiff voller Menschen, die sich als Menschenrechtsaktivisten ausgaben, in Wirklichkeit aber gekommen waren, um den Terror zu unterstützen und sich auf unsere Kosten zu amüsieren». (cst/sda/dpa)