Premierminister Matteo Renzi kämpft zwar noch dafür, die Verfassung zu reformieren. Damit bekäme er mehr Macht, Italien umzubauen und zu mehr Wachstum zu führen. Doch die Stimmung ist gekippt. Quer durch die politischen Lager mehren sich Stimmen, die den Reformbedarf woanders orten. Italien soll raus aus dem Euro.
Eine dieser Stimmen gehört Nino Galloni. Er arbeitete für die OECD, war Generaldirektor des italienischen Arbeitsministeriums und sitzt heute in der Aufsicht der nationalen Versicherung gegen Arbeitsunfälle. Ein wütender Revoluzzer ist Galloni nicht. Aber er sagt: «Italien wurde durch den Euro de facto die Deindustrialisierung aufgezwungen.»
Diesen Worten liess Galloni jüngst Taten folgen. Seit diesem Herbst amtiert er als Präsident der frisch gegründeten Partei «Alternativa per l’Italia». Im Parteiprogramm heisst es klipp und klar: «Italien soll aus der Währungsunion austreten, es muss wieder eine eigene Währung und eine eigene Zentralbank haben.»
Die Kritik am Euro nimmt zu. In Umfragen sprechen sich über 40 Prozent der Italiener gegen den Euro aus. Der deutsche Starökonom Hans-Werner Sinn sagte jüngst, dass italienische Establishment sehe keine Alternative zum Austritt.
Diese Woche vermeldete das Umfrage-Institut Sentix: Finanzinvestoren würden das Risiko eines «Italexit» so hoch bewerten wie noch nie. «Es ist vier Minuten vor zwölf», schrieb das Institut.
Antonio Maria Rinaldi, Römer Finanzprofessor, kämpft ebenfalls in der «Alternativa». Auf seiner Facebook-Seite prangt zuoberst ein Bild, das ihn mit Nigel Farage zeigt. Das Aushängeschild der britischen Unabhängigkeitspartei Ukip als Vorbild.
Rinaldi schrieb vor drei Jahren ein Buch mit dem Titel «Euro kaputt». Nebenher betreibt er einen der einflussreichsten italienischen Wirtschaftsblogs, «Scenarieconomici».
Ein Blogbeitrag auf «Scenarieconomici» zeigt die «Katastrophe für die italienische Industrie». Auf einer Grafik ist nachgezeichnet, wie sich die italienische und die deutsche Industrieproduktion seit der Euro-Einführung entwickelten. Die deutsche setzte zum Höhenflug an; die italienische kollabierte auf das Niveau von Mitte der Neunzigerjahre.
Beppe Grillo, zum Politiker gewordener Komiker, hat bereits eine Abstimmung zum Euro versprochen sollte seine Fünf-Sterne-Bewegung an die Macht kommen.
Doch Galloni und Rinaldi trauen ihm nicht. «Mal interessiert er sich für den Euro, mal nicht», sagt Galloni. Italien brauche aber eine kohärente Politik. «Zudem glauben wir nicht, dass Grillo dem Druck der internationalen Finanzinvestoren wird standhalten können. Er würde sich erpressen lassen.»
Galloni tüftelt schon an der Vorbereitung für den Ausstieg. «Bis es so weit ist, sollte Italien eine nationale Parallelwährung zum Euro einführen.» Damit bekäme Italien wieder die nötige Liquidität, damit Haushalte und Unternehmen wieder leichter konsumieren und investieren können.
Gleichzeitig brauche Italien einen Plan B. «Wir müssen auf ein mögliches Desaster des Eurosystems gut vorbereitet sein.» Italien soll es nicht ergehen wie Griechenland. Die Regierung Tsipras verlor damals mit ihrem Finanzminister Yanis Varoufakis das Powerplay gegen die EU-Kommission.
Nach Ansicht von Galloni war sie nicht genügend vorbereitet. «Varoufakis drohte mit einem Grexit, aber er verlor.» Er habe keinen Plan B und keine alternative Währung gehabt. «Ausserdem hat Mario Draghi damals unfair gespielt», sagt Galloni.
Der Präsident der Europäischen Zentralbank drohte damit, er kappe den griechischen Banken die Euro-Zufuhr. Dabei ist die EZB gesetzlich verpflichtet, die Banken in Mitgliedsstaaten mit Liquidität zu versorgen. «Das hat das Spiel entschieden: Griechenland verliess den Euro nicht», so Galloni. «Dennoch sei der Austritt der einzige Weg für Griechenland, seine Wirtschaft zu erneuern.»
Dem Euro noch eine Chance geben will Galloni nicht. «Mit dem Euro haben alle Mitgliedstaaten ihre monetäre Souveränität verloren.» Eine nominelle Abwertung der Währung sei damit nicht mehr möglich; gleichzeitig liessen die Maastrichter Verträge keine Erhöhung der öffentlichen Ausgaben zu.
«Damit ist es unmöglich geworden, die verschiedenen nationalen Wirtschaften in der Eurozone wieder in ein Gleichgewicht zu bringen.» Es werde für schwächere Wirtschaften nur noch schwieriger; für starke Wirtschaften immer besser.
Italien habe nur zwei Optionen, so Galloni. «Wir können auf die grosse Krise des Eurosystems warten, oder wir schaffen eine neue Währung für Italien.» Die grosse Systemkrise werde unweigerlich kommen, die Eurozone werde auseinanderfallen.
«Sie wird aber am Ende nicht aus finanziellen Gründen scheitern, weil etwa irgendein Staat seine Schulden nicht zahlen kann.» Sondern weil sie die politische Unterstützung verliere. «Das Euro-System ist nicht in der Lage, für eine ausreichende Beschäftigung zu sorgen oder für eine stabile positive Inflation.»
Deftige Worte gegen Deutschland, wie sie in Südeuropa oft zu hören sind, kommen Galloni nicht über die Lippen. «Die Ungleichgewichte in Europa sind für kein Land gut, auch nicht für Deutschland.» Das Land habe zum Beispiel zu viele schlecht bezahlte Jobs. «So will es Stückkosten tief halten, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.»
Zudem sei Deutschland einseitig auf den Industriesektor konzentriert. Mit der «Alternative für Deutschland» will Galloni jedoch nicht in Verbindung gebracht werden. «Wir sind weder Populisten, noch stehen wir rechts oder links aussen.» Eher gebe es Gemeinsamkeiten mit der britischen Unabhängigkeitspartei Ukip. «Wir wollen ebenfalls die Souveränität für unser Land zurückerlangen.»
Vielmehr sollten wir uns Italiener darum bemühen unsere hervorragend Industrieprodukte im Ausland besser bekannt zu machen und ihre Vermarktung zu verbessern.
UK und schweden haben beide noch ihre währungen. Ausserdem glaube ich, italiens probleme sind hausgemacht und hat nix mit der währung zu tun ... Las hätte das fie lira abwenden können. Italien hat massive probleme, nicht nur in der wirtschaft sondern auch interne. Jetz suchen sie nur nen schuldigen um politisch als lösungsmacher dazustehen