International
Italien

Italien: Muss Matteo Salvini ins Gefängnis? Am Freitag kommt das Urteil

Muss Italiens Vize-Regierungschef Salvini ins Gefängnis? Heute kommt das Urteil

20.12.2024, 07:0120.12.2024, 07:01
Mehr «International»

Im Prozess gegen Italiens rechten Vize-Ministerpräsidenten Matteo Salvini wegen dessen Umgangs mit Migranten auf dem Mittelmeer fällt an diesem Freitag das Urteil. Die Staatsanwaltschaft fordert sechs Jahre Gefängnis. Sie legt dem heutigen Verkehrsminister zur Last, 2019 in seiner Zeit als Innenminister das Schiff einer Hilfsorganisation wochenlang am Einlaufen in den Hafen der Insel Lampedusa gehindert zu haben. Die Verteidigung fordert Freispruch.

epa11663825 The Federal Secretary of Italy's Lega Nord party, Matteo Salvini, arrives at a meeting of Patriots for Europe in Brussels, Belgium, 17 October 2024. Patriots for Europe is the third l ...
Matteo Salvini wird mit schweren Vorwürfen konfrontiert.Bild: keystone

Der Vorsitzende der rechten Regierungspartei Lega gehört zu den zentralen Figuren der Koalition von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Der 51-Jährige hat deutlich gemacht, dass er auch bei einer Verurteilung im Amt bleiben will. Er wirft der Justiz vor, ihn aus politischen Gründen zu verfolgen. Die Staatsanwaltschaft hingegen legt ihm Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch zur Last. Nun entscheidet nach mehr als drei Jahren Prozess ein Gericht in Palermo auf Sizilien.

Durch hartes Vorgehen gegen Migranten international bekannt

Salvini war 2018/19 Innenminister. Damals machte er sich durch sein Vorgehen gegen Hilfsorganisationen, die Flüchtlinge aus Booten im Mittelmeer an Bord nehmen, auch international einen Namen. Zeitweise kam seine Partei in Wahlen auf mehr als 30 Prozent. Inzwischen liegt die Lega jedoch deutlich hinter dem grösseren Koalitionspartner, Melonis Fratelli d'Italia (Brüder Italiens). In Umfragen kommt sie auf etwa 10 Prozent.

epa11783403 Italian Prime Minister Giorgia Meloni (R) speaks with Italian Deputy Prime Minister and Minister of Infrastructure and Transport Matteo Salvini during her report on the upcoming European C ...
Regierungspartner: Matteo Salvini und Giorgia Meloni.Bild: keystone

In dem Prozess ging es um das Schiff «Open Arms» der gleichnamigen spanischen Hilfsorganisation, das im August 2019 im Mittelmeer mehr als 160 Migranten aufgenommen hatte. Anschliessend lag es vor Lampedusa, durfte aber nicht in den Hafen. Mehrfach sprangen Menschen ins Wasser und versuchten, an Land zu schwimmen. Die Staatsanwaltschaft liess die «Open Arms» schliesslich nach drei Wochen beschlagnahmen, damit das Schiff anlegen konnte.

Vorwürfe gegen «kommunistische Richter»

Salvini kündigte bereits an, gegen eine Haftstrafe in Berufung zu gehen. Er sprach von «kommunistischen Richtern», die linke Politik betrieben. «Ich habe nur meine Arbeit gemacht. Ich habe die Grenzen verteidigt», sagte der Rechtspopulist. «Wenn sie mich verurteilen, ist das eine kriegerische Handlung gegen alle anständigen Menschen, die ihre Pflicht tun.» Italiens Richter- und Anwaltsverbände weisen solche Vorwürfe zurück.

epa11644008 Lega party leader Matteo Salvini speaks during the traditional Lega (League) party rally in Pontida, Bergamo, northern Italy, 05 October 2024. Italy's right-wing League party is holdi ...
Salvini wettert über die italienische Justiz.Bild: keystone

Auch in Italien wäre es äusserst ungewöhnlich, wenn ein zum Gefängnis verurteilter Minister im Amt bliebe. Ministerpräsidentin Meloni versicherte dem Koalitionspartner aber mehrfach schon ihre Solidarität. Im Parlament sagte sie diese Woche: «Salvini kann mit der Unterstützung der gesamten Regierung rechnen.» Die Lega hat für den Fall einer Verurteilung bereits Proteste angekündigt.

Deutlich weniger Neuankömmlinge als vergangenes Jahr

Italien gehört zu den Ländern, die von der Migration übers Mittelmeer besonders betroffen sind. Vergangenes Jahr wurden dort noch mehr als 150'000 Neuankömmlinge registriert. In diesem Jahr waren es deutlich weniger – bislang etwa 64'000. Von den Flüchtlingen, die im Sommer 2019 mit der «Open Arms» schliesslich in Lampedusa an Land gehen durften, lebt nach Angaben der Helfer heute ein einziger in Italien.

Die Regierung Meloni verfolgt einen harten Kurs gegen irreguläre Migration. Das Vorhaben, künftig auch in Aufnahmelagern in Albanien über Asylanträge entscheiden zu lassen, kommt bislang allerdings nicht voran. Nach zwei Niederlagen vor Gericht stehen die Lager nun leer. (dab/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
3 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
3
Mann nach Schüssen in Einkaufszentrum in Oslo festgenommen
Nach Schüssen in einem belebten Einkaufszentrum in der norwegischen Hauptstadt Oslo hat die Polizei den mutmasslichen Schützen festgenommen. Der polizeibekannte Mann im Alter zwischen 20 bis 30 Jahren habe sich selbst gemeldet und sei in Gewahrsam genommen worden, gab der Leiter der Aufklärungs- und Ermittlungseinheit der Osloer Polizei, Knut Lutro, am Nachmittag auf einer Pressekonferenz bekannt.
Zur Story