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Sea-Watch 3 bringt Flüchtlinge sicher an Land – Kapitänin verhaftet

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Die italienische Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen Kapitänin Rackete eingeleitet. Bild: EPA

«Sea-Watch 3» bringt 40 Flüchtlinge sicher an Land – und die Kapitänin wird verhaftet

29.06.2019, 08:2829.06.2019, 21:27
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Die 40 Flüchtlinge, die 16 Tage lang an Bord des Rettungsschiffes «Sea-Watch 3» verbracht haben, sind auf Lampedusa gelandet. Sie wurden registriert und in ein Flüchtlingslager der süditalienischen Insel untergebracht.

Dies berichtete die öffentlich-rechtliche TV-Anstalt RAI am Samstag. Die Flüchtlinge stiegen in Fahrzeuge ein, die sie zum Flüchtlingslager brachten. Vor der Landung umarmten sie die Crewmitglieder des Rettungsschiffes der deutschen NGO Sea-Watch, mit denen sie 16 Tage lang an Bord verbrachten. An Bord des Schiffes ging die Polizei, die die «Sea-Watch 3» beschlagnahmte.

Aktivisten von Menschenrechtsorganisationen feierten im Hafen von Lampedusa die Landung der Migranten. Eine Gruppe von Anrainern beschimpften die Crewmitglieder der «Sea-Watch 3». Parlamentarier der oppositionellen Demokratischen Partei (PD) attackierten die italienische Regierung, die dem Rettungsschiff mehr als zwei Wochen verweigert hatten, in einen Hafen einzulaufen.

Noch unklar ist, was im Weiteren mit den Migranten geschieht. Fünf Länder – Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Finnland und Portugal – haben sich laut Angaben des italienischen Aussenministeriums bereit erklärt, jeweils ein paar der Migranten aufzunehmen.

31-jährige Kapitänin verhaftet

Die Kapitänin der «Sea Watch 3», Carola Rackete, wurde nach dem Anlegen von der italienischen Polizei festgenommen. Die 31-Jährige hatte am Mittwoch trotz eines Verbots Italiens Kurs auf die italienischen Hoheitsgewässer genommen und Lampedusa angesteuert. Auf Anweisung der Polizei musste das Schiff aber rund eine Seemeile vor dem Hafen stoppen. Rackete gab an, sie wisse, was sie riskiere, und sei bereit, für ihre Entscheidungen ins Gefängnis zu gehen.

Hier wird die «Sea-Watch-3»-Kapitänin verhaftet:

Der Streit über die Aufnahme der aus Seenot geretteten Flüchtlinge der «Sea-Watch 3» entwickelt sich immer mehr zu einer direkten Auseinandersetzung zwischen Rackete und dem rechtspopulistischen Innenminister Matteo Salvini. «Die Gesetzlose verhaftet. Piratenschiff beschlagnahmt. Grosse Strafe für ausländische Nicht-Regierungsorganisation. Flüchtlinge alle auf andere europäische Länder verteilt. Mission erfüllt», twitterte Salvini am Samstag.

Salvini warf Rackete «kriminelles Verhalten» vor. Sie habe unter anderem das Leben von Zollpolizisten aufs Spiel gesetzt. Das italienische Zollboot habe versucht, das Rettungsschiff vom Anlegen abzuhalten, es hatte dann aber ausweichen müssen. Dabei sei knapp ein Zusammenstoss mit der «Sea-Watch 3» abgewendet worden, das Motorboot wurde leicht beschädigt, berichteten italienische Medien.

epa07676747 A handout photo made available by Sea-Watch on 27 June 2019 shows Sea-Watch 3 captain Carola Rackete on board the vessel at sea in the Mediterranean, 20 June 2019. Migrant rescue ship Sea- ...
Rackete gab an, sie sei bereit, für ihre Entscheidungen ins Gefängnis zu gehen.Bild: EPA

«Rackete hat dies alles getan, während Parlamentarier der Opposition, darunter Ex-Verkehrsminister Graziano Delrio, an Bord des Schiffes waren. Unglaublich», kommentierte der rechte Politiker Salvini laut Medienangaben.

Sea-Watch-Geschäftsführer Johannes Bayer erklärte im Kurzmitteilungsdienst Twitter, die Kapitänin habe «genau das Richtige getan». Rackete habe das Seerecht eingehalten und die Flüchtlinge in Sicherheit gebracht.

Am Freitag hatte die italienische Staatsanwaltschaft gegen Rackete Ermittlungen eingeleitet. Vorgeworfen werden ihr unter anderem Beihilfe zur illegalen Einwanderung und Verletzung des Seerechts. Ihr drohen bis zu 15 Jahre Haft. Die Deutsche soll jetzt nach Sizilien gebracht werden. Sie soll in der Stadt Agrigent inhaftiert werden. Laut italienischen Medien könnte es zu einem Schnellverfahren kommen.

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Das Schiff hatte am 12. Juni insgesamt 53 Menschen vor der Küste Libyens von einem Schlauchboot gerettet. 13 von ihnen, darunter Frauen, Kranke und Kinder, waren in den vergangenen Tagen an Land gebracht worden. (viw/sda/afp/dpa/reu)

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Lampedusa Flüchtlinge
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Lampedusa Flüchtlinge
Afrikanische Flüchtlinge nahe Lampedusa.
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204 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Hühne Bueber
29.06.2019 10:40registriert Oktober 2016
Je mehr solche Schiffe es gibt, je mehr Gummiboote kommen. Man hilft nicht den Flüchtlingen die dann wieder zurückgeschafft werden sondern den Schleppern! Wiso gibt es keine Zentren auf der anderen Seite des Meeres, wo man abklären kann, wer Asyl erhält und wer nicht und dann bringen wir die wirklichen Flüchtlinge sicher nach Europa? Wäre sicherer und billiger...
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Geo1
29.06.2019 21:12registriert August 2016
Eigentlich seltsam, dass sich so viele Leute über etwas aufregen, dass lediglich Symptom eines viel grösseren Problems ist. Wo sind all die wütenden Stimmen, wenn die EU (und andere) mit ihren Agrarsubventionen die Landwirtschaft in den Entwicklungsländern zum erliegen bringt, die Meere vor diesen leerfischt, ihr Steuersubstrat abschöpft, ihre Rohstoffe ausbeutet, diktatorische Regimes stützt usw., und damit aktiv die Ursachen für das verstärkt, was ihnen Angst macht?
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Altruide
29.06.2019 08:41registriert April 2019
Es ist schwer zu hoffen, dass es zur Rettung von Menschenleben keine empfindliche bzw. keine Haftstrafe absetzt.

15 Jahre im Vergleich zu anderen Taten, das Menschenleben teilweise zerstört? WTF 😱
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