Wer ein gemeinsames Foto von Marine Le Pen und Giorgia Meloni sucht, muss weit im Archiv zurückgehen. Sehr weit. Fast zehn Jahre ist es her, dass die beiden letztmals gemeinsam öffentlich aufgetreten waren. Seitdem herrscht Eiszeit: Um die Beziehung zwischen der italienischen Regierungschefin und der französischen Möchtegernpräsidentin steht es nicht gut. Genauer: Die beiden sind sich spinnefeind.
Das Zerwürfnis hat mehrere Ursachen. Während Le Pen weiterhin Sympathien für Putins Russland hegt und mit den USA fremdelt, sind Melonis «Fratelli d'Italia» ganz klar im Lager der Transatlantiker. Auch von ihrem euroskeptischen Grundkurs hat sich die Italienerin im Gegensatz zu Le Pen verabschiedet, seit sie in der Regierungsverantwortung steht.
Die anderen, und wahrscheinlich ebenso wichtigen Gründe, sind eher persönlicher Natur: War Meloni vor ein paar Jahren noch Chefin einer Mini-Partei und Le Pen bereits Massenphänomen, hat sich das Kräfteverhältnis heute umgekehrt. Meloni ist zu einer der mächtigsten Frauen in Europa aufgestiegen. Le Pen hingegen rüttelt in Paris immer noch an den Pforten der Macht. Das schlägt auf das Selbstbewusstsein der eitlen Französin.
Dazu kommen «quasi-familiäre» Streitigkeiten: Le Pen versteht sich ausgezeichnet mit Matteo Salvini, dem italienischen Lega-Chef. Dieser ist aber der Erzrivale von Meloni in Rom. Die mediale Zurschaustellung der Le-Pen-Salvini-Freundschaft lässt bei der temperamentvollen Römerin die Wut hochkochen.
Umgekehrt ist Marion Maréchal, Le Pens Nichte, die mit ihrer Tante auf Kriegsfuss steht, mit dem Fratelli-Abgeordneten Vincenzo Sofo verheiratet und im Februar mit viel Brimborium in die Meloni-Fraktion im Europäischen Parlament eingetreten. Das alles gibt viel böses Blut. Dass der Haussegen zwischen den beiden rechten Frauen bald wieder zu richten sein wird, ist nicht zu erwarten.
Entzündet hat sich die Rivalität zuletzt zusätzlich an einer Dritten im Bunde: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Seit Monaten macht Meloni auf beste Freundin mit von der Leyen. Die beiden tauschen Küsschen und Umarmungen aus, reisen zusammen nach Tunesien und Ägypten oder besuchen im Beisein von Journalisten den Flüchtlingshotspot Lampedusa. Le Pen, die die «EU-Bürokratin» von der Leyen verachtet, ist nun der Geduldsfaden gerissen: An einer von Salvini organisierten PR-Veranstaltung forderte sie Meloni öffentlich auf, sich zu bekennen: Steht sie auf der Seite von der Leyens oder auf der des Volkes?
Klar ist: Meloni und die EU-Kommissionschefin brauchen einander. Italien ist auf die bis zu 200 Milliarden Euro aus dem Corona-Wiederaufbaufonds angewiesen. Und von der Leyen, die bei ihrer letzten Wahl zur EU-Chefin nur eine hauchdünne Mehrheit im EU-Parlament erzielte, braucht die Stimmen der Meloni-Abgeordneten, seit ihr im Streit um ihren Green Deal sowohl Teile der Grünen als auch ihrer eigenen christdemokratischen Volkspartei (EVP) abhandengekommen sind.
Grosse Berührungsängste scheint die Kommissionschefin mit der ehemals als Postfaschistin geächteten Meloni nicht mehr zu haben. Wer mit ihr zusammenarbeiten wolle, müsse vor allem zwei Bedingungen erfüllen: Die Ukraine unterstützen und nicht am EU-Fundament sägen, hiess es kürzlich beim EVP-Parteikongress in Bukarest. Das dürfte für Meloni so passen.
"Wenn Frauen die Welt regieren würden, gäbe es keine Kriege. Nur ein paar beleidigte Länder, die nicht miteinander reden würden."
Was haben wir gelacht... damals...
Gruss
Chorche, konnte heute nicht ausschlafen