Tagelang machte die kanadische Ortschaft Lytton mit immer neuen Hitzerekorden Schlagzeilen – nun hat ein Flammeninferno die Gemeinde fast komplett zerstört: In kürzester Zeit wurde der kleine Ort von einer Feuerwalze überrollt.
90 Prozent von Lytton seien abgebrannt, auch der ganze Ortskern, teilte der kanadische Parlaments-Abgeordnete Brad Vis am Donnerstag mit. Mehr als 1000 Menschen mussten in aller Eile flüchten.
Er habe weissen Rauch am Südrand des Ortes gesehen und schon 15 bis 20 Minuten später hätten die Flammen die ganze Stadt ergriffen, sagte Bürgermeister Jan Polderman laut kanadischen Medien. Fotos und Videos zeigten komplett verkohlte Häuserreihen und Strassenzüge.
Offizielle Zahlen über mögliche Opfer gab es zunächst nicht. Vielerorts waren Strom- und Telefonverbindungen unterbrochen. Die Menschen seien in alle Richtungen in weiter entfernte Orte geflüchtet, hiess es.
Vor der Brandkatastrophe am Mittwochabend (Ortszeit) hatte Lytton, das rund 260 Kilometer nordöstlich von Vancouver liegt, drei Tage in Folge Hitzerekorde verzeichnet. Das Thermometer zeigte nach Angaben der Wetterbehörde am Dienstag 49,6 Grad Celsius an, die höchste in Kanada gemessene Temperatur. Das Feuer auf einer Fläche von 65 Quadratkilometern sei «ausser Kontrolle», teilten die Behörden am Donnerstag mit. Das Wetter sei weiterhin trocken, heiss und windig.
Auch in anderen Teilen der kanadischen Provinz British Columbia waren binnen 24 Stunden Dutzende Waldbrände ausgebrochen, viele durch Blitzschläge.
Grund dafür sind die sogenannten Pyrocumulonimbus – riesige Gewitterwolken, die durch Grossbrände entstehen. Der nordamerikanische Gewitterdienst zählte rund 710'000 Blitze, was etwa fünf Prozent der jährlichen Blitze in Kanada ausmacht.
Satellitenbilder hielten die gewaltigen Gewitterwolken und Blitze fest. Der Klimawissenschaftler Daniel Swain der Universität von Kalifornien schrieb auf Twitter: «Ich habe viele pyrokonvektive Ereignisse im Zusammenhang mit Waldbränden während der Satelliten-Ära beobachtet, und ich denke, dies könnte das extremste sein, das ich je gesehen habe. Dies ist ein buchstäblicher Feuersturm, der *Tausende* von Blitzen und mit ziemlicher Sicherheit unzählige neue Brände erzeugt.»
And wow... satellites picked up quite a bit of lightning within the pyro plumes. pic.twitter.com/OZKBcu1ctJ
— Dakota Smith (@weatherdak) July 1, 2021
Heisses und trockenes Wetter mit heftigen Winden verschärfte auch in Kalifornien die Feuerlage. Im Norden des bevölkerungsreichsten US-Bundesstaats kämpften am Donnerstag über tausend Feuerwehrleute gegen drei grössere Waldbrände an.
Eines der Feuer nahe der Ortschaft Weed hat sich auf eine Fläche von über 80 Quadratkilometern ausgebreitet. Mehrere tausend Menschen waren aufgefordert worden, ihre Häuser in der Gefahrenzone zu verlassen. Trotz eines mehrtägigen Grosseinsatzes der Feuerwehr waren die Flammen am Donnerstag erst zu 25 Prozent eingedämmt.
2020 hatte Kalifornien die flächenmässig verheerendste Waldbrandsaison seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt. Besonders schwer wüteten die Brände von Mitte August bis Ende Oktober. Mehr als 30 Menschen kamen ums Leben, über 10'000 Gebäude wurden beschädigt oder zerstört. (sda/dpa)
Tschuldigung für den Zynismus.