Hat Bürgermeisterin Anne Hidalgo hellseherische Gaben – oder ganz einfach Glück? Für die Eröffnung der Flussbäder kommt ihr die Hitzewelle jedenfalls gerade recht. Vor einem Jahr noch hatte der Regen die olympischen Schwimmwettbewerbe im Pariser Stadtfluss fast vereitelt. Mit dem Regenwasser gelangen nämlich auch Abwässer aus der Pariser Kanalisation ungereinigt in die Seine. Die Bakterien können Hautreizungen und Magenbeschwerden verursachen.
Doch jetzt herrscht in Paris eitel Sonnenschein, und bei Temperaturen von bis zu 37 Grad fragen sich die hitzegeplagten Pariserinnen und Pariser kaum, ob der Sprung in die Seine gesundheitsschädlich sein könnte.
Vergessen sind auch die horrenden Kosten, mit denen Hidalgo den von den Dichtern besungenen Fluss schwimmtauglich zu machen versprach. 1,4 Milliarden Euro verschlang die Sanierung von Hausbooten und 23’000 Abwasserkanälen im Oberlauf der Seine und der Marne. Im Ostteil von Paris entstanden für Regenwetter zwei in die Tiefe getriebene Überlaufbecken vom Ausmass der Notre-Dame-Kathedrale.
Das war der Preis, damit die Sozialistin Hidalgo ein Versprechen halten konnte, das schon ihre Vorgänger im Pariser Bürgermeisteramt abgegeben hatten. Jacques Chirac hatte 1990 geschworen, er werde binnen drei Jahren «vor Zeugen» in der Seine schwimmen. Geschafft hat er es nie.
Am diesem Samstag ist es nun so weit. Drei Flussbäder öffnen teils schon ab 7.30 Uhr ihre Pforten – und als erste Prüfung zweifellos den erwarteten Grossandrang zu bewältigen haben. Die Standorte sind:
Die Bäder bestehen hauptsächlich aus Holzplanken auf Luftkissen. Um den Schwimmteil gruppieren sich Sonnendecks zum Schwitzen, Kabinen und natürlich Duschen zum Einseifen nach getanem Bad. Die städtischen Wissenschafter halten die Messwerte für unbedenklich, auch was die Präsenz von Fäkalbakterien anbelangt. Der Umweltverband NFE stellt das nicht infrage, bemängelt aber, nach einzelnen Viren werde gar nicht erst gesucht.
Hidalgo, die bei den nächsten Wahlen in einem Jahr nicht mehr antreten wird, will bei ihrem Prestigeprojekt vor allem Unfälle vermeiden. Die insgesamt 27 Badmeister haben deshalb sogar die Schwimmtauglichkeit der Badegäste zu testen. Wie genau, bleibt vertraulich. Sich von Boje zu Boje zu angeln, genüge jedenfalls nicht, meinte der Präsident des Nationalen Schwimmverbandes, Lazreg Benelhadj.
Mit den Freibädern antwortet Hidalgo indirekt auch auf Kritik an einer bestehenden Freizeitattraktion namens «Paris-Plage», zu Deutsch: Paris-Strand. Auf den ausrangierten Schnellstrassen entlang der Seine hat die rot-grüne Stadtregierung jeden Sommer richtige Sandstrände mit Liegestühlen und Sonnenschirmen eingerichtet. Aber leider ohne Bademöglichkeit: Das vorbeifliessende Wasser durften die erhitzten Paris-Plage-Gäste nur sehnsuchtsvoll anschauen. Jetzt dürfen sie sich am labenden Nass sogar erfrischen.
Das diesjährige Sommerthema ist Brasilien, aus Rio den Janeiro sind Musikgäste angesagt. Was will Paris noch mehr: Baden im kühlen Nass und dies erst noch bei tropischen Temperaturen, das ist ja schon fast wie an der Copacabana!