Es war eine Ansage mit Symbolik und praktisch aus dem Nichts: Saif al-Islam, ein Sohn des früheren libyschen Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi, kündigte am letzten Sonntag an, dass er für das libysche Präsidentenamt kandidieren will. Saif al-Islam, der vor dem Fall seines Vaters im Westen stets als Reformer galt, setzte dabei stark auf Symbolik.
Er trat in einem ähnlichen Gewand auf wie sein Vater vor zehn Jahren bei der berüchtigten Bab-al-Azizia-Rede. Damals, im Februar 2011, verschanzte sich der Diktator im militärischen Komplex im Süden von Tripolis. Das Bab al-Azizia galt als Kommandozentrale von Gaddafis Truppen. Im Verlauf des Bürgerkriegs bombardierten die internationalen Truppen die Festung.
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— Anas El Gomati (@AGomati) November 14, 2021
Seif Al Islam Gaddafi
Gaddafi presents his credentials to run for democratic elections.
He chose to dress like his father 10 years on from the infamous Bab Al Azizya speech in the early days of the February 17 revolution 2011 pic.twitter.com/quaJQiZb8Y
Und nun, sechs Wochen vor der geplanten Präsidentschaftswahl in Libyen, will sich der Sohn Gaddafis als Kandidat aufstellen lassen. «Ein libyscher Geist kehrt zurück», titelte der «Spiegel». Saif al-Islam reichte seinen Antrag dafür am Sonntag in der südlichen Stadt Sabha ein, wie die Wahlkommission mitteilte. Sie veröffentlichte bei Facebook auch Fotos davon, wie Al-Islam an einem Schreibtisch die nötigen Dokumente ausfüllt.
عاجل > فيديو : اللقطات الأولية من تقديم سيف الإسلام القذافي أوراق ترشحه بالحضور الشخصي لمفوضية الإنتخابات في #سبها . #المرصد #ليبيا pic.twitter.com/qNoVD1EtjU
— صحيفة المرصد الليبية (@ObservatoryLY) November 14, 2021
Al-Islam hatte in Libyen die brutale Niederschlagung von Protesten gegen seinen Vater im Jahr 2011 unterstützt. Ihm wurde vorgeworfen, im Rahmen der Aufstände zur Tötung friedlicher Demonstranten aufgerufen zu haben. Auf der Flucht wurde er dann von einer Miliz gefasst und kam in der westlibyschen Stadt Sintan in Haft. Dort verbrachte er nach eigener Aussage mehrere Jahre mit kaum Kontakt zur Aussenwelt. Sonntag markierte seinen ersten öffentlichen Auftritt seit Jahren.
Seit 2014 fordert der Internationale Strafgerichtshof Al-Islams Auslieferung, um ihm wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit den Prozess zu machen. 2015 wurde er von einem Gericht in Tripolis in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Die Machthaber in Sintan liessen ihn aber weder nach Tripolis überstellen, noch lieferten sie ihn aus.
Über eine mögliche Kandidatur Al-Islams war seit Monaten spekuliert worden. Im Sommer hatte er sich zehn Jahre nach seiner Flucht und nach mehrjähriger Gefangenschaft mit einem Interview zurück in die Öffentlichkeit gewagt. Gegenüber der «New York Times» hatte er angedeutet, möglicherweise für das Präsidentenamt zu kandidieren. Er zeigte sich dabei auch überzeugt, dass sich seine rechtlichen Probleme im Fall seiner Wahl ausräumen lassen würden.
Der älteste Sohn stammt aus Gaddafis erster Ehe. Während des Bürgerkriegs floh er zusammen mit seiner Stiefmutter, einem Halbbruder und seiner Halbschwester nach Algerien.
Im Jahr darauf erhielten sie politisches Asyl im Oman – gekoppelt an die Bedingung, dass sie sich in Zukunft nicht mehr politisch betätigen.
Al-Saadi ist Gaddafis drittältester Sohn. Nebst seiner Tätigkeit im Militär, wo er den Rang eines Oberst erreichte und einer Elitebrigade vorstand, leitete er den Libysche Fussball-Verband und spielte in den italienischen Fussballteams Perugia Calsio, Sampdoria und Udinese – allerdings nicht sehr erfolgreich, er kam nicht auf viele Einsätze.
Daneben verdiente er sich ein Vermögen in der libyschen Ölindustrie und als Filmproduzent. 2011 floh er aus Libyen, als die Regierung seines Vaters unter Protesten und Zusammenstössen im Land zu bröckeln begann. 2014 lieferte das benachbarte Niger ihn zurück nach Libyen aus, wo ihm vorgeworfen wurde, an der brutalen Niederschlagung von Protesten mitgewirkt zu haben. Vom Vorwurf, einen Mitspieler nach einem Streit ermordet zu haben, wurde er freigesprochen. Gegenüber der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch beklagte er 2015, in Einzelhaft zu sitzen und ein nicht ordnungsgemässes Verfahren.
Ihm werden Folter und Mord während der Revolte vorgeworfen, ausserdem wird ihm der Mord am libyschen Fussballspieler Bashir Al Rayani im Jahr 2005 angelastet.
Im September 2021 gab Libyens Regierung bekannt, dass al-Saad aus der Haft entlassen worden sei. Der Schritt sei Teil der geplanten Freilassung aller Gefangenen, die im Land ohne entsprechende Rechtsgrundlage inhaftiert seien. Damit solle auch die landesweite Aussöhnung vorangetrieben werden.
Der viertgeborene Mutassim galt als einer der möglichen Nachfolger seines Vaters. er soll Vorsitzender oder Berater des Nationalen Sicherheitsrates gewesen sein. In dieser Funktion traf er sich im April 2009 mit der damaligen US-Aussenministerin Hillary Clinton – der damals höchstrangige diplomatische Austausch zwischen den beiden Länder seit Wiederaufnahme der Beziehungen.
Er starb am selben Tag wie sein Vater. Rebellen töteten ihn am 20. Oktober 2011 in Sirte, der Heimatstadt von Muammar Gaddafi. Die genauen Umstände seines Todes sind aber nicht bekannt.
Schweizerinnen und Schweizern wird Hannibal Gaddafi noch ein Begriff sein: Die Genfer Polizei nahm ihn und seine Frau im Juli 2008 in einem Hotel fest. Der Vorwurf: Körperverletzung, Drohung sowie Nötigung zweier Hausangestellten. Die Affäre löste eine diplomatische Krise zwischen der Schweiz und Libyen aus.
Auch Hannibal soll seit 2007 eine militärische Führungsposition innegehabt haben. Er floh im August 2011 ebenfalls nach Algerien und erhielt später Asyl im Oman (gemeinsam mit seiner Mutter, Stiefbruder Muhammad und Schwester Aischa).
Auch Saif al-Arab kam mit dem Gesetz in einem europäischen Land in Konflikt. In seinem Fall war es Deutschland. Wegen diverser Delikte (Verkehrsdelikte, Waffenschmuggel, Körperverletzung) wurde ihm die Niederlassungserlaubnis entzogen und er erhielt ein Einreiseverbot für Deutschland.
Sein Leben nahm ebenfalls ein gewaltsames Ende: Er starb am 30. April 2011 bei einem Nato-Luftschlag auf die Residenz seines Vaters in Tripolis. Dabei kamen auch drei Enkel von Muammar Gaddafi ums Leben.
Über den jüngsten Sohn des Diktators ist nur wenig bekannt. Es wird davon ausgegangen, dass er wie seine Brüder Al-Saadi und Mutasim eine militärische Laufbahn einschlug.
Gemäss Angaben von Rebellen kam Khamis vier Monate nach Saif al-Arab, während des Höhepunkts der Libyschen Revolution, im Gefecht ums Leben.
Aischa ist die einzige leibliche Tochter von Gaddafi. In westlichen Medien wurde sie die «Claudia Schiffer Nordafrikas» genannt, Modemagazine rissen sich laut Welt regelrecht um eine Homestory der Gaddafi-Tochter. Sie wurde 2009 als Ehrenbotschafterin des UN-Entwicklungsprogramms ernannt. Das glamouröse Leben fand jedoch mit der libyschen Revolution ein jähes Ende.
Sie hielt auch während des Bürgerkriegs zu ihrem Vater und trat mehrmals in Tripolis öffentlich auf. Nach dem Fall der Hauptstadt floh sie gemeinsam mit ihrer Mutter, Muhammad und Hannibal nach Algerien, später nach Oman. Die Anwältin kämpfte jahrelang gegen die von der EU erhobenen Sanktionen gegen ihre Person. Im April 2021 erzielte sie einen Sieg: Sie stelle nicht länger eine Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit in der Region dar.
- der eine Diktator, der tatsächlich Terroranschläge als Mittel benutzt hat
- gleichzeitig der sozialste von allen, Libyen war (!!!) das Land mit dem höchsten Lebensstandard Afrikas (Scheichtümer wohl ausgenommen)
Und zu Lockerbie sollte man wissen, dass das vermutlich eine Racheaktion war für die Bomben auf Tripolis/Bengazi 1986, was wiederum eine Racheaktion war gegen Libysche Terroranschläge z. B. in Berlin.