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Züge zwischen Zürich und München drohen langsamer zu werden

«Katastrophe für Fahrgäste»: Züge zwischen Zürich und München drohen langsamer zu werden

Erst vor wenigen Jahren wurde die Bahnstrecke zwischen Zürich und München für Hunderte Millionen Euro ausgebaut. Und nun das. Von einer «Katastrophe für Fahrgäste» ist die Rede.
20.10.2025, 05:4520.10.2025, 05:45
Stefan Ehrbar / ch media

Der Eurocity 191 ist einer dieser Fälle: Er fährt jeden Tag um 11.33 Uhr in Zürich los und erreicht München um 15.04 Uhr – in der Theorie. In der Praxis kam er in den vergangenen zwei Wochen kein einziges Mal pünktlich in der bayrischen Hauptstadt an. Die Verspätungen reichten von 4 bis 36 Minuten. Auf anderen Zügen auf dieser Strecke sieht es nicht besser aus – und in der Gegenrichtung schaffen es viele nicht einmal bis Zürich, sondern enden wegen zu hoher Verspätung früher.

Hält neu auch im Online-Fahrplan wieder überall: der Eurocity von Zürich nach München.
Glänzt nicht mit Zuverlässigkeit: Ein Eurocity zwischen München und Zürich.Bild: Imago / Wolfgang Maria Weber / www.imago-images.de (Oktober 2023)

Dabei waren die Hoffnungen gross, als die Strecke auf ihrem deutschen Abschnitt zwischen 2018 und 2020 ausgebaut und elektrifiziert wurde. Dafür wurden 440 Millionen Euro investiert, wovon die Schweiz 50 Millionen Euro in Form eines rückzahlbaren Darlehens übernahm. Nach der Eröffnung der Strecke sank die Reisedauer wie versprochen von vier auf dreieinhalb Stunden, zumindest auf dem Papier. Das Angebot wurde zu einem durchgehenden Zweistundentakt ausgebaut. Nur pünktlich verkehrten die Züge seither kaum.

Das liegt daran, dass die Infrastruktur trotz des Ausbaus noch immer eng bemessen ist. Es gibt viele Einspurabschnitte und wenige Kreuzungsmöglichkeiten. Zudem kämpft die Deutsche Bahn generell mit einer abnehmenden Pünktlichkeit im Fernverkehr. Als wäre dies nicht genug, droht nun eine weitere Verschlechterung.

SBB haben noch kein Konzept

Schon ab nächstem Jahr will die Deutsche Bahn (DB) auf dem Abschnitt zwischen München und Buchloe nämlich diverse Langsamfahrstellen einrichten. Dort können die Züge nur mit reduzierter Geschwindigkeit verkehren, um die Infrastruktur nicht zu beschädigen. Laut der «Allgäuer Zeitung» werden die Geschwindigkeiten auf einer Strecke von mehr als 25 Kilometern Länge auf 70 statt bis zu 160 Kilometer pro Stunde reduziert. Grund dafür seien «Mängel im Streckennetz».

Dadurch verlängere sich die Fahrzeit um «rund eine Viertelstunde». Die Deutsche Bahn informierte laut dem Bericht verschiedene Involvierte in einer Videokonferenz. Teilnehmer liessen sich danach damit zitieren, die Pläne glichen einer «Katastrophe für die Fahrgäste». Die bereits ausgearbeiteten Fahrpläne für das Jahr 2026 könne man nun vergessen, Reisende würden künftig Anschlüsse verlieren.

Was bedeutet das für die Eurocity-Züge zwischen Zürich und München? Werden sie ebenfalls länger unterwegs sein, wird das Angebot reduziert und drohen mehr Verspätungen und Ausfälle? Bei den SBB weiss man das selbst noch nicht. Sprecherin Sabrina Schellenberg sagt, die Bahn stehe «mit der DB in engem Austausch». Man werde die Auswirkungen und mögliche Massnahmen «gemeinsam prüfen».

Auch Flixbus profitiert vom Boom

Auch bei der Deutschen Bahn gibt es keine konkreten Informationen. Die Infrastruktursparte DB Infrago habe die betroffenen Unternehmen «proaktiv über mögliche Einschränkungen durch Langsamfahrstellen informiert», sagt eine Sprecherin. Die Einrichtung solcher Stellen führe zu Verspätungen und einer reduzierten Kapazität.

Gemeinsam mit den Unternehmen werde DB Infrago «in den kommenden Tagen und Wochen» Konzepte ausarbeiten, um die Auswirkungen auf die Fahrgäste «so gering wie möglich» zu halten. Gleichzeitig arbeite das Unternehmen «mit Hochdruck» an der Planung und Umsetzung notwendiger Instandsetzungsarbeiten, um die Anzahl der Langsamfahrstellen zu reduzieren beziehungsweise möglichst schnell aufzuheben.

Neue Nachtzüge verzögern sich
Ab Dezember sollen auf den Nachtzügen von Zürich nach Hamburg neue, komfortablere Kompositionen eingesetzt werden, die die Österreichische Bahn bei Siemens gekauft hat. Ab Frühling 2026 hätten sie auch auf der Nachtzug-Linie Zürich-Amsterdam eingesetzt werden sollen. Daraus wird aber nichts, wie die SBB bestätigen. Einerseits sei es zu Lieferverzögerungen gekommen, andererseits gebe es technische Gründe bei der Kompatibilität der eingesetzten Loks und den Sitzplatz-Wagen. (ehs)

Wenige Wochen vor dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember ist damit noch immer nicht klar, wie die Eurocity-Züge zwischen Zürich und München im Jahr 2026 verkehren werden. Dabei ist die Strecke eine der am meisten nachgefragten im internationalen Personenverkehr. 2023 nutzten 123'000 Reisende die Verbindung zwischen den beiden Städten, 16 Prozent mehr als im Jahr zuvor. 2024 dürften es noch einmal mehr gewesen sein.

Die Strecke ist auch beim Fernbus-Anbieter Flixbus eine der beliebtesten überhaupt. Bis zu 17 Busse pro Tag und Richtung verkehren zwischen den beiden Städten, einige davon als Expressbusse ohne Halt und mit einer Fahrzeit von 3 Stunden und 50 Minuten. Das ist laut Fahrplan zwar etwas länger als der Zug benötigt, in der Praxis aber oft die zuverlässigere Alternative. (aargauerzeitung.ch)

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190 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Stambuoch
20.10.2025 05:53registriert März 2015
Es wurde die falsche Strecke elektrifiziert. Es gäbe eine doppelspurige Linie nach München. Man entschied sich jedoch dafür, die Einspurige zu elektrifizieren und mit Doppelspurinseln zu versehen.

Das Chaos war vorprogrammiert.
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ingmarbergman
20.10.2025 06:36registriert August 2017
In Deutschland sieht man, was passiert wenn eine konservative Regierung aufhört in Infrastruktur zu investieren und stattdessen die Steuern für Reiche senkt.

Genau das was FDP und SVP bei uns vorhaben - mit Ölbert schon voll dabei.
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Le_Urmel
20.10.2025 07:47registriert Juni 2014
Das Ergebnis von 20 Jahren CSU Verkehrsminister, die lieber das Land mit Autobahnen zugepflastert haben, besonders gern in Bayern.
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