Es ist kurz vor halb zwei Ortszeit, als sich in Bangkok plötzlich alles bewegt. Erst langsam, dann immer deutlicher, bis klar ist: Die Erde bebt. Eine solche Szene kennt man sonst aus Japan oder Kalifornien – nicht aber aus der chaotischen, tropischen Hauptstadt Thailands.
Dementsprechend verwirrt war der Schweizer Kevin M.*, der zurzeit mit Freunden auf einer Thailandreise ist. «Ich dachte zuerst, ich hätte Kreislaufprobleme. Aber dann habe ich gemerkt: Nicht nur ich schwanke – das ganze Haus tut es», erzählt Kevin am Telefon, der gerade in der Sukhumvit Road wohnt – mitten in Bangkoks Ausgehviertel.
Er sei im fünften Stock seiner Ferienwohnung gewesen, als die Wände zu vibrieren begannen. Wie alle anderen sei er deshalb auf die Strasse gegangen, um sich vor möglichen Häusereinstürzen in Sicherheit zu bringen. Doch in Kevins Umgebung bleibt es vergleichsweise ruhig: «Ein paar leichte Nachbeben waren noch zu spüren, aber danach war wieder ziemlich schnell Alltag. Nur einen kleinen Teil der umliegenden Gebäude hat es wirklich getroffen.»
Mona Meienberg war gerade in ihrem Büro, als das Beben kam. Sie arbeitet für UNICEF im Regionalbüro Ostasien und Pazifik – ebenfalls in Bangkok. «Wir haben erst nicht realisiert, dass es ein Erdbeben ist – nur ein seltsames Rütteln gespürt und den Boden vibrieren sehen.» Schnell sei daraufhin das gesamte Gebäude evakuiert worden. Praktisch die ganze Stadt habe sich auf den Strassen versammelt.
«Die Menschen stehen vor den Hochhäusern, die Läden sind zu, niemand darf mehr rein», sagt Meienberg am Telefon, während im Hintergrund ständig die Sirenen von Ambulanz und Polizei zu hören sind. Sie selbst wohnt in einem Hochhaus im 39. Stock, das noch gesperrt sei wegen Einsturzgefahr. Eingestürzte Häuser habe sie zum Glück nicht gesehen, doch die Angst vor Nachwirkungen sei in der Bevölkerung gross.
Nun warte sie wie alle anderen auf eine Entwarnung durch die Behörden. «Niemand weiss so recht, was passiert. Viele Menschen stehen einfach draussen, einige haben Sonnenschutz aufgebaut, andere verteilen Wasser», sagt sie. Mehr Sorgen bereitet der UNICEF-Mitarbeiterin vor allem die Situation im Nachbarland – in Myanmar.
Denn das Epizentrum des Bebens, das auch in Thailand spürbar war, lag in Myanmar. «Seit Jahren herrscht dort Bürgerkrieg, weshalb die staatlichen Strukturen stark angeschlagen sind. In so einer Situation sind Notfälle wie dieser fatal und es trifft die Menschen unvorbereitet», sagt Meienberg.
Für UNICEF sei die Lage dort besonders besorgniserregend. «Wir haben ein Country Office in Myanmar. Schon vorher war die Arbeit extrem schwierig – jetzt ist sie fast unmöglich. In solchen Krisen sind es leider oft Kinder und andere vulnerable Gruppen, die am meisten leiden.»
So könnten humanitäre Lieferketten zusammenbrechen und die Versorgung von Schulen, Spitälern und Familien werde zur logistischen Herausforderung. Meienberg sagt:
*(Name der Redaktion bekannt)