Kurz vor der nächsten Weltklimakonferenz haben am Dienstag 11'000 Wissenschaftler vor einem Klima-Notfall gewarnt. Die Pläne der meisten Länder reichen nicht aus, um den Anstieg der Temperatur bis Ende des Jahrhunderts auf unter zwei Grad zu begrenzen.
Geht es im gleichen Stil weiter, wird der Anstieg der Temperaturen rund drei Grad betragen, halten die Wissenschaftler fest. In ihrer Erklärung schreiben sie: Wenn sich das menschliche Verhalten beim Treibhausgasausstoss und anderen den Klimawandel begünstigenden Faktoren nicht radikal ändert, wird dies «unsägliches menschliches Leid» zur Folge haben.
Zu spüren bekommen die Menschen etwa den Anstieg des Meeresspiegels. Dieser schreitet rasant voran und dürfte bis Ende des Jahrhunderts zwischen 0,6 und 2,1 Meter betragen. Dies wird Fluten und Überschwemmungen zur Folge haben. Zahlreiche Leute werden dabei ihre Lebensgrundlage verlieren und gezwungen sein, ihre Heimat zu verlassen.
Eine kürzlich veröffentlichte Arbeit bestätigt nun die schlimmsten Befürchtungen. Bis im Jahr 2050 werden 300 Millionen Menschen auf einem Gebiet leben, das mindestens einmal im Jahr überflutet werden dürfte.
Die Forschenden der NGO Climate Central haben für ihre Berechnungen Satellitenbilder und künstliche Intelligenz verwendet. Auf einer interaktiven Karte kann nun nachgeschaut werden, welche Regionen besonders betroffen sind (rot eingefärbt).
Wir haben 15 Beispiele herausgepickt. Es zeigt sich: Das Problem ist weltumspannend. Besonders übel dürfte es aber in Asien werden. Etwa in Vietnam.
Wenig überraschend dürfte der Anstieg des Meeresspiegels die italienische Küste und die Touristenmetropole Venedig treffen. Die Lagunenstadt leidet bereits heute immer wieder unter Überschwemmungen, die prekäre Lage wird sich in Zukunft noch verschärfen.
Auch für die Malediven sind die Aussichten düster. Werden keine baulichen Massnahmen getroffen, sind wohl nicht nur viele Luxushotels am Ende, sondern auch die Hauptstadt Malé.
Ein weiteres Ferienparadies, das sich ernsthaft Sorgen um seine Existenz machen muss, sind die Bahamas. Im August dieses Jahres wurde der Inselstaat von Hurrikan Dorian komplett verwüstet. Zurück blieb nichts als Zerstörung, wie folgende 20 Bilder zeigen:
Rund 70'000 Menschen waren nach dem Hurrikan ohne Obdach. Die meisten von ihnen dürften noch immer mit dem Wiederaufbau beschäftigt sein. Doch die nächste Katastrophe kommt bestimmt. Bis 2050 dürfte ein Grossteil des Landes regelmässig überflutet werden.
Eine weitere populäre Feriendestination, die vom Anstieg des Meeresspiegels hart getroffen wird, ist Bali. Die Götterinsel sieht sich nicht nur mit einer Müll-Epidemie konfrontiert, sondern wird auch deutlich mehr Fluten erleben. Besonders das Ballungszentrum Denpasar steht vor grossen Herausforderungen.
Westlich von Bali befindet sich die Insel Java mit der Hauptstadt Jakarta. In der grössten Stadt des Landes wohnen zehn Millionen Menschen. Durch den Anstieg des Meeresspiegels sehen sie ihre Existenz bedroht.
Es dürfte gar noch schlimmer kommen als von «Climate Central» prognostiziert. Denn die Berechnungen vernachlässigen einen wichtigen Faktor: Jakarta sinkt. In gewissen Gebieten um mehrere Centimeter pro Jahr. Grund dafür ist unter anderem das schlechte Management mit dem Grundwasser, welches den Boden absinken lässt. Selbstredend, dass die indonesische Hauptstadt nicht die einzige Metropole mit diesem Problem ist.
Begeben wir uns wieder nach Europa. Die Hälfte der Niederlande befindet sich bereits heute unter dem Meeresspiegel. Die Holländer sind zwar Experten im Hochwasserschutz, doch ob die Deiche auch die kommenden Jahrzehnte überdauern werden, bleibt fraglich. Kreative Lösungen wie schwimmende Siedlungen wurden zwar bereits in die Realität umgesetzt, doch der Druck auf das Königreich steigt von Jahr zu Jahr.
Während die Niederlande immerhin auf viel Erfahrung im Hochwasser-Management zählen dürfen, sind die Ressourcen in anderen Teilen der Welt deutlich beschränkter. Etwa in Ägypten. Die 5,2 Millionen Bewohner der Küstenstadt Alexandria werden die Auswirkungen der Klimaerwärmung mit voller Wucht zu spüren bekommen.
Untragbare Zustände herrschen im irakischen Basra bereits heute. Für die Jugend gibt es keine Jobs, die Arbeitslosigkeit ist hoch. Seit Wochen demonstrieren sie gegen die korrupte Regierung, dabei sind bereits zahlreiche Menschen ums Leben gekommen.
Es ist daher nicht anzunehmen, dass man im Regierungspalast Vorbereitungen trifft für mögliche Überschwemmungen. Doch diese werden kommen und die Zweimillionenstadt Basra vor noch grössere Probleme stellen.
Nebst dem, dass in Indien 600 Millionen Menschen von Trinkwasserknappheit betroffen sind, steigt auch das Risiko von Überschwemmungen. Die grösste Stadt des Landes, Mumbai, befindet sich zu einem grossen Teil auf Meereshöhe. Für Millionen von Menschen wird dies zunehmend gefährlich.
Bangladesch ist eines der am dichtesten besiedelten Länder der Welt. 163 Millionen Menschen drängen sich auf einer Fläche, die nur 3,5 Mal so gross ist wie die Schweiz. Die Armut am Golf von Bengalen ist gross. Im Osten des Landes befinden sich zudem über 700'000 Geflüchtete aus Myanmar. Der Klimawandel und der Meeresspiegelanstieg werden das Leid abermals verschärfen.
Auch für Bangkok sieht es nicht gut aus. Die Hauptstadt Thailands befindet sich auf Meereshöhe. Wenn nichts unternommen wird, werden die Fluten verheerende Folgen haben.
Das Perlflussdelta gehört mit seinen 67 Millionen Menschen zu den Boomregionen der Welt. Doch die Chinesen müssen sich gut überlegen, wie sie ihre Bevölkerung vor den Folgen des Klimawandels schützen wollen. Denn die Aussichten sind alles andere als gut.
China ist das Land, welches mit rund 27 Prozent der Treibhausgasemissionen am meisten zum Klimawandel beiträgt. Gleichzeitig treibt es aber auch vehement die erneuerbaren Energien voran. Und Peking tut gut daran. Denn Millionenmetropolen wie Tianjin (15 Millionen Einwohner) müssen um ihre Existenz fürchten.
Wie eingangs erwähnt, wird Vietnam vom Meeresspiegelanstieg besonders betroffen sein. Der Norden mit der Hauptstadt Hanoi steht vor schier unlösbaren Aufgaben.
Noch schlimmer sieht es im Süden aus. Dort drohen ganze Landstriche von der Erdfläche zu verschwinden. Darunter auch Ho Chi Minh City mit seinen rund neun Millionen Einwohnern.