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Drei traurige Rekorde, die Pakistans Überflutungen zu brechen drohen

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Ein Junge stösst sein Fahrrad durch die Fluten in einem überschwemmten Gebiet im Bezirk Nowshera in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa im Nordwesten Pakistans.Bild: keystone

Warum die Flutkatastrophe in Pakistan drei traurige Rekorde brechen könnte

Pakistan kämpft gegen verheerende Überschwemmungen. Die Flutkatastrophe soll schlimmer sein als die Jahrhundertflut 2010. Drei Zahlen, die das zeigen.
30.08.2022, 17:4030.08.2022, 18:13
Helene Obrist
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Vergangenen Donnerstag hat Pakistan den Notstand ausgerufen. Im südasiatische Land mit seinen rund 220 Millionen Einwohnenden regnet es seit Mitte Juni beinah ununterbrochen. Der Monsunregen kam dieses Jahr ungewöhnlich früh.

Besonders stark betroffen ist die Region Belutschistan im Südwesten. Doch auch der Nordwesten Pakistans hat wegen der Fluten mit grossen Schäden zu kämpfen.

«Die Flut ist noch zerstörerischer, als wir es 2010 erlebt haben», sagt Jawad Ali. Er ist der stellvertretende Länderdirektor der Entwicklungsorganisation Helvetas und in Islamabad stationiert. Vor zwölf Jahren habe sich das Wasser in den Bergen angesammelt und die tieferliegenden Gebiete im Süden überflutet. «Dieses Mal ist der Süden bereits vom vielen Monsunregen überflutet. Und jetzt kommen die Fluten aus den Bergen hinzu», sagt Ali.

2010 verwüstete die Flut einen Fünftel des Landes. Das ist eine Fläche fast so gross wie die Schweiz. Heuer sollen sich die Fluten bereits noch weiter ausgedehnt haben.

Video: watson/lucas zollinger

Ein Drittel des Landes stehe bereits unter Wasser

Das sagt die pakistanische Klimaministerin Sherry Rehman. Die Fluten würden «jede Grenze und jede Norm, die wir in Vergangenheit gesehen haben, überschreiten», sagte Rehman gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Pakistan wird hart vom Klimawandel getroffen. Gemäss der deutschen Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch belegt es Platz acht der Länder, die durch Extremwetterereignisse am meisten bedroht sind. Die ersten drei Plätze belegen Puerto Rico, Honduras und Myanmar.

Klimaministerin Sherry Rehman teilt ein Drohnenvideo auf Instagram.

Der Monsunregen wird auch in Zukunft immer wieder zu Extremwetterereignissen führen. Darauf deutet eine Studie hin, die 2021 im Journal Sciences Advances publiziert wurde. Die steigenden Durchschnittstemperaturen führen dazu, dass mehr Energie im Klimasystem zur Verfügung steht und so extreme Ereignisse ermöglicht.

Die Konsequenzen dieser Ereignisse tragen die Menschen vor Ort.

33 Millionen Menschen sollen von den Fluten betroffen sein

Eine halbe Million Menschen haben gemäss dem Sprecher des UN-Nothilfebüros ihr Dach über dem Kopf verloren.

Laut dem UN-Nothilfekoordinator waren 2010 mehr als 14 Millionen Menschen von den Überschwemmungen betroffen. Auch diese Zahl könnte 2022 geknackt werden. Damit wären 15 Prozent der Gesamtbevölkerung Pakistans von den Fluten betroffen.

Gemäss Medienberichten kamen mehr als 1100 Menschen ums Leben. «Es waren überwiegend Männer, die den Fluten zum Opfer fielen», sagt Jawad Ali von Helvetas. Viele hätten versucht, ihre Familien vor den Fluten zu bewahren. Anders als 2010 sei die Warnung vor den Fluten aber früher gekommen. «Das hat noch weitere Tote verhindert», sagt Ali.

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Eine Frau watet mit ihrem Hab und Gut durch ein überschwemmtes Gebiet im Bezirk Shikarpur in der Provinz Sindh im Süden des Landes. Bild: keystone

Dennoch zähle aktuell das nackte Überleben. Ali und das Helvetas-Team leisten Hilfe vor Ort. «Viele haben sich während der Flucht verletzt und benötigen medizinische Versorgung», so Ali zu watson. Doch es fehle in erster Linie an Trinkwasser, Lebensmitteln und Obdach.

Die Güter zu den Menschen zu bringen, sei jedoch eine Herausforderung, so Ali weiter. Denn:

3500 Kilometer Strassen seien bereits zerstört

Die Menschen mit Gütern zu versorgen, ist gar nicht so einfach. Die Regierung und das Militär helfe mit Helikoptern und Booten vor Ort, sagt Ali.

Satellitenbilder Pakistans im August 2021 und zur gleichen Zeit ein Jahr später. Die überfluteten Gebiete sind deutlich sichtbar.
Satellitenbilder Pakistans im August 2021 und zur gleichen Zeit ein Jahr später. Die überfluteten Gebiete sind deutlich sichtbar. bild: wikipedia/nasa

Auch das Helvetas-Team konnte bisher rund 2000 Familien mit den nötigsten Gütern versorgen. Zudem konnten genügend Wasser für 10'000 Menschen für einen Monat bereitgestellt werden. Doch Zeit aufzuatmen, habe man nicht. Ali macht sich Sorgen, um die Hygiene. Vielerorts ist das Trinkwasser kontaminiert. Viele Menschen befinden sich derzeit zusammengepfercht auf engstem Raum. Ein idealer Nährboden für Krankheiten, die sich ausbreiten könnten. Zudem ist ein Ende des Regens nicht in Sicht.

Etwas gibt Ali aber Hoffnung. Am Dienstag rief die UNO Pakistan einem ersten Hilfspaket im Umfang von 160 Millionen Dollar auf. «Die internationale Gemeinschaft muss jetzt zusammenstehen», sagt Ali.

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33 Millionen Menschen sollen von den Fluten betroffen sein. Viele Strassen sind vor lauter Wasser kaum mehr zu überqueren.Bild: keystone

Bilawal Bhutto Zardari, der pakistanische Aussenminister griff am Dienstag vor der UN in Genf zu harschen Tönen. «Die Katastrophe ist in ihrem Ausmass und ihrer Verwüstung kolossal und hat sowohl unsere Ressourcen als auch unsere Kapazität überstiegen», so Zardari. Und fügte an: «Pakistan ist zum ‹Ground Zero› der grössten existenziellen Bedrohung dieses Jahrhunderts geworden – der globalen Erwärmung», sagte er.

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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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stormcloud
30.08.2022 19:22registriert Juni 2021
Irgendwie gerät alles aus dem Gleichgewicht....
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