Frankreich fragt sich: Ist Gérard Depardieu noch der Stolz der Nation – oder zunehmend ihre Schande? Die französische Kulturministerin Rima Abdul Malak erklärte unlängst, Depardieu möge einer der grössten französischen Schauspieler sein – mit seinen sexistischen und gewalttätigen Auftritten stelle er heute jedoch «eine Schande für die Nation» dar.
Sie bezieht sich auf immer zahlreichere Vorwürfe an die Adresse des Leinwandhelden. 15 Frauen, die meisten aus der Filmbranche, haben ihm unabhängig voneinander sexuellen Missbrauch vorgeworfen; drei Frauen haben gegen ihn Klage wegen Vergewaltigung eingereicht. Depardieu, der in wenigen Tagen 75 wird, bestreitet alle Vorwürfe, entschuldigte sich aber im Oktober in einem offenen Brief für sein Benehmen.
Eine Fernsehreportage des Senders «France 2» legte vergangene Woche noch nach: Darin wird Depardieu gefilmt, wie er reihenweise und offen obszöne Sprüche von sich gibt. Zu einer Frau sagt er: «Ich wiege 124 Kilo. Und mit Erektion 126.»
Die Familie des Schauspielers, Winzers und Geschäftsmannes, darunter auch die bekannte Tochter Julie Depardieu (50), verteidigt ihn fast als einzige, indem sie auf die Unschuldsvermutung pocht. Die Pariser Medien zeigen sich aber enttäuscht bis entsetzt über den Charakterdarsteller, der schon Kolumbus, Cyrano de Bergerac oder Obelix spielte und mit «1900», «Die Ausgeflippten» und «Die letzte Metro» Filmgeschichte schrieb. Das Wachsfigurenkabinett des Musée Grévin hat Depardieus Figur entfernt.
Diese Woche hat der Angeschuldigte aber sehr prominente Unterstützung erhalten. Präsident Emmanuel Macron verwahrte sich in einer Fernsehsendung gegen die «Menschenjagd» auf ihn. «Es gibt eine Sache, bei der ich nie mitmachen werde, und das sind Menschenjagden», betonte er. «Ich verabscheue das.» Vielmehr sei er «ein grosser Bewunderer von Gérard Depardieu», sagte der Präsident. «Er hat Frankreich, unsere grossen Autoren und Persönlichkeiten in der ganzen Welt bekannt gemacht. Er hat Frankreich stolz gemacht.»
Das war nun das ziemliche Gegenteil der Einschätzung durch seine Kulturministerin. Diese habe sich etwas zu sehr «vorgewagt», als sie von der Aberkennung der Ehrenlegion Depardieus gesprochen habe, befand der Staatschef. Als Hüter dieser Auszeichnung denke er nicht daran, Depardieu die Ehrenlegion abzusprechen, solange er nicht verurteilt sei.
Politische Kommentatoren sind perplex, warum sich gerade Macron, der gerne ausgewogene Sowohl-als-auch-Positionen einnimmt, so eindeutig hinter die mehrfach beschuldigte Filmikone stellt. Weil er kürzlich mit ihr telefoniert hatte, wie Eingeweihte am Freitag berichteten? Oder weil er sich mit Abdul Malak überworfen hat? Zahllose Feministinnen erklären jedenfalls in den sozialen Medien, Macrons Wortmeldung sei wie «eine Ohrfeige für die Opfer» von Depardieus Verhalten. (aargauerzeitung.ch)
Da kann man Macron für einmal nur zustimmen.
Solange keine verurteiltung gesprochen wurde gilt er als unschuldig.
Wenns so offensichtlich und beweisbar ist wird sich das auch zeigen und dann kann man über ihn berichten.
Gab's nicht schon genügend Fälle bei denen sich die Anschuldigungen später als falsch rausgestellt hatten?