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Rassismus

Was Charlie Kirk über Waffen, Frauen und Schwarze dachte

Charlie Kirk (l.): Er war ein routinierter Debattierer. (Quelle: Youtube/Charlie Kirk)
Charlie Kirk war ein routinierter Debattierer.Screenshot: YouTube

Was Charlie Kirk über Waffen, Frauen und Schwarze dachte

Nach der Ermordung des rechten US-Politstars trauern besonders in seinem Heimatland viele junge Menschen um den 31-Jährigen. Welche politischen Positionen nahm er ein? Eine Spurensuche.
13.09.2025, 11:0413.09.2025, 12:05
Julian Seiferth / t-online
Ein Artikel von
t-online

Charlie Kirk hatte online Millionen Follower. Noch viel mehr sahen die Videos des 31-Jährigen, auch und gerade nach seinem Tod. Ein Beispiel, das Kirks mediale Präsenz zeigt: Der Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, hatte Kirk im März in seinem Podcast zu Gast und erzählte ihm eine Geschichte:

«Mein Sohn, er ist 13 Jahre alt, wollte gestern Abend nicht ins Bett gehen, weil er wissen wollte, wann Charlie morgen hier auftaucht. Heute Morgen wollte er nicht in die Schule gehen, weil er auf dich warten wollte.»

Sein Sohn diskutiere oft mit ihm über Politik, erklärte Newsom – indem er ihm TikTok-Videos von Kirk zeige. Das ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass Newsom eine der wichtigsten Stimmen der Demokraten ist. Doch gerade bei jungen Leuten kommt er – das zeigen auch die Zahlen – nicht mal in die Nähe Kirks. Was hat Kirk mit diesem riesigen Einfluss angefangen? Welche Positionen hat er besonders jungen Zuschauerinnen und Zuschauern nähergebracht?

Ein Überblick zu Kirks Haltungen.

Gender und Sexualität

In einem Podcast aus dem Jahr 2024 erklärte Kirk, Homosexuelle und trans Menschen seien nicht Teil von «Gottes perfektem Gesetz». Er verwies dabei auf die Bibelstelle Levitikus 20:13: «Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Gräueltat begangen; beide werden mit dem Tod bestraft; ihr Blut soll auf sie kommen.»

Kirk stellte sich auch gegen die Ehe für Homosexuelle, erklärte aber: «Homosexuelle sollten in der konservativen Bewegung willkommen sein. Als Christen sind wir aufgerufen, jeden zu lieben.»

Über trans Menschen sagte er hingegen, diese seien «krank, und ich sage das nicht einfach so dahin».

Kirk forderte ausserdem Strafverfolgung nach Vorbild der Nürnberger Prozesse für jeden Mediziner, der an einer Klinik für geschlechtsangleichende Operationen arbeitet.

Frauen und Abtreibung

Charlie Kirk war ein Gegner des Feminismus. Das «Problem mit Single-Frauen» sei, dass sie mit Anfang 30 «die depressivsten, suizidalsten, nervösesten und einsamsten Frauen in Amerikas Geschichte» seien. Ihre «biologische Uhr» laufe ab. Deshalb «schlagen sie um sich und gegen den Rest der Gesellschaft, indem sie demokratisch wählen».

Seine Lösung: «Heiratet einfach früh. Anwältin in einer grossen Kanzlei zu sein, ist keine grosse Sache. Drei Kinder zu haben, ist eine grosse Sache, und wird dich glücklicher machen.»

Abtreibung bezeichnete Kirk regelmässig als «Mord». In einer Debatte mit einer jungen Frau im September 2024 erklärte Kirk, wie er damit umgehen würde, wenn seine Tochter nach einer Vergewaltigung schwanger würde: «Die Antwort ist: Das Baby wird geboren werden.»

Es sei besser, auf eine schlimme Situation mit einer guten Lösung zu reagieren. Die Frau verliess kurz darauf die Debatte und rief Kirk zu: «Ich hoffe, deine Tochter kommt weit weg von dir und lebt ein glückliches Leben.» Kirks Antwort: «Das war äusserst gemein.»

Haltung zu schwarzen Amerikanern

Kirk war ein Kritiker des «Civil Rights Acts», der schwarze Amerikaner 1964 zu gleichberechtigten Wählern machte. Er nannte das Gesetz einen «Fehler» – es sei ein «Biest» und eine «Waffe gegen Weisse». Dr. Martin Luther King, den er als einen der Hauptverantwortlichen für den Erfolg des «Civil Rights Acts» identifiziert hatte, nannte Kirk eine «furchtbare» Person. Den von einem Polizisten ermordeten George Floyd nannte Kirk während einer Rede einen «Drecksack».

2024 erklärte Kirk, wenn er ein Flugzeug betrete und sehe, dass sein Pilot schwarz sei, sei er besorgt: «Junge, ich hoffe einfach mal, dass er qualifiziert ist.»

Rede- und Meinungsfreiheit

Charlie Kirk galt als beschlagener und in Teilen berüchtigter Debattierer. Regelmässig veranstaltete Kirk Debatten mit liberalen Studenten an Universitäten unter dem Motto «Beweise mir, dass ich falsch liege». Bei einer dieser Veranstaltungen in Utah wurde er erschossen.

Kritiker warfen Kirk immer wieder vor, nur für seine Seite der Debatten Redefreiheit zu beanspruchen. Bereits früh in seiner Karriere führte Kirk eine sogenannte «Beobachtungsliste» ein, auf der Studenten Professoren mit angeblich zu linken Positionen denunzieren sollten.

Klimawandel

Kirk behauptete immer wieder wahrheitswidrig, es existiere kein gesicherter wissenschaftlicher Konsens über den Klimawandel.

Im Dezember 2024 sagte er, die Behauptung, die Erderwärmung sei eine Bedrohung für die Menschheit, sei «völliger Quatsch, Unsinn, Schwachsinn.»

Religion

Kirk war ein evangelikaler Christ, der nach eigenen Angaben täglich in der Bibel las und eine zehnminütige «Überprüfung meines Gewissens» durchführte. Den jüdischen Sabbat verbrachte er demnach ohne Handy. Seinen Glauben führte er immer wieder als Begründung für seine politischen Positionen an.

Den Islam sah er dagegen als «eine Bedrohung für Amerika an. Die Religion habe »Eroberung als Wert« und »strebt an, Land und Territorium zu übernehmen«. Die Kandidatur des muslimischen Kandidaten Zohran Mamdani für das Oberbürgermeisteramt in New York City verglich Kirk mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001: «Amerikas grösste Stadt wurde vor 24 Jahren vom radikalen Islam angegriffen. Nun versucht eine ähnliche Form dieser schädlichen Kraft, das Rathaus einzunehmen.»

Israel und Antisemitismus

Charlie Kirk war ein starker Unterstützer Israels und verteidigte das Vorgehen der Netanjahu-Regierung gegen die Zivilbevölkerung in Gaza. Der israelische Premierminister nannte Kirk nach seinem Tod einen «Freund Israels», der sich «für jüdisch-christliche Zivilisation» eingesetzt habe.

Doch der 31-Jährige fiel auch immer wieder mit antisemitischen Aussagen auf. Er verteidigte die «Replacement Theory», eine Verschwörungstheorie, nach der jüdische Eliten weisse Amerikaner durch nichtweisse Migranten zu ersetzen versuchen. Die «philosophischen Wurzeln der anti-weissen Bewegung» seien «in diesem Land grösstenteils von jüdischen Spendern finanziert». Juden kontrollierten «nicht nur die Universitäten, sondern auch die Stiftungen, die Filme, Hollywood, alles».

Schusswaffen

Charlie Kirk sah den zweiten Zusatz der US-Verfassung, der den Besitz von Schusswaffen in den USA regelt, als «wichtiges Instrument, um sich gegen eine tyrannische Regierung zu verteidigen». Er sah mehr bewaffnete Amerikaner als einen Weg zu weniger Schusswaffengewalt: «Wenn unsere Geld- und Sport-Events und unsere Flugzeuge bewaffnete Wachleute haben, warum dann nicht auch unsere Kinder?»

Über die Opfer von Amokläufen sagte Kirk: «Ich glaube, leider, dass einige Tote durch Schusswaffen jedes Jahr es wert sind, damit wir den zweiten Verfassungszusatz behalten können und so unsere von Gott gegebenen Rechte schützen.»

Quellen

(t-online/dsc)

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282 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gurgelhals
13.09.2025 11:17registriert Mai 2015
Kurz und gut: ein "typischer" weiss-evangelikal-nationalistischer, rassistischer amerikanischer Rechtsextremist.

Aber das war ja eigentlich schon lange bekannt und hätte man all denen sagen können, die über die letzten zwei Tage Kirk als einen besonders Debattierfreudigen verharmlost haben – wenn sie es denn hätten hören wollen.
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Xicotencatl Axayacatl
13.09.2025 12:45registriert August 2024
Endlich mal ein Beitrag, der Klartext über diese Person schreibt. Angesichts dessen sollte wir zwar den Mord verurteilen, aber mal langsam aufhören, Herrn Kirk und seine Ansichten weiter zu verbreiten. Denn vor Donnerstag dürfte er in weiten Teilen der europäischen Bevölkerung unbekannt gewesen sein. Wie ich angesichts seiner Ideologie finde, zurecht.
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Punkt72
13.09.2025 12:19registriert Mai 2025
Dieser Mann stand für alles ein, was ich verachte.
Auch dass er nun zum Märtyrer für MAGA wird, passt mir absolut nicht.
Ich wünsche den USA gute Besserung!
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