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Peregrine Mission One: US-Modul auf dem Weg zum Mond

epa11063841 The United Launch Alliance Vulcan Centaur rocket, part of the Astrobotic's Peregrine Mission One, lifts off from Space Launch Complex 41 at Kennedy Space Center in Merritt Island, Flo ...
Der Start der Rakete ist am Montagmorgen ohne Zwischenfälle geglückt.Bild: keystone

Mondmission erfolgreich gestartet – trotz Protest wegen makaberer Fracht

Zum ersten Mal seit 50 Jahren – seit der Apollo-Mission 1972 – ist wieder eine US-Rakete zum Mond gestartet. Wer die Mission durchführt, was das Ziel ist und wieso die Navajo Nation eine Verschiebung des Starts gefordert hat.
08.01.2024, 16:15
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Ist der Start geglückt?

Ja. Pünktlich um 8.18 Uhr (Schweizer Zeit) ist die Vulcan-Rakete von Cape Canaveral in Florida abgehoben. «Alles sieht gut aus», hiess es von der Missionskontrolle. Die Triebwerke wiesen einen guten Hydraulik- und Kammerdruck auf.

Der Start der Mondmission:

Video: twitter/Disclose.tv

Die Rakete stieg mithilfe von Methantriebwerken und zwei Raketenboostern auf, wobei Letztere nach knapp zwei Minuten planmässig abgestossen wurden. Die Triebwerke der Vulcan beschleunigten die Rakete weiterhin und wurden 16 Minuten nach dem Start abgeschaltet.

34 Minuten später sollte die vorerst letzte grosse Hürde folgen: die Abtrennung des Mondlandemoduls Peregrine von der Vulcan-Rakete. Insgesamt fünfzig Minuten nach dem Start wurde auch diese Etappe mit Erfolg gemeistert.

Applaus nach Abtrennung des Mondlandemoduls von der Vulcan-Rakete während der Mondmission.
Die Freude war gross, im Kontrollzentrum wurde applaudiert.Bild: Youtube Nasa

Und es lief wirklich alles reibungslos?

Jein. Rund acht Stunden nach dem geglückten Abheben wurde bekannt, dass eine «Anomalie» aufgetreten sei. So könnten die Sonnenkollektoren nicht stabil auf die Sonne auszurichten werden.

Und ohne die Möglichkeit, Batterien aufzuladen und die Stromversorgung aufrechtzuerhalten, kann die Mission nicht fortgesetzt werden.

Die verantwortlichen Ingenieure arbeiteten an dem Problem und würden Aktualisierungen bereitstellen, sobald weitere Informationen vorliegen.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Peregrine wird den Mond zwar bereits in weniger als einer Woche erreichen – sofern alles doch noch glatt läuft –, die Landung soll aber erst am 23. Februar stattfinden. Bis dahin wird sich die Peregrine in der Mondumlaufbahn aufhalten.

John Thornton, der CEO von Astrobotic, dem Unternehmen, das die Mission durchführt, lieferte die Begründung dafür bereits im Vorfeld:

«Die meiste Zeit zwischen Start und Landung verbringen wir damit, auf die richtigen Lichtverhältnisse zu warten. Im Grunde versuchen wir also, zu einer bestimmten Zeit an einer bestimmten Stelle auf dem Mond zu landen, also morgens an dieser Stelle.»
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Eine Visualisierung der Mondlandefähre Peregrine.Bild: www.imago-images.de

Von wem wird die Mission durchgeführt?

Bei «Peregrine Mission One» handelt es sich um einen kommerziellen Flug des privaten US-amerikanischen Raumfahrtunternehmens Astrobotic Technology. Das kleine Unternehmen aus Pittsburgh beschreibt sich auf seiner Webseite mit einer simplen Analogie:

«Stell dir das Peregrine-Raumfahrzeug als ein Lieferfahrzeug im Weltraum vor. So wie Versandunternehmen wie DHL Pakete rund um die Welt schicken, schickt Astrobotic Sendungen zum Mond.»

Die Mondlandefähre Peregrine (englisch für «Wanderfalke») wird mit einer Rakete vom Typ «Vulcan Centaur» des Herstellers ULA (United Launch Alliance) in den Orbit geschossen. Die Peregrine könnte das erste kommerziell entwickelte Raumfahrzeug werden, das sanft auf dem Mond landet.

Hier kannst du dir den Start noch einmal ansehen:

Wieso fliegt die Nasa nicht zum Mond?

Die Nasa ist an der Mission nicht unbeteiligt. Peregrine ist die erste Mission, die im Rahmen der CLPS-Initiative (Commercial Lunar Payload Services) der Nasa fliegt. Ziel des Programms ist es, die Kosten für den Transport von Gegenständen zur Mondoberfläche zu senken.

Die NASA bezahlt also private Unternehmen dafür, dass sie wissenschaftliche Ausrüstung zum Mond liefern. Die NASA ist aber nicht die einzige Kundin von Astrobotic: Die Peregrine wird laut CNN 20 wissenschaftliche Nutzlasten tragen, die auch aus Ländern wie Deutschland, Mexiko und Grossbritannien stammen. Fünf davon stammen von der NASA, für dessen Lieferung zum Mond die NASA 85 Millionen Dollar bezahlt. Im Vergleich zu vergangenen eigenen Missionen ist das zwar wenig, dafür geht die Raumfahrtbehörde allerdings auch ein grosses Risiko ein.

Die Rakete des Typs «Vulcan» war bis zum Start am Montag noch nie geflogen. Ein Risiko, das sich mit dem geglückten Start aber wortwörtlich in Rauch aufgelöst hat.

Aber: Die grösste Hürde steht mit der Landung auf dem Mond noch bevor. Die sanfte Landung eines Raumfahrzeugs auf dem Mond oder irgendeinem anderen Himmelskörper ist einem privaten Unternehmen bisher noch nie geglückt. Gleich zwei Mondlandeversuche – einer von einem japanischen Unternehmen und einer von Russland – sind im vergangenen Jahr gescheitert.

Was macht die Peregrine auf dem Mond?

Die Peregrine soll in einem Gebiet mit dem Namen Sinus Viscositatis (Bucht der Klebrigkeit) landen, wo sie Untersuchungen anstellen soll. Dazu soll ein uralter Lavastrom namens Sinus Viscositatis angesteuert werden. Mithilfe von diversen Instrumenten sollen etwa Strahlungswerte, das Magnetfeld und die Gasschicht des Mondes gemessen werden, um die Risiken künftiger bemannter Mission zu erforschen und zu minimieren.

Ziel ist es auch, ein Experiment mit Wasser durchzuführen, erklärt Rick Elphick, der leitende Forscher rund um das Neutronenspektrometer-System (NSS) der NASA. Mithilfe des NSS an Bord der Peregrine können auf der Oberfläche des Monds Neutronen gemessen werden. Diese geben über die Präsenz von Hydrogen – einem Bestandteil von Wasser – Auskunft.

2018 wurde erstmalig Eis auf dem Mond nachgewiesen:

Video: srf/SDA SRF

Im Landungsgebiet auf dem Mond rechnen die Forschenden zwar nicht mit Wasser, doch die Peregrine wird bei ihrer Landung durch ihren Auspuff unter anderem Wasser auf die Oberfläche des Mondes sprühen. Mit dem NSS soll dann untersucht werden, wie das Wasser auf dem Mond haften bleibt und wie es verschwindet, wenn die Sonne aufgeht und es wärmer wird.

Insgesamt 10 Tage lang wird die Peregrine auf dem Mond operieren, bis das Gebiet in Dunkelheit versinkt und es für weitere Untersuchungen zu kalt wird.

Welche kontroverse Fracht trägt die Peregrine an Bord?

Menschliche Überreste. Elysium Space und Celestis – zwei kommerzielle Weltraumbestattungsunternehmen – ermöglichen den Transport von menschlicher Asche zum Mond. Dafür muss man etwa bei Celestis laut Webseite saftige 13'000 Dollar hinblättern. Das etwas andere Bestattungsunternehmen transportiert insgesamt 265 Kapseln mit menschlichen Überresten. Darunter etwa Star Trek Erfinder Gene Roddenberry sowie weitere Darsteller der Original-Fernsehserie.

Bei der Navajo Nation, der grössten Gruppe amerikanischer Indigener, ist dieses Vorhaben auf Widerstand gestossen. Am vergangenen Donnerstag verkündete Buu Nygren, Präsident der Navajo-Nation, dass er in einem Brief an die NASA und das US-Verkehrsministerium eine Verschiebung des Starts gefordert habe. Er erklärte:

«Der Mond ist tief in die Spiritualität und das Erbe vieler indigener Kulturen, einschliesslich unserer eigenen, eingebettet. Die Platzierung menschlicher Überreste auf dem Mond ist eine tiefgreifende Entweihung dieses von unserem Volk verehrten Himmelskörpers.»
Navajo Nation President Buu Nygren addresses a crowd at an indoor sports arena, Tuesday, Jan. 10, 2023, in Fort Defiance, Ariz. Nygren was sworn in as president and is the youngest person to serve in  ...
Buu Nygren bat erfolglos um eine Verschiebung des Raketenstarts.Bild: keystone

Die NASA verwies an einer Pressekonferenz darauf, dass sie nicht für die Mission verantwortlich sei und Astrobotic für die Nutzlasten verantwortlich sei. John Thornton, der Geschäftsführer von Astrobotic äusserte am Freitag Enttäuschung darüber, dass das Gespräch erst so spät gesucht worden sei. Sein Unternehmen habe die Teilnahme von Celestis und Elysium bereits vor Jahren angekündigt. Er fügte aber an:

«Wir versuchen wirklich, das Richtige zu tun. Ich hoffe, dass wir mit der Navajo Nation einen guten Weg nach vorne finden können.»

Harmloser ist die Fracht von Astrobotic in Zusammenarbeit mit seinem irdischen Pendant DHL: In «Mondkisten» befördern sie kleine Erinnerungsstücke, wie etwa Romane, Studentenarbeiten und ein Stück des Mount Everests, in den Weltraum.

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Kann man auf dem Mond leben?
Video: srf
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137 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Yesbutter
08.01.2024 10:20registriert August 2023
Ich frage mich schon länger, was mit der Menschheit los ist.
Kaum wird ein visionäres Projekt gestartet, wird rumgenörgelt und zt. haltlos kritisiert.
Das Apolloprogramm war eine reine Willensentscheidung und wurde trotz Rückschlägen durchgeführt und von der Gesellschaft getragen. Heutzutage kriegen wir es nicht hin, trotz besseren Wissens, unsere direkte Umwelt zu schützen und damit unsere Lebensgrundlage zu verbessern, obwohl wir es könnten.
Wir wollen es nicht! Es Kostet zu viel!
10024
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slnstrm
08.01.2024 10:20registriert August 2023
Und wofür ist der Bitcoin? Ich denke, allfällige Aliens haben keine Verwendung dafür. 😄
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Menel
08.01.2024 13:29registriert Februar 2015
Niemand kann einen Anspruch auf den Mond haben, denn alle haben Anspruch. Der Mond gehört uns allen und so muss es bleiben. Wenigstens er sollte für die ganze Menschheit sein.
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